In der Bürgerschafsdebatte über Rechtsextremismus in Hamburg hat auch SPD-Innenexperte Andreas Dressel die Behörden vor Verharmlosung gewarnt und ein Landesprogramm zur Bekämpfung dieser Form des politischen Extremismus gefordert. Der Anschlag auf eine Geschäftsstelle der GAL vor wenigen Tagen zeige, dass sich die zunehmende rechtsextrem motivierte Kriminalität in Hamburg nicht auf Hakenkreuzschmierereien oder Propagandadelikte beschränke.
„Was verharmlosend Propagandastraftat genannt wird, kann Einstiegstat in eine rechtsextremistische Karriere sein“, warnte Dressel. Es gelte, jeder Form des politischen Extremismus eine klare Absage zu erteilen. Mit Sonntagsreden und Betroffenheitsadressen werde aber dieser Extremismus nicht bekämpft. „Dem Aufstand der Anständigen muss jetzt ein Aufstand der Zuständigen folgen – ein Aktivwerden von Politik und Verwaltung auch in Hamburg.“
Die aktuellen Fallzahlen seien besorgniserregend: Nach Angaben des Senats hat sich die Zahl rechtsextremer Straftaten in Hamburg seit 2003 fast verdreifacht – von 139 auf jetzt 400. Während bundesweit im Jahr 2006 eine Steigerung der rechtsextremen Straftaten um 14,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnet wurde, waren es in Hamburg 40,4%.
In der Häufigkeitszahl – der Zahl der rechtsextremen Straftaten auf 100.000 Einwohner – habe Hamburg unter den westdeutschen Bundesländern mit rund 22 Straftaten pro 100.000 Einwohner die traurige Spitzenposition inne. Dressel betonte, in Hamburg wurde in 2006 nicht einmal jede dritte rechtsextremistische Straftat aufgeklärt. Die Aufklärungsquote sei gegenüber dem Vorjahr um 7,8 Prozentpunkte auf 32 % gesunken.
Auch wenn in Zusammenhang mit dem G8-Gipfel der Blick in den vergangenen Wochen eher in Richtung des linksextremistischen Spektrums ging, seien die dramatischen Zunahmen am rechten Rand alarmierend. Dressel beklagte eine „Ahnungslosigkeit“ der Behörden. Sie hätten in der Vergangenheit bedenkliche Erkenntnislücken offenbart. So sei es nicht möglich, regionale Schwerpunkte bei der Begehung rechtsextremistischer Gewalttaten darzustellen. Sachkenntnis sei aber Voraussetzung, um das Problem des politischen Extremismus Erfolg versprechend anzugehen. Ein konzertiertes Vorgehen aller Behörden und nicht-staatlicher Organisationen fehle bislang in Hamburg.
Dressel: „Deshalb brauchen wir nach dem sehr erfolgreichen Berliner Vorbild ein Hamburger Landesprogramm gegen Rechtsextremismus.“ Eine Finanzierung sei teilweise über Co-Finanzierungen des Bundes möglich.