Behörde redet Defizite beim Schulschwimmen schön

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat eine negative Bilanz des neuen Schwimmkonzepts der Bildungsbehörde gezogen. „Der neue Schwimmunterricht stellt eine Verschlechterung gegenüber dem alten Unterricht dar. Die Zahlen der Behörde zeigen das“, sagte die SPD-Schulpolitikerin Sabine Boeddinghaus nach der Vorstellung der Bilanz durch die Schulsenatorin.

Boeddinghaus weiter: „Der Weg zum Schwimmunterricht ist unsicherer geworden, da keine Lehrer die Schüler mehr begleiten. Der Zeitanteil für den Schwimmunterricht ist um 25 Prozent gekürzt worden, und viel zu wenige Kinder schaffen die einzelnen Schwimmabzeichen – ein einziger Misserfolg.“

Die Behörde spricht hingegen von „sehr zufriedenstellenden“ Ergebnissen – „und sie müsste wissen, welche Bewertung sich hinter dieser Formulierung verbirgt“, sagte die SPD-Abgeordnete.

Sie betonte, die „Seepferdchen“-Prüfung sei in keiner Weise mit dem klassischen Freischwimmer-Zeugnis zu vergleichen, für den Kinder 15 Minuten lang in tiefem Wasser schwimmen mussten. Es sei unverantwortlich, den Eindruck zu erwecken, die bestandene „Seepferdchen“-Prüfung mache aus kleinen Kindern ausdauernde Schwimmer. Die spürbar größere Nachfrage nach – privat finanzierten – Schwimmkursen sei auch Zeichen dafür, dass immer weniger Eltern Vertrauen in das Schwimmkonzept der Schulbehörde hätten und Wert darauf legten, dass ihre Kinder „zumindest einigermaßen gut schwimmen können, wenn sie in die Grundschule kommen“. Aber selbst bei den Seepferdchen-Prüfungen erreiche das Schwimmkonzept der Behörde nicht die selbst gesteckten Ziele – so hatten Senatsvertreter kurz vor Einführung des Konzeptes erklärt, nach der dritten Klasse sollten 75 Prozent der Kinder das Schwimmabzeichen in Bronze haben. (Drs. 18/4516).

Der Schwimmunterricht hat sich um 25 Prozent verringert. Wurde früher Schwimmen mit einer wöchentlichen Wasserzeit von 30 Minuten über ein ganzes Schuljahr unterrichtet, so erstreckt sich der Schwimmunterricht nach dem neuen Konzept jeweils über ein Schulhalbjahr in 18 Wasserzeiten zu jeweils 45 Minuten. Boeddinghaus: „Es bleibt den Schülern weniger Zeit um das Schwimmen zu erlernen. Was daran erfolgreich sein soll, bleibt mir ein Rätsel.“

Aus Sicht der SPD ist die Bildungsbehörde an den eigenen Zielen gescheitert: „Zwischen Schulbehörde und Bäderland GmbH wurde vereinbart, dass 95 Prozent der Kinder die grundlegende „Seepferdchen“-Prüfung bestehen und 70% auch das „Jugendschwimmabzeichen Bronze“ schaffen sollen. Diese Ziele wurden jedoch weit verfehlt, wie die Behörde einräumen musste.

Boeddinghaus: „Vor allem Kinder in sozial schwachen Stadtteilen lernen in der Schule größtenteils nicht schwimmen – das ist das deprimierende Ergebnis des neuen, reduzierten Schulschwimmkonzeptes“. Es zeige sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der erzielten Schwimmkompetenz und der sozialen Lage der Schulen: während die erfolgreichen Schulen weit überwiegend in wohlhabenden Stadtteilen liegen, sind die deutlichen Misserfolge weit überproportional in sozial schwachen Stadtteilen zu finden.
So zeigt der Schwimmunterricht im ersten Halbjahr 06/07 der sechsten Klasse: Von den 19 Schulen, an denen die Zielmarke deutlich verfehlt wurde, liegen 12 Schulen in „ärmeren“ Stadtteilen (Klassifikation aus KESS-Sozialindex und/oder Daten des statistischen Landesamtes). Der Grund liegt darin, so sagen erfahrene Schwimmlehrer, dass die Kinder dort oftmals vorher noch nie mit Wasser in Berührung gekommen sind – in vielen Fällen auch deshalb, weil sich die Eltern die hohen Eintrittspreise der Schwimmhallen nicht leisten können.

In der Praxis hat sich herausgestellt, dass es schwierig ist Begleitpersonen zu finden, die die Schulklasse zum Schwimmunterricht und wieder zurück bringen. Zum einen sind die zehn Euro, die dafür pro Stunde gezahlt werden, nicht ausreichend. Zum anderen trauen sich viele Eltern es sich nicht zu, 25 bis 30 Kinder ohne Unterstützung von Lehrern zu beaufsichtigen. Das Ergebnis ist, dass vermehrt vierte Klassen unbeaufsichtigt zum Schwimmunterricht gehen. Boeddinghaus: „Es ist nur eine Frage der Zeit, dass auf dem Weg zum Schwimmbad etwas passiert. Es ist leichtsinnig, die Kinder ohne Aufsicht loszuschicken.“

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