150 Jahre staatliche berufsbildende Schulen: Duale Berufsausbildung als Erfolgsfaktor
Hamburgs staatliche berufsbildende Schulen feiern ihr 150-jähriges Bestehen. Dazu organisiert das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB), in dem die Berufsschulen organisiert sind, in diesen Wochen u.a. eine Ausstellung in der Rathausdiele, eine bundesweite Fachtagung und vielfältige Veranstaltungen an den berufsbildenden Schulen. 1865 übernahm die Freie und Hansestadt Hamburg die Verantwortung für „das Gewerbe- und Fortbildungswesen“. Grundlage war ein durch die Patriotische Gesellschaft angestoßener Beschluss des Senats, eine staatliche Gewerbeschule und Verwaltung „für die fortdauernde Blüthe und weitere Entwicklung der Gewerbe“ zu gründen. An den 39 staatlichen Hamburger berufsbildenden Schulen bieten in diesem Schuljahr ca. 2.870 Lehrkräfte ihren rund 52.000 Schülerinnen und Schülern zahlreiche Bildungsangebote in den vier Bereichen: Berufsausbildung in 248 Berufen (ca. 76,1% der Schüler), Übergangsmaßnahmen zur Vorbereitung auf die Berufsausbildung (ca. 7,6%), den Erwerb der Hochschulreife (ca. 7,3 %) und die berufliche Weiterbildung (ca. 8,9%). Die meistgewählten Ausbildungsberufe sind derzeit Kaufleute im Einzelhandel und Kaufleute für Büromanagement. Zum Vergleich: 1930 waren dies für männliche Lehrlinge die Bau- und Kunstschlosser sowie für weibliche Lehrlinge die Verkäuferinnen.
Bildungssenator Ties Rabe: „Die bundesdeutsche Ausbildung mit dem Kernelement der dualen Berufsausbildung in Berufsschule und Betrieb ist eine Erfolgsgeschichte. Die duale Berufsausbildung ermöglicht Unternehmen, praxisnah und bedarfsgerecht auszubilden, und sichert zugleich jungen Menschen gute Übernahmechancen. Das berufliche Schulwesen leistet einen wichtigen Beitrag dafür, dass junge Menschen durch eine qualifizierte Berufsausbildung aktiv am Arbeitsleben und an der Gesellschaft teilhaben.“
Senator Rabe weiter: „In den vergangenen 150 Jahren haben die Berufsschulen ihre Angebote ständig weiterentwickelt. Dabei haben wir uns auf die Verbesserung der Berufsausbildung und die Verbesserung des Übergangs von der Schule in die Berufsausbildung konzentriert. Um die Berufsausbildung zu verbessern, wurde ein praxis- und handlungsorientierter Lernfeldunterricht eingeführt und Unterrichtsinhalte eng mit den Ausbildungspartnern abgestimmt. Die begonnene Zusammenführung von früher 45 zu künftig 32 staatlichen Berufsschulen verbessert die Rahmenbedingungen und fachliche Kompetenz an den einzelnen Schulen. Seit 2011 können Azubis zudem im Rahmen ihrer Berufsausbildung die Hochschulzugangsberechtigung erwerben. Darüber hinaus wurden die Maßnahmen zum Übergang von der Schule in den Beruf neu aufgestellt. Die neue Ausbildungsvorbereitung Av-Dual hilft durch die einzigartige Kombination von Schule und Betriebspraktikum jungen Menschen, schneller einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Die Zusammenarbeit der Berufsschulen mit den Stadtteilschulen und der Jugendberufsagentur hat die Übergangsquoten von der Schule in den Beruf deutlich verbessert.“
Künftig wird es darum gehen, die duale Berufsausbildung als Alternative zum Studium noch attraktiver zu machen. Eine weitere Herausforderung stellt die stark gestiegene Zahl jugendlicher Flüchtlinge dar. Sie sollen so schnell und so nahtlos wie möglich, unterstützt durch geeignete Maßnahmen (z.B. integrierte Sprachförderung), zu einem Schulabschluss und in eine Berufsausbildung geführt werden. Neben den bewährten berufsschulischen Unterrichtsangeboten erprobt Hamburg seit dem vergangenen Schuljahr ein neues Angebot mit integrierter betrieblicher Sprachförderung für 180 jugendliche Migrantinnen und Migranten, die sowohl in der berufsbildenden Schule als auch in den Betrieben lernen. Das Angebot wird im Schuljahr 2015/16 um 180 Plätze erweitert. Insgesamt werden zum Schuljahr 2015/16 rund 1.650 jugendliche Flüchtlinge an 24 berufsbildenden Schulen unterrichtet, Tendenz stark steigend. Der angestiegene Bedarf an Klassen zur Alphabetisierung neu zugewanderter Jugendlicher (so genannte Alphaklassen; ca. 30 Prozent der Flüchtlinge) wird seit Februar 2015 durch eine Kooperation mit der Volkshochschule gedeckt (zusätzlich 10 Unterrichtsstunden je Klasse).
