Gute Handwerker halten ihr Werkzeug in Schuss. Mancherorts werden deshalb Stellschilder gereinigt und repariert, alte Bindedrähte abgeknipst, der Quast sorgfältig ausgewaschen, sobald eine Wahl vorbei ist. Mag sein, dass dies in diesem Jahr noch wichtiger ist als sonst: Es gibt Indizien, die für eine baldige Neuwahl sprechen.
Erstens: Was auch immer „reizvoll“ sein mag an der Schwarzgrün-Option – es ist vor allem reizvoll für Außenstehende. Bundespolitiker finden Gefallen daran, für viele Grüne vor Ort (und auch für einige CDU-Mitglieder) ist es der blanke Horror. Und, so platt es auch klingen mag: Wenn Abendblatt und Bild eine solche Lösung herbeischreiben wollen, ist höchste Vorsicht geboten. Wer will denn ernsthaft glauben, dass diese Zeitungen drei Tage nach der Wahl die Seite gewechselt haben?
Zweitens: Für Schwarzrot gilt nahezu Gleiches. Es kommt hinzu, dass eine solche Elefantenhochzeit noch nicht einmal sexy wäre. Und: Noch nie (außer einmal, aber da hieß der Kandidat auch Willy Brandt) ist ein Juniorpartner einer großen Koalition am Ende gut damit gefahren.
Drittens: Rotrotgrün mag auf andere Weise sexy sein, aber es wäre halt purer Betrug am Wähler. Die SPD ganz vehement, die GAL deutlich haben immer wieder gesagt, dass diese Option nicht in Frage kommt. Klar, wir wissen seit Adenauer, dass man jeden Tag ein Stückchen klüger wird und deshalb auch die Aussage von gestern revidieren kann – aber wohl nicht in so einem Fall.
Viertens: Ganz offensichtlich – jedes veröffentlichte Tortendiagramm zeigt es – hat die CDU keine Mehrheit mehr für ihre gegen einen großen Teil der Hamburgerinnen und Hamburger gerichtete Politik. Die Wählerinnen und Wähler haben mehrheitlich für eine Abwahl gestimmt. Ein „Weiter so!“ würde niemand verstehen, noch mehr Menschen würden sich frustriert abwenden. Das kann niemand wollen.
Fünftens: Niemand braucht jetzt schnell einen Senat. Vieles lässt sich mit Einzelbeschlüssen in der Bürgerschaft regeln. Jede Fraktion kann entsprechende Anträge einbringen, und jeder Abgeordnete kann nach bestem Wissen und Gewissen darüber abstimmen – solange es noch keine Koalition gibt. Die Linke, aber auch SPD-Fraktionschef Neumann haben bereits angekündigt, davon Gebrauch machen zu wollen. Das zwingt auch die GAL in die Pflicht: Sollte sie ernsthaft gegen eine Abschaffung von Bildungsgebühren stimmen wollen, um ein Beispiel zu nennen?
Sechstens: Wenn drei Fraktionen mit gezielten Beschlüssen die Politik der bisherigen Regierungspartei tranchieren, wird der dies nicht gefallen können. Es kommt der Tag, an dem auch Hardliner bei der CDU einsehen, dass sie die Wahl in Wahrheit verloren haben.
Und dann – ja, dann kommen die frisch geputzten Stellschilder wieder auf die Straße. Bei der CDU muss man diese Option übrigens schon früher gesehen haben – deren Schilder sind gleich stehengeblieben. Mit Werbung für die „Freezers“ drauf.