Ahlhaus bleibt auf rechts blind

Extremisten werden auch in Hamburg immer gewalttätiger, berichtet Innensenator Ahlhaus bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts. Er meint damit allerdings nur Linke – die rechte Szene kommt praktisch nicht vor. Peinlich auch ein Angriff von Ahlhaus auf ver.di-Chef und SPD-Vorstandsmitglied Rose – noch peinlicher allerdings, dass nicht die SPD, sondern die LINKE Rose verteidigt.

Das sagt die LINKE:

Skandalöse Vorstellung

Zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2008 durch Innensenator Ahlhaus und den Präsidenten des Landesamts für
Verfassungsschutz Heino Vahldieck erklärt die innenpolitische Sprecherin Christiane Schneider:

„Die neue Rechte und ihre Funktion als Bindeglied zwischen Neonazis und Rechtskonservativen ist dem Landesamt für Verfassungsschutz nicht einmal der Rede wert.

Am Konflikt um den Thor-Steinar-Laden in der HSH-Nordbank-Passage stört die Innenbehörde nicht etwa der rechtsextreme Laden, der im Herbst letzten Jahres zu einem Neonazi-Treffpunkt in der Innenstadt zu werden drohte, sondern die Proteste, die zur Schließung des Ladens führten.

Schlimmer Höhepunkt der Vorstellung war die Entgleisung von Innensenator Ahlhaus gegenüber dem ver.di-Landesvorsitzenden und SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Wolfgang Rose. Der hat kürzlich zusammen mit der Organisation „avanti – Projekt undogmatische Linke“ eine Broschüre zur Auseinandersetzung mit der NPD und ihrem Umfeld herausgegeben. Statt die fundierte Streitschrift und das Engagement im Kampf gegen Rechtsextremismus und Neonazismus zu würdigen, griff der Innensenator den ver.di-Landesvorsitzenden wegen der Zusammenarbeit mit angeblichen ,Verfassungsfeinden` äußerst scharf
an.“

Christiane Schneider fordert die Beendigung jeglicher geheimdienstlicher Beobachtung der Partei DIE LINKE: „Es ist nicht
hinnehmbar, dass der Verfassungsschutz durch die anhaltende Beobachtung von ,Teilstrukturen‘ auf die innerparteiliche
Meinungsbildung Einfluss nimmt und die LINKE insgesamt diskreditiert. Die Beobachtung muss unverzüglich und vollständig
beendet werden.“

Das sagt die SPD:

Dressel: Im Kampf gegen Rechtsaußen besteht weiter Nachholbedarf

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes auf die zunehmende Gewaltbereitschaft der Extremisten von links und rechts hingewiesen. „Es ist erschreckend, dass immer mehr Extremisten ihre verfassungsfeindlichen Zielsetzungen mit Gewalt durchsetzen wollen. Das zwingt alle Demokraten zu besonderer Wachsamkeit und Konsequenz – und zwar in alle politischen Richtungen“, so SPD-Innenexperte Andreas Dressel, gleichzeitig Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollausschusses Verfassungsschutz.

Bei aller richtigen und notwendigen Beobachtung und Bekämpfung von Islamismus und Linksextremismus bleibe die SPD-Fraktion allerdings bei ihrer Bewertung, der CDU-geführte Senat habe bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus deutlichen Nachholbedarf. „Und daran hat sich auch mit den Grünen am Senatstisch wenig geändert“, sagte Dressel. Das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus werde „auf Sparflamme“ gefahren, an der Erarbeitung eines NPD-Dossiers habe Hamburg nicht mitgewirkt, Oppositionsinitiativen gegen Rechts würden „ohne Debatte vom Tisch gewischt“. „Gerade da, wo die Demokraten zusammenstehen müssten, verweigert sich Schwarz-Grün bisher neuen Akzenten im gemeinsamen Kampf gegen Rechts. Das ist mehr als bedauerlich.“ Ebenso bedauerlich sei, dass der Innensenator bei der Frage eines möglichen neuen NPD-Verbotsverfahrens suggeriere, es könne gegenüber der NPD nur eine juristische oder eine politische Auseinandersetzung geben. „In Wahrheit ist beides möglich und geboten“, sagte Dressel.

Er verwahrte sich zudem gegen den aus der Innenbehörde erhobenen Vorwurf, die SPD blende gewisse Formen des Extremismus aus – „aus Rücksichtnahme auf den angestrebten Koalitionspartner Linkspartei“, wie die Behörde gegenüber der Tageszeitung DIE WELT (Samstagsausgabe) ausgeführt hatte. – Es sei „bemerkenswert, wie die Behörde des Innensenators und CDU-Kreisvorsitzenden Ahlhaus plumpe Parteipolemik verbreitet“, sagte Dressel. Er riet dem Innensenator zur Mäßigung: „Wer sich wie der CDU-Funktionär Ahlhaus mit Ronald Schill und seiner Partei eingelassen hat, sollte sich zurückhalten – selbst wenn es nur um angebliche Koalitionsoptionen anderer Parteien geht“, sagte Dressel.

Erstaunt zeigte er sich darüber, dass das Thema Beobachtung und Bekämpfung der Scientology-Organisation in der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts „unter ferner liefen“ abgehandelt worden sei. Nach der auf ganzer Linie gescheiterten Verbotsinitiative Hamburgs und der Diskussion um die Stellensituation sei dem Innensenator das Thema Scientology – anders als seinem Vorgänger – offenbar nicht mehr so wichtig.

In einem Punkt schloss Dressel sich den Bewertungen des Innensenators an – beim Dank an die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes für ihre Arbeit. „Unter häufig nicht einfachen Rahmenbedingungen leisten die Kolleginnen und Kollegen hervorragende Arbeit gegen die Feinde unserer Demokratie. Wir werden diese Arbeit im Kontrollausschuss weiter begleiten – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“

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