Am Minderwertigkeitskomplex leidet der Mann nun wirklich nicht: Markus Schreiber, Verwaltungschef aus Hamburg-Mitte, will „verbindliche und einheitliche (Betreuungs-)Standards für ganz Hamburg schaffen“, gab er dem Abendblatt zu Protokoll. Eine große Aufgabe, wenn man bedenkt, dass sein eigenes Jugendamt im „Fall“ Lara nicht einmal die existierenden Betreuungsstandards durchsetzen konnte.
Tatsächlich räumt Schreiber im gleichen Bericht auch ein, dass sein Bezirk Mitte sich bisher stets auf die Angaben der eingesetzten Freien Träger zur Betreuung verlassen habe. Eine Kontrolle, zumindest eine wirksame Kontrolle, hat es offenbar nicht gegeben. Dieses Versäumnis, sicher nicht ohne Auswirkung auf den Tod der kleinen Lara, soll künftig ausgeschlossen werden. Dazu schlägt Mitte vor, ein „Betreuungsjournal“ einzuführen – vermutlich eine praktikable Idee.
Befremdlich hingegen ist, dass ebenfalls als neuer Vorschlag präsentiert wird, dass bei der Betreuung regelmäßige Arztbesuche nachzuweisen sind. Das nämlich steht bereits in der Leistungsvereinbarung zwischen Behörde und Freiem Träger. Wenn das Bezirksamt dies nun öffentlich als „neu“ darstellt, liegt die Vermutung nahe, dass man es dort bisher nicht einmal gemerkt hatte. Und: Wenn man nicht weiß, dass dies vereinbart ist, kann man es natürlich auch nicht kontrollieren.
Richtig wäre es, in einer gemeinsamen Anstrengung aller Bezirke und der Fachbehörde Standards zu schaffen, die Hamburgs Kinder besser schützen und für mehr Übersicht im verzettelten Hamburger Betreuungs-Durcheinander sorgen. Was fehlt, ist ein rundes, geschlossenes Konzept, das die Fachbehörde offenkundig nicht entwickeln will oder kann. Und eine wirksame Umsetzung auf der Jugendamts-Ebene. Zumindest in Mitte sollte man – nach Morsal und Lara – daran wohl dringend arbeiten.
Die Hansestadt gibt jedes Jahr viele Millionen Euro zu Gutachten zu allen nur denkbaren Fragen aus. Vermutlich wäre es im Sinne unserer Kinder gut investiertes Geld, würde man sich von externen Fachleuten ein geschlossenes Konzept entwerfen lassen. Ob sich die Politiker dann am Ende verantwortlich damit auseinandersetzen oder ob es in parteitaktischem Kleinklein zerredet wird, steht auf einem anderen Blatt.