Zweifelhafter, kleinster gemeinsamer Nenner

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die heute vorgestellte Konzeption der Schwarz-Grünen Koalition für den Strafvollzug als „zweifelhaften, kleinsten gemeinsamen Nenner“ bezeichnet. „Es ist erstaunlich, dass die bisher nur beiläufig behandelte Variante des offenen Vollzuges in Fuhlsbüttel jetzt zur Kompromisslösung zwischen Schwarz-Grün wird. Offensichtlich hat sich Senator Steffen mit seiner favorisierten Variante des offenen Vollzuges in Billwerder bei der CDU nicht durchsetzen können“, sagte SPD-Rechtsexpertin Jana Schiedek.

„Entscheidend ist, in wieweit die erheblichen Überkapazitäten bei den Haftplätzen abgebaut werden und ob ein vernünftiges Vollzugskonzept vorliegt. Der schwarz-grüne Kompromiss lässt viele Fragen unbeantwortet -gerade mit Blick auf eine künftige Anstalt, in der offener und geschlossener Vollzug in unmittelbarer Nachbarschaft stattfindet“, sagte die Abgeordnete. Schiedek betonte darüber hinaus, dass der avisierte Haftplatzabbau angesichts von rund 1000 freien Plätzen alles andere sei als ein „großer Wurf“.

Schiedek kritisierte, Diskussion und Entscheidung hätten ausschließlich in Hinterzimmern stattgefunden. „Es wird jetzt Zeit, die Umstrukturierung des Strafvollzuges öffentlich zu erörtern. Daher fordert die SPD eine Sondersitzung des Rechtsausschusses der Bürgerschaft in der nächsten Woche.“

Schiedek stellte auch Fragen nach dem Gutachten der Justizbehörde zur Umstrukturierung des Strafvollzuges. Laut Medienberichten hatten die Gutachter bei einem offenen Vollzug in Fuhlsbüttel vor Konflikten mit der Nachbarschaft der Justizvollzugsanstalt gewarnt. „An dieser Einschätzung hat sich offensichtlich etwas geändert – oder die Regierungsfraktionen setzen sich über sie hinweg“, sagte Schiedek. „Bei derartigen Standortentscheidungen muss man nicht nur die Strafvollzugsbediensteten, sondern auch den betroffenen Stadtteil und Bezirk mitnehmen. Das haben CDU und GAL im Vorfeld ihrer Entscheidung versäumt. Das muss nun schnellstmöglich nachgeholt werden.“ Ohnehin stehe den Bezirken nach § 28 Bezirksverwaltungsgesetz bei Standortentscheidungen von Justizvollzugsanstalten ein Anhörungsrecht zu, betonte die SPD-Rechtsexpertin (s. u.).

§ 28 BezVG
Anhörungsrecht bei Standortentscheidungen

Vor der Entscheidung des Senats oder einer Fachbehörde über die Ansiedlung, Schließung oder wesentliche Veränderung nachfolgender Einrichtungen ist die örtlich zuständige Bezirksversammlung anzuhören, sofern die Entscheidung für den Bezirk oder einen wesentlichen Teil des Bezirks von Bedeutung ist:
1. Einrichtungen der Jugendhilfe, soweit sie nicht rechtlich selbständig sind,
2. Finanzämter,
3. Freiwillige Feuerwehren und Berufsfeuerwehren,
4. Gedenkstätten,
5. Gerichte,
6. Hochschulstätten,
7. Justizvollzugsanstalten,
8. Kultureinrichtungen, soweit sie nicht rechtlich selbständig sind,
9. öffentliche Unterbringungen von Zuwanderern und Wohnungslosen,
10. Polizeikommissariate,
11. Schulen und
12. Sportstätten.
Die Anhörungsfrist beträgt mindestens einen Monat. Der Senat oder die Fachbehörde berücksichtigen bei ihrer Entscheidung die Stellungnahme der Bezirksversammlung. Die anhörende Behörde informiert die Bezirksversammlung nach Abschluss der Planung über das Ergebnis und die Berücksichtigung der Stellungnahme.

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