Mal „Hü“, mal „Hott“ um das geplante Bordell in der Angerburger Straße in Wandsbek, dazu widersprüchliche Erklärungen und offensichtlich unvollständige Akten, lückenhafte Information an die Kommunalpolitiker und noch lückenhaftere an die Bürger: Was das Bezirksamt Wandsbek sich in dieser Frage leistet, ist kaum noch zu begreifen. Die SPD versucht jetzt, mit einer Anfrage Licht ins Dunkel zu bringen.
Große Anfrage
der Mitglieder der Bezirksversammlung
Rainer Schünemann, Thomas Ritzenhoff, Anja Quast, Uwe Lohmann,
Regina Jäck, Lars Kocherscheid, André Schneider, Jürgen Warncke
(SPD) und Fraktion
Bordell Angerburger Straße 20: Von fehlenden Widersprüchen, unvollständigen Bauakten und anderen Ungereimtheiten
Am 2. März 2009 hat die Verwaltung den Fraktionsvorsitzenden der Bezirksversammlung Wandsbek sowie den Mitgliedern des Bauprüfausschusses Kerngebiet Wandsbek einen formalen Widerspruch von Nachbarn des Objektes Angerburger Straße 20 sowie ein Rechtsgutachten der namhaften Rechtsanwaltskanzlei Günther/Heidel/Wollenteit/Hack/Goldmann, welches die Auffassung vertritt, dass die Genehmigung des Bordells Angerburger Straße 20 rechtswidrig sei, zugänglich gemacht.
Diese Unterlagen beinhalten den Eingangsvermerk 7. Januar 2009.
Der Widerspruch, das Rechtsgutachten sowie möglicherweise weitere Korrespondenzen waren in der Akte, die den Mitgliedern der Bezirksversammlung in Form der Akteneinsicht nach dem 7. Januar 2009 zugänglich gemacht wurde, nicht enthalten.
Den Mitgliedern der Bezirksversammlung wurde somit eine unvollständige Bauakte vorgelegt.
Wie in der Sitzung des Bauprüfausschusses am 4. März 2009 zu erkennen war, führt das Bezirksamt mittlerweile offenbar eine komplexe eigene Akte zu dem Thema Widerspruch Angerburger Straße 20. Diese Parallelakte beinhaltet offenbar auch einen
erheblichen Schriftverkehr mit dem Widerspruchsführer, der sich insbesondere deshalb an die Politik wandte, weil das Bezirksamt bis dato nicht auf den Widerspruch reagiert habe.
Ferner hat die Verwaltung im Rahmen der Sitzung vom 4. März 2009 erläutert, dass sie der Kanzlei Klemm & Partner – in dieser ist unter anderem auch Rechtsanwalt Dr. Niere tätig, der die Interessen des Bauantragstellers vertritt – den Widerspruch angezeigt, die Kanzlei formell am Widerspruchsverfahren beteiligt und dieser die Widerspruchsunterlagen für ein Gegenstellungnahme zugesandt habe.
Noch in der Februarsitzung des Bauprüfausschusses antwortete die Verwaltung auf Nachfrage, dass es bezüglich des Bordells Angerburger Straße 20 „keine neuen Entwicklungen“ gäbe. Andererseits soll laut Auskunft der Verwaltung der Widerspruchseingang noch im Januar schriftlich bestätigt worden sein.
In jedem Fall wurden die Mitglieder der Bezirksversammlung vor der Beschlussfassung vom 26. Februar 2009 weder von dem Widerspruch noch über das neue Rechtsgutachten unterrichtet. Die Beschlussfassung in der Bezirksversammlung wäre sonst unter Umständen anders ausgefallen.
Um diesen Vorgang und die zahlreichen Ungereimtheiten aufzuklären, fragen wir die Bezirksamtsleitung:
1. Wann und wo sind der Nachbarwiderspruch und die dazugehörigen Schriftsätze der Kanzlei Günther Heidel Wollenteit Hack Goldmann im Bezirksamt eingegangen?
2. Wer hat diese Schriftsätze jeweils empfangen und an wen wann und wie weitergeleitet?
3. Wann lagen diese Schriftsätze der Bezirksamtsleiterin vor? Sollten sie ihr nicht vorgelegen haben, hat die Bezirksamtsleiterin nicht verfügt, alle Details zum Vorgang Angerburger Straße 20 umgehend mitgeteilt zu bekommen?
4. Sind diese Schriftsätze an andere Fachbereiche / Behörden gesandt worden? Wenn ja, wann und an welche Stelle?
5. Existiert im Bezirksamt eine eigene Akte zu diesem Widerspruch? Wenn ja, warum ist sie nicht Bestandteil der Bauakte Angerburger Straße 20?
6. Teilt die Verwaltung die Auffassung, dass eine Bauakte sämtliche Vorgänge eines Bauvorhabens enthalten und den gesamten Verlauf eines Bauvorhabens lückenlos dokumentieren muss? Wenn nein, warum nicht?
7. Wie ist es zu erklären, dass den Mitgliedern der Bezirksversammlung nach dem 7. Januar 2009 nur eine unvollständige Bauakte zur Akteneinsicht zur Verfügung gestellt wurde und wer hat dieses wann veranlasst?
8. Wie ist nach dem Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetz und ggfs. weiteren Vorschriften mit Widersprüchen zu verfahren?
9. Sieht die Bezirksamtsleiterin sich nur bei den Interessen von Bordellbetreibern an „Recht und Gesetz“ gebunden oder auch dann, wenn es um die Interessen von Bürgern und betroffenen Anwohnern / Betrieben geht?
10. Warum hat die Bezirksamtsleiterin gegen ihre Pflichten aus § 19 Abs. 1 Bezirksverwaltungsgesetz verstoßen, in dem sie die Mitglieder der Bezirksversammlung nicht über den Widerspruch und das Gegengutachten vor der Beschlussfassung in der Angelegenheit am 26.02.2009 informiert hat?
11. Wie beurteilt die Bezirksamtsleiterin die Aussage eines leitenden Angestellten im Bezirksamt, dass ie „Kommunikationswege im Bezirksamt neuerdings unergründlich“ seien?
12. Teilt die Bezirksamtsleiterin die Ansicht, dass angesichts einer Sondersitzung der Bezirksversammlung, der Gründung einer Bürgerinitiative, Einreichung von weit über 2.500 Bürgerunterschriften, zahlreichen Anträgen und Anfragen sowie unzähligen Presseberichterstattungen in Print- und TV-Medien der Fall Angerburger Straße 20 eine „Angelegenheit von herausragendem Gewicht“ ist? Wenn nein, warum nicht?
13. Wann wurden welche Schriftsätze von wem und mit welchem Inhalt an die Widerspruchsführer verschickt? Kann der Zugang belegt werden? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?
14. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden welche Schriftstücke der Widerspruchsführer wann an die Kanzlei Klemm & Partner mit welchen Mitteilungen / Bitten geschickt?
15. Hat sich die Kanzlei Klemm & Partner gegenüber der Bezirksamtsleitung zur Position der Kanzlei Günther/Heidel/Wollenteit/Hack/Goldmann geäußert? Wenn ja, welchen Inhalts war die Reaktion?
16. Wie kommt die Bezirksamtsleitung bezüglich der Widerspruchsbegründung zu der Auffassung, dass – so Zitat im Abendblatt – „keine neuen Erkenntnisse oder entscheidungsrelevanten Aspekte darin enthalten sind“?