Zur Geschichte des Hamburger Berufsschulwesens
Im Laufe der Geschichte des staatlichen berufsbildenden Schulwesens in Hamburg haben sich wirtschaftliche, berufliche, soziale und pädagogische Anforderungen immer wieder verändert. Daran haben sich die berufsbildenden Schulen ständig angepasst und sich weiterentwickelt. Dabei sind sie mit Ausnahme der nationalsozialistisch geprägten Jahre ihren Prinzipien treu geblieben: Sie orientieren sich an den Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt, verbinden theoretisches und praxisbezogenes Lernen, verzahnen berufliche mit allgemeiner Bildung, ermöglichen jedem Jugendlichen einen Zugang zur beruflichen Bildung und zum sozialen Aufstieg und schaffen Anschlüsse an die Hochschulbildung.
Die erste staatliche Gewerbeschule nahm am 7. Mai 1865 mit 120 Schülern ihren Betrieb auf, 15 Jahre später besuchten bereits 2.273 Schüler eine Gewerbeschule und in Folge der Fortbildungsschulpflicht wurden in Hamburg im Jahr 1928 schließlich 55.128 Schülerinnen und Schüler von 869 Lehrerinnen und Lehrern in 36 Berufsschulgebäuden unterrichtet. Heute arbeiten und lernen rund 52.000 Schülerinnen und Schüler sowie ca. 2.870 Lehrkräfte an 39 staatlichen berufsbildenden Schulen.
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts bemühte Hamburg sich darum, „Ungelernten“, „Jungarbeitern“ und arbeitslosen Jugendliche durch berufliche Bildung Chancen zu eröffnen. Seit Einführung der Fortbildungsschulpflicht im Jahr 1913 (zunächst für die männliche Jugend), hat Hamburg durch viele Reformen das Ziel verfolgt, junge Menschen erfolgreich in Ausbildung, Arbeit und Gesellschaft zu integrieren. So hatte Hamburg gemeinsam mit Berlin bereits in den 20er-Jahren bei der „Beschulung Ungelernter“ an den Allgemeinen Gewerbeschulen mit integrierten Werkstätten eine Vorreiterrolle.
Heute fördert Hamburg, durch ein gut aufeinander abgestimmtes, rechtskreisübergreifendes Bündel von Maßnahmen und Unterstützungsangeboten für alle Jugendlichen den möglichst nahtlosen Übergang von der Schule in den Beruf. In gemeinsamer Verantwortung von Schulen, Jugendberufsagentur und Partnern der beruflichen Bildung wurden umfassende Reformmaßnahmen umgesetzt, die den Zugang der Jugendlichen in Ausbildung verbessern (Berufs- und Studienorientierung ab Klasse 8, dualisierte Ausbildungsvorbereitung, Berufsqualifikation und weitere geförderte Ausbildung u.v.a.).