Die Elternkammer Hamburg begrüßt, dass plötzlich alle Parteien und der Schulsenator den Übergang von Klasse 10/Gymnasium in Klasse 11/Stadtteilschule ermöglichen wollen. „Die Einsicht kommt zwar spät, aber lieber spät als nie“, so Elternkammer-Vorsitzender Michael Hartwig.
In diversen Stellungnahmen hatte die Kammer immer wieder gefordert, diesen Übergang zu ermöglichen:
– weil schwächere Schülerinnen und Schüler, die in der zweijährigen Studienstufe am Gymnasium zu scheitern drohten, so bessere Chancen auf ein erfolgreiches Abitur hätten,
– weil ein Jahr mehr Zeit Möglichkeiten für andere Aktivitäten – zum Beispiel eine Zeit als AustauschschülerIn – ermöglicht
– weil mehr Schülerinnen und Schüler in den Oberstufen der Stadtteilschulen dabei helfen, das Ziel „jeder Stadtteilschule eine Oberstufe“ zu erreichen.
Der Wechsel von Klasse 10 auf dem Gymnasium in die Klasse 11 der Stadtteilschule soll schon ab diesem Schuljahr ermöglicht werden. Schulsenator Ties Rabe sagte: „Ich möchte, dass die jetzigen Zehntklässler schon im Sommer nach Abschluss der 10. Klasse zusätzlich die Möglichkeit zum Wechsel in die Klasse 11 der Stadtteilschule bekommen. Wir eröffnen damit einer kleinen Zahl von Schülerinnen und Schülern mit schwachen Leistungen bessere Chancen auf ein ordentliches Abitur, weil sie auf der Stadtteilschule ein Jahr mehr Lernzeit bekommen. Nach einer ausführlichen Prüfung der Vor- und Nachteile habe ich deshalb der SPD-Fraktion eine entsprechende Änderung vorgeschlagen.“
Die Entscheidung war in den letzten Wochen in der Behörde für Schule und Berufsbildung sowie dem Arbeitskreis Bildung der SPD-Bürgerschaftsfraktion sorgfältig diskutiert und abgewogen worden.
· Gegen diese Wechselmöglichkeit spricht, dass schwächere Gymnasiastinnen und Gymnasiasten auf indirektem Wege eine Klasse wiederholen, denn sie haben bis Ende der Klasse 10 aufgrund der verdichteten Unterrichtszeit am G8-Gymnasium eigentlich nur noch zwei Jahre bis zum Abitur. Der konsequente Anschluss für die Klasse 10 des Gymnasiums ist deshalb eigentlich die Klasse 12 der Stadtteilschule, weil die Klasse 12 der Stadtteilschule der Klasse 11 des Gymnasiums entspricht. (An Gymnasien ist Klasse 10 die Vorstufe zur Oberstufe, an Stadtteilschulen die Klasse 11).
· Für einen Übergang in die Klasse 11 der Stadtteilschule spricht hingegen, dass einige leistungsschwächere Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in der zweijährigen Oberstufe des Gymnasiums überfordert wären. Sie würden dort mit großer Sicherheit entweder sitzenbleiben oder ein schlechtes Abitur machen oder gar scheitern. Umgekehrt hat die KESS-11-Studie gezeigt, dass diese Schülerinnen und Schüler in der dreijährigen Oberstufe der Stadtteilschule gute Chancen auf ein ordentliches Abitur haben und zudem die Oberstufen der Stadtteilschulen mit ihren Kompetenzen durchaus stärken würden.
Senator Rabe erklärt: „In der Abwägung der vielen Argumente geht es mir vor allem darum, Schülerinnen und Schülern neue Chancen zu eröffnen und das Sitzenbleiben in der Oberstufe des Gymnasiums zu verhindern. Prüfungsordnungen sind nicht in Stein gemeißelt. Es kommt darauf an, sie veränderten Gegebenheiten vernünftig anzupassen. Nach dem Regierungswechsel mussten in großer Eile die rechtlichen Grundlagen des Hamburger Schulsystems wiederaufgebaut werden. Nach dem gescheiterten Volksentscheid hatte die Vorgängerregierung versäumt, hier dauerhafte und belastbare Grundlagen zu schaffen. Es fehlten eine dauerhaft gültige Ausbildungs- und Prüfungsordnung, ein Notensystem, die Bildungs- und Lehrpläne, die Stundetafeln und der Schulentwicklungsplan. Um dem Hamburger Schulsystem eine juristisch saubere Basis zu geben, sind diese rechtlichen Grundlagen innerhalb kürzester Zeit erstellt worden. Anpassungsnotwendigkeiten werden seitdem kontinuierlich vorgenommen. Dazu zählen auch Übergangsregelungen zwischen den Schulformen. Ich werde auch in Zukunft immer dann Dinge ändern, wenn es darum geht, Schülerinnen und Schülern zusätzliche Chancen zu eröffnen und ein Scheitern innerhalb der Schullaufbahn zu vermeiden.“