Arbeitslosigkeit weiter über Bundesschnitt

photocaseKOEPFE.jpegDie Arbeitslosigkeit in Hamburg liegt weiter über dem Bundesdurchschnitt, die Zahl der Langzeitarbeitslosen stagniert – wie die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren – auf hohem Niveau. Insgesamt gab es – wie im gesamten Bundesgebiet – eine Verbesserung im vergangenen Monat. Wirtschaftssenator Uldall ist von sich begeistert, DGB, SPD und GAL üben unisono Kritik.

95 178 registrierte Arbeitslose gab es in Hamburg im August, das ist eine Quote von 10,8 % – der bundesweite Durchschnitt beträgt 10, 5 %. Fast 40.000 dieser registrierten Arbeitslosen sind Langzeitarbeitslose. Ihre Zahl ist inzwischen seit Jahren unverändert.

DWährend sich die Gesamt-Arbeitslosenquote in Hamburg von 11,1 Prozent im Juli auf 10,8 Prozent (bundesweiter Durchschnitt: 10, 5 Prozent) reduziert hat, bleibt die extrem hohe Zahl der Langzeitarbeitslosen in der Hansestadt nahezu konstant, konstatiert auch der DGB Hamburg und bezeichnet es als zynisch, wenn Senator Uldall angesichts von 144 500 erwerbsfähigen ALG II-Empfängern und rund 10 000 Ein-Euro-Jobbern von einem „großen Erfolg der Arbeitsmarktpolitik des Senats“ schwärme.

„Da bisherige Senats-Konzepte zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit versagt haben, regt der DGB an, Ein-Euro-Jobs durch einen öffentlich geförderten zweiten Arbeitsmarkt zu ersetzen, um Verdrängung regulärer Stellen entgegenzuwirken und ALG II-Empfängern eine Perspektive zu geben“, sagt Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg.

Ein ,ehrlicher zweiter Arbeitsmarkt’ wäre kaum teurer als die kurzfristig angelegten, perspektivlosen Ein-Euro-Jobs, böte den Betroffenen eine sozialversicherte Beschäftigung mit einem Bruttolohn auf der Basis von 7,50 Euro pro Stunde, ersparte ihnen die seitenlangen Anträge auf ALG II und Übernahme der Unterkunftskosten sowie ständige Termine bei der ARGE.

Um einen Verdrängungswettbewerb mit nicht geförderten Arbeitsplätzen zu verhindern, sollen staatlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse auf klar eingegrenzte Tätigkeiten konzentriert werden.

„Das Uldallsche Rezept, in die Wirtschaft zu investieren, geht an den Notwendigkeiten einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, die auch schwerer vermittelbare Arbeitslose im Blick behalten muss, vorbei“, so Erhard Pumm. „Wirtschaftsförderung unterstützt vor allem die Unternehmen, nicht aber die Langzeitarbeitslosen auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt. Von dem viel bejubelten leichten Anstieg sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Hamburg haben sie so gut wie nichts: Diese Plätze werden in der Regel mit ,arbeitsmarktnahen Kunden’, Jobwechslern oder Bewerbern von außerhalb besetzt. Das räumte Senator Uldall jüngst in einem Interview sogar selbst ein.“

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat angesichts der neuesten Zahlen zur Entwicklung des Arbeitsmarktes den Senat aufgefordert, den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit in Hamburg voranzutreiben. Der Arbeitsmarktreport für August 2006 zeige erneut das bekannte Bild, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Fraktion, Hans-Christoff Dees. „Es gibt eine positive Entwicklung bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, die Langzeitarbeitslosen bleiben aber von diesem Trend abgekoppelt. Ihre Zahlen stagniert auf hohem Niveau. Die Verantwortung dafür trägt der Senat mit seiner Kürzungspolitik in der Arbeitsmarktförderung.“

Dees zeigte sich erfreut von der verbesserten konjunkturellen Entwicklung in Deutschland und dem Rückgang der Arbeitslosenzahlen in Hamburg. „Ein Grund für übertriebenen Jubel ist dies allerdings nicht“, so Dees. „Nach wie vor bleiben die Langzeitarbeitslosen außen vor und profitieren nicht von dieser Entwicklung. Die aktuellen Zahlen belegen die anhaltende Spaltung des Arbeitsmarktes in Hamburg.“

Bei den Langzeitarbeitslosen (im August 39.793, 41,8 Prozent), die am dringendsten der Unterstützung bedürften, werde seit Jahren vom Senat der Rotstift angesetzt. „Dass Senator Uldall in dieser Situation vom großen Erfolg der Arbeitsmarktpolitik spricht, ist politisch engstirnig und zynisch gegenüber den betroffenen Menschen. So richtig und wichtig es ist, die Investitionen zu stärken, dem Problem der Langzeitarbeitslosigkeit wird durch diese einseitige Prioritätensetzung nicht begegnet.“

Nicht nachvollziehbar sei die Einschätzung des Senators zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit bei den unter 25-Jährigen. Deren Zahl stagniere seit ihrem sprunghaften Anstieg im Januar 2005 mit monatlichen Schwankungen auf hohem Niveau und liege derzeit bei 10,6 Prozent.

Der Arbeitsmarktpolitiker mahnte auch bei der Beschäftigungsentwicklung insgesamt eine sachlichere Betrachtungsweise von Seiten des Wirtschaftssenator an: „Wir haben den aktuell niedrigsten Beschäftigungsstand in Hamburg seit zwanzig Jahren. Der Erfolg des Senats bemisst sich nicht an der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland, sondern daran, inwieweit sich Hamburg aus dieser Talsohle herauslösen kann.“

Die aktuellen Zahlen zur Beschäftigungsentwicklung verdeutlichen die wachsende Spaltung des Arbeitsmarktes in Hamburg, sagt auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Gudrun Köncke. Die günstige konjunkturellen Entwicklung und die damit verbundene Steigerung der Beschäftigenzahlen setze sich nicht bis zu den Langzeitarbeitslosen durch.

Während der allgemeine Rückgang der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 6,4 Prozent liege, sinke die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Hamburg lediglich um 1,5 Prozent. Nicht berücksichtigt sei dabei die im Vergleich zum Vormonat des letzten Jahres höhere Zahl der 1-Euro-Jobber, die aus der Statistik herausfallen. „Die Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt weiter, dramatisch schlecht bleibt die Lage für Jugendliche“, sagt Köncke. „Die programmatische Wende der Hamburger Arbeitsmarktpolitik unter Senator Uldall verfestigt die soziale Spaltung der Stadt.“

Die Umsteuerung der arbeitsmarktpolitischen Mittel auf die Wirtschaftsförderung führt dazu, dass Langzeitarbeitslose nicht entsprechend nachqualifiziert werden und den Anforderungen des Arbeitsmarktes nicht mehr gerecht werden können. Sinnlos werden zudem Bundesmittel in 1-Euro-Jobs gesteuert, die die Statistik schönen, aber keine Perspektive schaffen.

„Die Hamburger Senats-Politik verpasst die Chance, mit der konjunkturellen Belebung der Langzeitarbeitslosigkeit wirksam entgegen zu steuern – mit weit reichenden sozialen Folgen. Langzeitarbeitslose haben nur dann eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt, wenn sie wirksam unterstützt werden“, erklärt Köncke.

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