Werften: Es geht weiter abwärts

Die Situation auf den deutschen Werften und in den Zulieferbetrieben spitzt sich weiter zu: Nach der Schiffbauumfrage 2010 der IG Metall Küste und dem Institut Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen ist die Zahl der Beschäftigten auf den deutschen Werften im Vergleich zum Vorjahr um weitere 3,9 Prozent auf jetzt 16.760 zurückgegangen.

Das heißt: Auf den Werften sind fast 700 Menschen weniger beschäftigt als noch ein Jahr zuvor. Seit September 2008 haben sogar rund 3.800 Beschäftigte ihren Job im Schiffbau verloren. Das ist ein Rückgang um 18,4 Prozent.

„Es fehlt nicht nur an Aufträgen, sondern auch an einem geeigneten Konzept der Bundesregierung, um die Krise im Schiffbau zu bewältigen. Die Krise ist zeitversetzt auf den Werften und bei den Zulieferern angekommen und erreicht gerade erst ihren Höhepunkt“, sagte die Bezirksleiterin der IG Metall Küste, Jutta Blankau. „Während die Landesregierungen teils enorme Anstrengungen unternommen haben, um ihre Werften zu erhalten, gibt es von der Bundesregierung nur wenig konkrete Hilfe. Andere europäische Schiffbaunationen tun wesentlich mehr und haben mit Sofortprogrammen für ihre Werften reagiert“, so die Gewerkschafterin. Die Hilfen aus dem Deutschlandfonds Ende des Jahres auslaufen zu lassen, werde die Situation im Schiffbau weiter verschärfen.

Nach Angaben der Betriebsräte bewegen sich die Auftragseingänge weiterhin auf einem kritischen Niveau. „Neue Aufträge gibt es nur noch im Spezialschiffbau. Der Bau von Containerschiffen ist in Deutschland endgültig vorbei“, erklärte Blankau. Auf zahlreichen Werften habe sich der Auftragsbestand weiter reduziert. „Um die Zukunft der Betriebe zu sichern, müssen möglichst bald neue Aufträge hereinkommen. Chancen liegen in den Bereichen Offshore und Umweltschutz. Dazu bedarf es der bundespolitischen Unterstützung“, so die IG Metall-Bezirkschefin.

Die Gewerkschaft kritisiert, dass die Unternehmen wieder verstärkt auf Leiharbeit setzen: Auf den Werften arbeiten insgesamt mehr als 2.000 Leiharbeiter. Die durchschnittliche Leiharbeitsquote ist von 10,4 Prozent im vergangenen Jahr auf 12,2 Prozent in diesem Jahr gestiegen. „Leiharbeitsquoten von fast 46 Prozent wie auf der Kröger-Werft oder von rund 36 Prozent wie bei Fassmer und Nobiskrug sind durch nichts zu rechtfertigen“, sagte Blankau. Auch Werkverträge und Mehrarbeit gebe es trotz der Krise noch immer in erschreckendem Ausmaß.

Die durchschnittliche Ausbildungsquote ist gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen, die absolute Zahl der Auszubildenden ist allerdings deutlich zurückgegangen: Im September 2010 zählten die 33 Werften nur noch 1.163 Auszubildende – 32 Prozent weniger als noch im Jahr 2008. „Die Unternehmen dürfen nicht über einen Fachkräftemangel jammern und gleichzeitig Lehrstellen streichen. Das passt nicht zusammen“, kritisiert Bezirksleiterin Blankau.

Auch bei den Zulieferern hat sich die Situation – wenn auch etwas milder als auf den Werften – gegenüber dem Vorjahr verschlechtert. Die Betriebsräte der meisten Zulieferer befürchten, dass angesichts der schlechten Auftragslage im Schiffbau im nächsten Jahr ein Arbeitsplatzabbau unausweichlich ist.

Für die Studie wurden die Betriebsräte von 42 deutsche Werften sowie drei Unternehmen, die hauptsächlich Komponenten für Seeschiffe fertigen, befragt. Sie repräsentieren alle 16.760 Beschäftigten im Schiffbau. Bei den Zulieferern beteiligten sich Betriebsräte von zehn Unternehmen mit insgesamt rund 2.500 Beschäftigten an der Befragung.

Die Schiffbauumfrage 2010 und weitere Materialien finden Sie im Internet unter www.igmetall-kueste.de

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