Fliegen ARD und ZDF bald aus dem Kabelnetz? Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen künftig kein Geld der Gebührenzahler mehr für die Einspeisung ihrer Programme in das Netz an Kabel Deutschland bezahlen und haben deshalb die Verträge gekündigt. Der Finanzvorstand der des Kabelnetzbetreibers, Andreas Siemen, sagt dazu: „Wir halten die Kündigung für rechtswidrig und haben eine klare Rechtsposition, die wir auch vor Gericht verteidigen werden.“
Die Rundfunkanstalten sehen eine Pflicht der Kabelnetzbetreiber, ihre Programme zu verbreiten („Must-Carry-Regelung“) – etwa neun Millionen Haushalte empfangen darüber öffentlich-rechtliche Programme und Informationen. Kabel Deutschland verdiene mit dem teuer erstellten Programm der Sender schließlich gutes Geld, so die Argumentation, die Einspeiseentgelte seien ein Relikt aus der Startzeit der Privatisierung. „Kommt es zu keiner Einigung, wird Kabel Deutschland die Programme von ARD und ZDF ab Januar nicht mehr ausstrahlen“, berichtete die FAZ.
Siemen äußerte sich gegenüber ‚Börse Online‘ auch zu den Gewinnen des privaten Kabelnetz-Betreibers, der die Netze ab 2000 von der Telekom übernommen hatte.
Kabel Deutschland stellt seinen Aktionären für das kommende Geschäftsjahr 2013/14 eine Dividende in ähnlicher Höhe wie 2011/12 in Aussicht. „Läuft alles nach Plan, dürften wir auch im Folgejahr eine Dividende in Höhe von 1,50 Euro ausschütten“, sagte der Finanzvorstand des MDAX-Unternehmens, Andreas Siemen, im Interview mit ‚Börse Online‘. „Anders als die Deutsche Telekom geben wir aber keine mehrjährige Dividendenprognose.“
Mit Hochdruck arbeitet der Konzern momentan daran, die Einwände des Kartellamts gegen eine Übernahme des Konkurrenten Tele Columbus auszuräumen. „Das Kartellamt hat uns aufgezeigt, wo es Bedenken hat. Wir schauen uns diese Punkte an und haben noch bis Januar Zeit, diese auszuräumen.“ Doch auch ohne die Akquisition sieht Siemen seinen Konzern gut aufgestellt: „Es gibt noch viel Platz für Wachstum.“ Im vergangenen Geschäftsjahr 2011/12 steigerte der Kabelnetzbetreiber den Umsatz um 6,3 Prozent. Nach Unternehmensangaben soll dieser im laufenden Geschäftsjahr zwischen 7,5 Prozent und 8,5 Prozent zulegen. Vor allem mit der Kundenentwicklung ist der Finanzvorstand sehr zufrieden. „Pro Jahr gewinnen wir im Segment Internet/Telefonie 250.000 bis 300.000 Kunden dazu. Ähnliche Wachstumsraten haben wir im Premium-TV.“ Dieses Wachstum strebe das Unternehmen auch im nächsten Jahr an.
Die Kündigung der Verträge der Öffentlich-Rechtlichen Sendeanstalten mit Kabel Deutschland hält Siemen für nicht rechtmäßig. Keine Gefahr sieht er darin, dass private Sendeanstalten mit Kündigungen nachlegen. Erst vor kurzem habe Kabel Deutschland mit ProSiebenSat1 und RTL langlaufende Verträge abgeschlossen. Trotz Schulden in Höhe von 2,8 Milliarden Euro sieht Siemen derzeit keinen Kapitalbedarf: „Wir sind durchfinanziert bis zum Jahr 2016.“