War die Justiz zu langsam?

photocaseGEWALT.jpegAcht Monate lang brauchte die Staatsanwaltschaft für eine Anklage, und in noch keinem der Fälle, in denen Phil J. W. als Täter ermittelt wurde, ist bisher eine Verhandlung terminiert. SPD-Innenexperte Andreas Dressel meint, die Tötung der 81jährigen Frau in Eimsbüttel hätte durch rechtzeitigeres Eingreifen verhindert werden können.

Die Justiz hat der kriminellen Karriere von Phil J. W. offenbar nicht rechtzeitig Einhalt geboten. Das ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage des innenpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Andreas Dressel, zu möglichen Versäumnissen im Fall des 15-jährigen mutmaßlichen Mörders einer Rentnerin aus Eimsbüttel.

„Wenn die Staatsanwaltschaft fast acht Monate für eine Anklage braucht und das Gericht es nicht schafft, bei neun Taten eine Verhandlung anzusetzen, dann läuft etwas falsch“, sagte Dressel. „Gerade bei der Verfestigung krimineller Karrieren gibt es die Grundregel, dass die Strafe der Tat auf dem Fuße folgen muss, um eine Wirkung zu entfalten.“ Die Justiz sei tragischerweise zu langsam für die sich beschleunigende kriminelle Entwicklung des Intensivtäters gewesen.

Wenn die jugendgerichtlichen Verfahren immer länger dauerten, sei dies „Gift für eine effektive Bekämpfung der Jugendkriminalität“, kritisierte Dressel. „Die Verfahrensbeschleunigung gerade in diesem Bereich muss bei Justizsenator Carsten Lüdemann ganz oben auf die Agenda stehen.“

So wurde laut Senatsantwort für das erste Delikt, das Phil-J. W. im November 2004 nach Eintritt seiner Strafmündigkeit verübt haben soll, bis heute offenbar kein Urteil gefällt. Die Hauptverhandlung wegen einer schweren räuberischen Erpressung aus dem April 2005 war erst für Mitte Dezember 2005 angesetzt und hat bis heute nicht stattgefunden. Der Vorwurf räuberischer Erpressungen aus dem November 2005 wurde erst Ende Juni 2006 angeklagt. Ein Urteil wurde bisher offenbar zu keinem der Vorwürfe gefällt.

Weiterhin blieben im Fall des mordverdächtigen Phil-J. W Fragen offen. Eine genaue Begründung, warum kein Verfahren auf Einweisung in die Geschlossene Unterbringung eingeleitet wurde, steht ebenso aus wie eine präzise Auflistung der Maßnahmen des Familieninterventionsteams FIT, das seit Januar für den Jungen zuständig war.

Dressel: „Wenn für einen Intensivtäter mit 25 teilweise schweren Vortaten die geschlossene Unterbringung nicht in Frage kommt, für wen dann? Was hat das vom CDU-Senat hochgejubelte und seit Januar 2005 für diesen Jungen zuständige Familieninterventionsteam FIT zu Wege gebracht? Dieser Fall offenbart einmal mehr, dass der Senat bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität nicht viel vorzuweisen hat.“

Nach früheren Anfragen zu jugendlichen Intensivtätern sei der Senat dazu übergegangen, wesentliche Fragen nicht mehr zu beantworten. „Eine genaue Schwachstellenanalyse wird so unmöglich gemacht. Behördenversäumnisse sollen offenbar verschleiert werden“, vermutet Dressel. „Wir werden weiter nachbohren. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, genau zu erfahren, inwieweit die Bekämpfung der Jugendkriminalität in dieser Stadt funktioniert.“

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