Zu Gast bei Freunden !?

SCATER.jpeg3.193 Kinder und Jugendliche mit ausländischen Eltern leben nur „geduldet“ in Hamburg, mehr als 2.000 schon länger als fünf Jahre, und 1.414 sind hier geboren. Keiner von ihnen weiß, ob er nächstes Jahr noch hier sein darf – Zahlen, die die GAL in einer Großen Anfrage ermittelte. Debattiert wird darüber am Dienstag, den 4.7., um 16 Uhr im Rathaus, Raum 186 (öffentlich).

3.193 Kinder und Jugendliche leben in Hamburg im unsicheren Status der Duldung. Davon leben 2.098 schon länger als fünf Jahre in Hamburg, 1.414 sind hier geboren. Insgesamt leben 7.053 Personen als Geduldete in Familien hier, 4.108 Personen davon sind länger als fünf Jahre in Hamburg, 1.665 Personen länger als acht Jahre. Das ergibt sich aus den Antworten des Senats auf eine Große Anfrage der GAL-Bürgerschaftsfraktion (Drs.18/4120).

„Diese Kinder- und Jugendlichen sind hier aufgewachsen und gehören zu uns. Es handelt sich um eine überschaubare Zahl von Personen. Mit einer Hamburger Bleiberechtsregelung für diese eng umgrenzte Gruppe wäre das Problem zu lösen. Dann hätten diese Familien das Recht, für sich selbst zu sorgen, und die Kinder könnten sich in ihrer Heimatstadt endlich zu Hause und sicher fühlen“, sagt die flüchtlingspolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion Antje Möller.

Geduldete müssen ständig mit ihrer Abschiebung rechnen und sich gleichzeitig auf einen längeren Aufenthalt einrichten. Sie müssen zum Teil wöchentlich oder monatlich immer wieder neue Duldungen beantragen. Gleichzeitig ist den betroffenen Erwachsenen der Zugang zum Arbeitsmarkt fast vollständig verbaut. Für Familien mit hier aufwachsenden Kindern ergibt sich mit dem langjährigen unsicheren Aufenthalt eine besonders prekäre Situation. Zum Heimatland der Eltern haben diese Kinder oft keine Beziehung, sie sprechen ihre Muttersprache nicht genügend um dort wieder Fuß zu fassen und sie gehen in Hamburg in Kindergarten und Schule.

Bisher bleibt den Familien bzw. den Kindern und Jugendlichen nur der Weg über Einzelfallentscheidungen vor Gericht, im Eingabenausschuss oder in der Härtefallkommission, um eine drohende Abschiebung nach vielen Jahren geduldetem Aufenthalt zu verhindern. Von Schulen, Stiftungen und Vereinen oder von den Betroffenen selbst erreichen immer mehr Petitionen den Eingabenausschuss, die den Lebenslauf eines ganz normalen Hamburgers oder einer ganz normalen Hamburgerin beschreiben. Integriert in soziale, kulturelle oder sportliche Aktivitäten, auf dem Weg zum Schulabschluss werden sie dann mit der Abschiebungsandrohung konfrontiert. Die meisten Fälle können nur in der Härtefallkommission entschieden werden.

Die Auswertung nach einem Jahr Arbeit in der Härtefallkommission macht deutlich, dass von 51 dort behandelten Fällen, bei denen Kinder und Jugendliche betroffen waren, 41 zu Gunsten dieser entschieden wurden.

Insgesamt hatte die Härtefallkommission über 156 geduldete Personen zu entscheiden, davon waren 85 Kinder und Jugendliche. Für 55 dieser Kinder- und Jugendlichen und 42 ihrer Familienangehörige hat die Härtefallkommission einvernehmlich den Senat ersucht, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

„Die Erfahrung zeigt, dass die Abschiebung von Kindern aus langjährig geduldeten Familien ganz überwiegend von Bürgerschaft und Öffentlichkeit als unbegründbare Härte angesehen werden. Entsprechend entscheidet auch die Härtefallkommission. Das ist in jedem Einzelfall zu begrüßen, dingend nötig wäre jedoch eine allgemeine Regelung“, so Möller.

Nach Angaben des Senats stammen die größten Gruppen geduldeter Familien aus Afghanistan mit 2.320, sowie aus Serbien und Montenegro mit 1.611 Personen. Es folgen Aserbaidschan mit 468, Russland mit 388, Armenien mit 254 und Bosnien-Herzegowina mit 231 Personen. 182 Personen stammen aus der Türkei und 177 aus dem Iran. Weder über Gründe für die jeweiligen langjährigen Duldungen kann der Senat Auskunft geben, noch die Fragen nach dem Bezug von öffentlichen Leistungen beantworten. Auch die Arbeitsagentur ist in Bezug auf die Frage nach den Arbeitserlaubnissen nicht auskunftsfähig. „Hier werden wir bei der Befassung im Ausschuss nachhaken. Für die Integration der Familien ist die soziale, wie aber vor allem auch die ökonomische Situation ein wichtiges Indiz,“ so Antje Möller.

Entgegen den Vorankündigungen hat sich die Innenministerkonferenz (IMK) vom 4./5. Mai noch nicht mit einer Bleiberechtsregelung für die rund 200.000 geduldeten Personen in Deutschland befasst. Nun soll im November 2006 das Thema wieder auf die Tagesordnung genommen werden. Bis dahin soll eine Evaluation der Auswirkungen des neuen Zuwanderungsrechts vorliegen.

Trotz der Anfang 2005 im neuen Zuwanderungsrecht eingeführten Abschaffung der sog. „Kettenduldungen“ ( § 25, 5 Satz 2) leben Menschen mit einer Duldung weiterhin oft viele Jahre bei uns. Von den rund 17.000 Personen, die in Hamburg mit einer Duldung leben, sind 6.800 ( Drs. 16/307, BT-Drucksache) schon länger als fünf Jahre hier. Die Duldung bedeutet die zeitweise Aussetzung der Abschiebung und ist kein Aufenthaltsstatus im Sinne des Ausländerrechts. Es gibt nach § 60 a Abs.2 Aufenthaltsgesetz verschiedene Gründe für eine Duldung, die in der Regel zu kurzfristigem erlaubtem Aufenthalt führen. Gelten die Gründe weiter, wird die Duldung verlängert.

Bilanz nach einem Jahr Härtefallkommission

Im ersten Jahr der Hamburger Härtefallkommission wurden insgesamt 62 Fälle behandelt, in 36 davon ein Härtefallersuchen an den Senat gerichtet, 19 Fälle wurden nicht einvernehmlich entschieden. 5 Fälle sind noch offen und 2 wurden über den Eingabenausschuss entschieden.

Antje Möller zieht ein positives Fazit: „In über 50 Prozent der Fälle wurde einvernehmlich ein Ersuchen an den Senat gerichtet und bisher ist er diesem auch immer gefolgt. Allerdings unterstütze ich weiterhin die Kritik an der Besetzung der Kommission nur durch Abgeordnete. Vertreterinnen und Vertreter z.B. von Wohlfahrtsverbänden und Religionen sollten hinein gewählt werden können. Auch die Tatsache, dass niemand sich direkt an die Kommission wenden kann, verhindert die notwendige Transparenz für die Öffentlichkeit, welche Fälle denn überhaupt als mögliche Härtefälle besprochen werden.“

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