Wenn sich die Rathausbalken biegen……

(Von Gerhard Zaum)
Schweine können fliegen, die Erde ist eine Scheibe, Haushaltspläne sind wahr: Wenn es um den Etat geht, wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Zu unterschiedlich sind die Interessen, zu groß die Verlockungen.

Das Prinzip dabei ist einfach: Der Finanzsenator will einen „ausgeglichenen“ Haushalt ohne neue Schulden, die Fachbehörden wollen für ihre Belange möglichst viel Geld, und der Bürgermeister übt vermutlich schon an einer Rede, in der von „schwierigen Zeiten“, „internationalen Verwerfungen“ und „trotzdem deutliche Prioritäten setzen“ die Rede ist. Wir haben kein Geld, aber wir geben trotzdem in Schwerpunkten mehr aus, ohne neue Schulden zu machen. Jeder weiß, dass es nicht stimmt.

Eine besonders schwierige Rolle hat naturgemäß der Finanzsenator. Er muss nämlich seinen Senatskollegen möglichst dramatisch schildern, dass finanziell ausgesprochen schwierige Zeiten kommen und es beim besten Willen nicht möglich ist, mehr auszugeben. Gleichzeitig hat er aber den Auftrag, Zuversicht auszustrahlen und den Bürgerinnen und Bürgern zu versprechen, dass es keine neuen Schulden geben wird.

In diesem Jahr wird der Job zusätzlich erschwert: Einmal durch die HSH-Nordbank, bei der wohl bisher niemand weiß, was sie für Hamburg noch kostet und wie lange die sicher geglaubten Dividendenzahlungen ausbleiben werden. Dann aber natürlich auch durch die weltweite Finanzkrise insgesamt: Weil Banken sich gegenseitig nicht mehr trauen, kommt das im Welthandel so wichtige Kreditgeschäft stellenweise zum erliegen, und überall stapeln sich Waren, die normalerweise längst mit dem Containerschiff unterwegs zum Kunden sein sollten. Es wird dramatisch weniger verladen und verschifft. Was das für eine Stadt wie Hamburg (und für die künftigen Steuereinnahmen seiner Regierung) bedeutet, mag sich jede/r selbst ausmalen…

Die Fachbehörden wiederum versuchen in der Regel mit allen möglichen Tricks, die Haushaltsansätze niedrig zu halten – um dann notfalls später nachzufordern. So kann man scheinbar globale Sparvorgaben einhalten, ohne wirklich zu sparen.

Besonders große Behörden mit klar umrissenen gesetzlichen Aufgaben beherrschen diese Technik meisterhaft. Beispiel Sozialbehörde: Da musste in der jüngeren Vergangenheit der Ansatz für einzelfallbezogene Hilfen für Jugendliche dreimal erhöht werden, bis man statt 143 Millionen veranschlagter Euro schließlich 199 Millionen ausgegeben hatte. Im neuen Haushaltsentwurf der Behörde ist diese Position wieder nur mit 176 Millionen angesetzt. Aber wenn das Geld nicht reicht, wird schon nachgebessert werden: Hier geht es schließlich um gesetzliche Ansprüche, die kann Hamburg gar nicht verweigern.

Die Opposition geißelt all diese Vorgänge naturgemäß nach Kräften. In der Tat mag die Frage gerechtfertigt sein, ob man immer derart feist und breit grinsend offensichtliche Unwahrheiten verkünden muss, wie wir es jetzt gerade wieder Woche für Woche erleben. Aber zumindest für die Sozialdemokraten dürfte das immer wieder gern zitierte Wort von F.W. Bernstein zutreffen:
„Die schärfsten Kritiker der Elche
waren früher selber welche.“

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