Wersich fremdgefiedert

Nichts gesät, aber mit der Ernte dennoch tüchtig angeben: Nach dem Motto operiert derzeit Bildungs-Ersatzsenator Wersich. Jedes Projekt, das in der Bildungsbehörde erarbeitet wurde und annähernd fertig ist, wird derzeit geradewegs auf den Markt geworfen. Unser Thema heute: Berufliche Bildung und Berufsperspektiven für Jugendliche.

Bescheiden ist der Herr Senator dabei gerade nicht: „Unsere bisherigen Maßnahmen haben schon jetzt die Berufsperspektiven zahlreicher junger Menschen verbessert“, tönt er, als habe er an diesen Maßnahmen auch nur einen Federstrich zu verantworten. Ach, hätte er doch in seiner eigenen Behörde jemals so viel zustande gebracht, wie er jetzt aus dem Nachlass seiner GAL-Vorgängerin ans Licht zaubert!

Weil das Thema aber – unabhängig von den fremden Federn – wichtig ist, hier die Mitteilung der Pressestelle ohne weitere Häme:

Bessere Berufsperspektiven für Jugendliche in Hamburg

Neuausrichtung der Beruflichen Bildung: Senator Wersich stellt neue Maßnahmen vor

„Die Zahl der Abiturienten ist auf Rekordniveau, gleichzeitig haben wir in Hamburg so wenig Schulabbrecher ohne Abschluss wie nie zuvor, und auf dem Ausbildungsmarkt werden nicht Lehrstellen, sondern geeignete Bewerber knapp. Jetzt wollen wir den erfolgreichen Übergang von der Schule zum Beruf in den Blick nehmen, um die Berufsperspektiven junger Menschen weiter zu verbessern und sie auf ihrem Weg in ein erfolgreiches Leben zu unterstützen“, sagt Hamburgs Bildungs- und Jugendsenator Dietrich Wersich. Der Hamburger Senat hat dazu gestern diverse Maßnahmen zur Reform der Beruflichen Bildung auf den Weg gebracht, die bereits zu Beginn des neuen Schuljahres im August greifen sollen und daher jetzt vorbereitet werden müssen.

Senator Wersich: „Unsere bisherigen Maßnahmen haben schon jetzt die Berufsperspektiven zahlreicher junger Menschen verbessert. Mit den nun beschlossenen Maßnahmen bringen wir mehr Berufsorientierung in die Schulen, verkürzen ineffektive Aufbewahrungsmaßnahmen zugunsten von Karrierechancen und begegnen dem Fachkräftemangel der Wirtschaft mit besser gebildeten Schülerinnen und Schülern. Damit ist Hamburg bundesweit Pionier in der Reform beruflicher Bildung.“

Die Reform der Beruflichen Bildung hat folgende Ziele:

* Eine systematische Berufs- und Studienorientierung ab der 8. Klasse schon in allgemeinbildenden Schulen

* Schulpflichtigen Jugendlichen den Übergang in eine berufliche Ausbildung ermöglichen

* „Warteschleifen“ für Jugendliche abbauen

* Angebote für schulpflichtige Jugendliche ohne Ausbildungsplatz oder ohne hinreichende Ausbildungsreife eng an den Rahmenbedingungen und Vorgaben einer Ausbildung orientieren und so einen zügigen Übergang in eine Ausbildung gewährleisten

* Optionaler Erwerb einer Hochschulzugangsberechtigung während der Ausbildung

* Klassenwiederholungen und Abbrecherquoten an beruflichen Gymnasien, Fachoberschulen, vollqualifizierenden Berufsfachschulen sowie Fachschulen reduzieren

Durch diese Maßnahmen sollen nachhaltig bildungsökonomische Effekte erzielt werden, die sich sowohl für die Einzelnen als auch für die sozialen und wirtschaftlichen Systeme positiv auswirken.

Die Reformmaßnahmen sind bis 2013 durch Umschichtungen im Haushalt des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung (HIBB) kostenneutral beziehungsweise in den folgenden Jahren kostensenkend. Die Gründe sind die kürzere Verweildauer im Übergangssystem Schule – Beruf und der frühere Einstieg in die duale Ausbildung beziehungsweise die Erwerbstätigkeit.

Die wichtigsten Reformmaßnahmen im Überblick:

Reform des Übergangssystems

· Die individuelle Berufs- und Studienorientierung wird flächendeckend, systematisch und bereits ab der 8. Klasse begonnen. Die schulischen Angebote der Berufs- und Studienorientierung und die Berufsberatung werden aufeinander abgestimmt und sind fester Bestandteil der schulischen Arbeit.

· Eine flexible Ausbildungsvorbereitung (AV) sorgt für die Erlangung der Ausbildungsreife und für einen schnellen Übergang in eine duale Berufsausbildung.

