Unfairness gegenüber jungen Leuten

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat dem Senat vorgeworfen, die brisanten Folgen des doppelten Abiturjahrgangs im kommenden Jahr jahrelang ignoriert zu haben. „Der Senat bestätigt unsere Kritik, indem er jetzt ankündigt, Arbeitsgruppen würden sich mit den Folgen des Doppel-Abis auseinandersetzen“, sagte SPD-Bildungsexperte Ties Rabe am Mittwoch. Zuvor hatte der Senat die Maßnahmen des Aktionsbündnisses Bildung und Beschäftigung vorgestellt. Die SPD-Arbeitsmarktexpertin Elke Badde sprach mit Blick auf den Doppel-Jahrgang von einem „Verdrängungswettbewerb“, dessen Leidtragende vor allem Jugendliche mit schwachem Realschulabschluss sein werden. Denn die große Zahl zusätzlicher Abiturienten werde auch den Druck auf den Lehrstellenmarkt erhöhen.

„Der Bewerbungs-Boom durch den doppelten Abitur-Jahrgang wird viele junge Leute in Warteschleifen zwingen – angehende Auszubildende wie angehende Studierende. Denn der Senat weigert sich, angemessen viele Studien- und Ausbildungsplätze zu schaffen“, sagte Badde.

Rabe sagte, junge Leute seien gezwungen, in weniger Zeit und unter hohen Belastungen ihr Abitur zu machen. „Es ist diesen Jugendlichen gegenüber schlicht unfair, ihnen erst mehr Stress zuzumuten, um sie nach dem Schulabschluss in eine Auszeit zu zwingen. Und es ist unfair, die zunehmende Konkurrenz um Ausbildungsplätze einfach hinzunehmen, ohne denjenigen beizustehen, die sich möglicherweise schon länger erfolglos um einen Ausbildungsplatz bemühen.“

Es reiche nicht, zu beobachten, welche Auswirkungen der doppelte Abitursjahrgang in Niedersachsen haben werde, sagte Rabe mit Hinweis auf die geplanten Maßnahmen des Aktionsbündnisses. Denn die Zeit werde nicht ausreichen, um entsprechende Konsequenzen für Hamburg nicht nur anzudenken sondern umzusetzen. Erschrecken sei die Einsicht, dass die „potentiellen Verdrängungseffekte nicht prognostizierbar“ seien und deshalb beobachtet werden müssen. „Das ist Unsinn“, sagte Rabe, „denn wenn die Effekte zu beobachten sind, sitzen die jungen Leute Däumchen drehend auf der Straße.“

Rabe betonte, mit dem doppelten Abiturjahrgang im Sommer 2010 würden vermutlich weit mehr Schülerinnen und Schüler Hamburgs Schulen verlassen, als bislang vom Senat angenommen. „Laut Auskunft der Schulbehörde haben im Jahr 2008 insgesamt 7464 Schülerinnen und Schüler in Hamburg Abitur gemacht Vor den Sommerferien 2009 steuerten 15.125 Hamburger Schülerinnen und Schüler auf das Abitur zu. Wenn man die zu erwartenden Schulabbrecher und Wiederholer von dieser Zahl abzieht, werden über 14.000 Schülerinnen und Schüler im Sommer 2010 das Abitur ablegen. Das sind über 6000 mehr als im letzten Jahr und knapp 2000 mehr als vom Senat geschätzt“, sagte Rabe. „Der Boom durch den doppelten Abitur-Jahrgang wird viele junge Leute in Warteschleifen zwingen. Denn der Senat weigert sich, zusätzliche Studien- und Ausbildungsplätze zu schaffen.“

Leidtragende seien aber nicht nur die Studienplatzbewerber. So spricht die Handelskammer Hamburg mit Blick auf den Doppel-Jahrgang und die Lage auf dem Ausbildungsmarkt von „der größten Herausforderung der vergangenen Jahre“ und warnt: „Wenn sich die bisherigen Quoten früherer Jahrgänge nicht wesentlich ändern, ist mit 1000 bis 1500 zusätzlichen Bewerbern um Ausbildungsplätze zu rechnen.“ (Hamburger Wirtschaft 09/2009; S. 11). Der Verdrängungswettbewerb werde vor allem Jugendliche mit schwachem Realschulabschluss treffen, fürchtet SPD-Arbeitsmarktexpertin Badde.

Auch die Situation für angehende Studierende ist angespannt, weil sich die Zahl der Studienplätze in Hamburg in den letzten Jahren kaum verändert hat. 2004 gab es in Hamburg für Studienanfänger 10.928 Studienplätze, 2009 sollen es 11.247 sein – gerade einmal 319 mehr. Dabei stieg die Zahl der Hamburger Abiturienten im selben Zeitraum bereits um rund 1400 Abiturienten.

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