Wersich will Hilfen für Jugendliche nicht verbessern

Die Kinder- und Jugendexpertin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Carola Veit, hat Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) vorgeworfen, den Fall Morsal „auf der Basis eines Expertengespräches für beendet erklären zu wollen“. Die notwendige Aufarbeitung fehle jedoch, Konsequenzen für das konkrete Handeln in Hamburg würden nicht gezogen.

Hintergrund ist ein Treffen zum „Fall Morsal“, dass nach Einschaltung des „Nationalen Zentrums Frühe Hilfen“ (NZFH) bereits am 15. Juni 2009 im Deutschen Jugendinstitut in München stattgefunden hat (Hier der Bericht als PDF). Der Senat hatte zuvor erklärt, bei dem Treffen würden Fachleute den Fall Morsal analysieren und „gemeinsam mit dem Bezirksamt Hamburg-Mitte und der Sozialbehörde eine Konzeption erarbeiten“. Morsal war die junge Frau aus Rothenburgsort, die von ihrem Bruder erstochen wurde, weil sie mit der Familientradition gebrochen hatte.

Veit kritisierte, dass weder diese Konzeption noch die – zuvor notwendige und von Wersich angekündigte – Analyse bis heute vorliege. Das Expertengespräch mit „Statements und Empfehlungen“, die sich „nicht allein auf den Kinderschutz in Hamburg“ beziehen – wie das NZFH selbst schreibt – könne laut Veit die von der zuständigen BSG und dem Senat zu leistende Analyse nicht ersetzen: „Senator Wersich hat seine Ankündigungen nicht eingehalten.“ Das dokumentierte Expertengespräch könne Anregungen geben und zeige Schwachstellen des Hilfesystems auf. „Hier kann Senator Wersich ansetzen – abschließen kann er mit diesem Expertengespräch nicht“, so Veit.

Veit sagte, das dokumentierte Gespräch gebe auch Hinweise, erkannte Schwachpunkte in Hamburg zu beseitigen. Die Abgeordnete nannte folgende Punkte:

– Eine angemessene Ausstattung der Fachkräfte mit ausreichend Zeit für die Arbeit mit den Familien ist die Grundlage für ein funktionierendes Kinderschutzsystem.

– Systematische Falldiagnosen, die frühere Informationen zu anderen Familienmitgliedern oder dem Familiensystem berücksichtigen, sind nötig

– Supervision und kollegiale Beratung müssen Standard in Jugendämtern sein – und zwar nicht nur als Selbstreflexion, sondern auch als fachliche Beratung.

– Kurzfristig müssen Fachberaterinnen und Fachberater zu interkulturellen Fragestellungen im Kinderschutz verfügbar sein.

– Wenn Jugendliche „abhauen“ oder mitteilen, dass sie aus einer Unterbringungssituation weggehen, müssen eine „Sicherheitsberatung“ und deutliche Gespräche zur potenziellen Gefährdung der Jugendlichen stattfinden.

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Hintergrund:

Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) in der Bürgerschaftssitzung am 18. Juni 2008:

„Wir haben vereinbart, dass das Nationale Zentrum Frühe
Hilfen als bundesweite Plattform dienen soll und
dabei auch Einzelfälle analysieren soll, damit Menschen
in der ganzen Republik aus diesen Fällen
lernen können. Deswegen haben wir jetzt gemeinsam
mit dem Bezirksamt Mitte nach dem Beschluss
vom 12. Juni gesagt, dass wir diesen Fall
auch den Experten des Nationalen Zentrums des
deutschen Jugendinstituts vorlegen werden, damit
genau diese weitere Expertenanalyse stattfindet.
Das ist Aufklärung und ein vernünftiger Umgang
mit derart schrecklichen Dingen.“

In der Drs. 19/2834 (kA Veit/Böwer) erklärt der Senat:

„Das Expertengespräch wird am 15. Juni 2009 stattfinden.
In dem Gespräch werden fünf Experten aus Wissenschaft
und Praxis der Bereiche Migration, Genderthematik, Kinder-
und Jugendhilferecht sowie Kinderschutz den Fall analysieren
und gemeinsam mit dem Bezirksamt Hamburg-Mitte und der
BSG eine Konzeption erarbeiten.“

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