· Die neue einjährige Berufsqualifizierung (BQ) der Berufsfachschule im Hamburger Ausbildungsmodell richtet sich an schulpflichtige Jugendliche, welche die Ausbildungsreife erlangt und keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden haben. Die Jugendlichen führen das erste Ausbildungsjahr eines dualen Ausbildungsberufs nach Berufsbildungsgesetz oder Handwerksordnung in enger Kooperation mit Betrieben vollständig durch. Danach sollen sie in eine betriebliche Berufsausbildung möglichst unter Anerkennung der erbrachten Leistungen übergehen.

Erwerb der Fachhochschulreife in der dualen Berufsausbildung und in den vollqualifizierenden Berufsfachschulen

· Durch die schulische Zusatzqualifizierung „Dual Plus Fachhochschulreife“ können Auszubildende dreijähriger dualer Ausbildungen ab 2011 mit zusätzlichen 600 Unterrichtsstunden neben dem Berufsabschluss auch die Hochschulzugangsberechtigung erwerben. Gleichzeitig verringern sich die Ausbildungskosten: Gegenüber dem konsekutiven Erwerb der Fachhochschulreife lassen sich bei den Schülerjahreskosten rund 3.000 Euro pro Person einsparen. In den fünf Hamburger zweijährigen vollqualifizierenden Berufsfachschulen kann man ab August 2012 die Fachhochschulreife während der Ausbildung erwerben.

Weiterentwicklung der beruflichen Oberstufe der berufsbildenden Schulen

Sie ist eine wichtige Ergänzung, um Schülerinnen und Schülern individuell sinnvolle Anschlussperspektiven zu ermöglichen und eine Hochschulzugangsberechtigung zu erreichen.

· Die Berufsoberschule (BOS) soll ab dem Schuljahr 2012/13 in den vier Fachrichtungen Technik, Wirtschaft, Sozialwesen sowie Gestaltung angeboten werden. Im Vergleich zum dreijährigen Weg zur allgemeinen Hochschulreife über das berufliche Gymnasium, das Abendgymnasium oder das Hansa-Kolleg verkürzt die BOS die Ausbildungsdauer um ein Jahr und erhöht die Durchlässigkeit für die beruflich Qualifizierten.

· Die Reformen der Oberstufe (Stadtteilschule, Gymnasium und Berufsoberschule) haben spürbare Auswirkungen auf die Bedeutung der beruflichen Gymnasien, da man über sie bisher zu höheren Bildungsabschlüssen gelangte. Sie sollen zukünftig leistungsfähige, beruflich orientierte Schülerinnen und Schüler gezielt fördern, ihnen die allgemeine Hochschulreife und den Übergang in ein fachrichtungsspezifisches Hochschulstudium ermöglichen. Es wird zukünftig mit einer geringeren Schülerzahl in der Vorstufe gerechnet: Von derzeit rund 1.200 auf ca. 450, die sich auf bis zu fünf Standorte verteilen.

Reform der sozialpädagogischen Bildungsgänge

· Die Grundausbildung in der sozialpädagogischen Assistenz und der Zugang zur Erzieherausbildung sollen verbessert und die Ausbildungszeit verkürzt werden. Die Durchlässigkeit zwischen den sozialpädagogischen Bildungsgängen wird erhöht, indem die Ausbildung der vollqualifizierenden Berufsfachschule (BFS) für Sozialpädagogische Assistenz in Teilen auf die Ausbildung in der Fachschule für Sozialpädagogik angerechnet wird und beide Ausbildungen inhaltlich und organisatorisch besser aufeinander abgestimmt sind. Dadurch wird die Gesamtausbildungszeit für das Absolvieren beider Bildungsangebote um ein Jahr verkürzt. Die Reform der BFS Sozialpädagogische Assistenz soll ab August 2011, die Reform der Fachschule für Sozialpädagogik ab 2013 in Kraft treten.

Sprachförderung an berufsbildenden Schulen

· Ein an berufliche Kontexte angelehntes Sprachförderkonzept wird 2011 zunächst an bis zu fünf berufsbildenden Schulen erprobt und 2012 schrittweise eingeführt. Hiermit sollen insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund während einer betrieblichen Ausbildung gefördert werden.

Vermeidung von Klassenwiederholungen an berufsbildenden Schulen

· Ab dem Schuljahr 2012/13 erhalten zunächst Schülerinnen und Schüler in den Eingangsklassen der Berufsfachschule und des beruflichen Gymnasiums zusätzliche Förderung. Diese wächst dann schrittweise für die Fach- und Fachoberschulen auf.

Qualifizierungsoffensive für Lehrkräfte

· Lehrerinnen und Lehrer der beruflichen Schulen erhalten eine umfassende Beratung und Fortbildung zur Umsetzung der Maßnahmen.

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