Sprache fördern – aber wie?

photocaseSCHULE.jpegAlle sind sich einig: Der Schlüssel zu besseren Schulergebnissen nicht nur für Migrantenkinder sind bessere Sprachkenntnisse. Aber da hört die Einigkeit auch schon auf: Soll Sprache in der Schule/Vorschule gefördert werden, in der Kita, oder wo? Und was ist mit Kindern, die gar keine Kita besuchen?

Wer lehrt die Kinder richtig sprechen? Diese fundamentale Frage entzweit auch die Experten in allen Parteien.

Eine Gruppe meint: Sprache lehren heißt Unterricht, Unterricht machen Lehrer, also gehört Sprachförderung an die Schulen. Dass diese Lösung vergleichsweise teuer ist, liegt auf der Hand – Lehrer werden nun einmal erheblich besser bezahlt als Erzieher.

Die anderen meinen, bestimmte grundlegende Dinge lernen Kinder besser vor der Schule. Wer anziehen, Schleife binden, ordentlich essen, Rücksicht nehmen und dergleichen mit den Kindern einüben kann, kann auch ihr Sprachvermögen so weit fördern, wie es z.B. die Vorschule heute tut. Und außerdem sei in der Kita – gewissermaßen die zweite Fliege mit der gleichen Klappe – gewährleistet, nämlich eine verlässliche Betreuung, auch in den Ferien.

Ein zweiter, derzeit öffentlich nicht so breit diskutierter Dissens herrscht bei der Frage nach der Zielgruppe. Meist wird nur über Kinder mit Migrationshintergrund gesprochen – aber Tatsache ist, dass auch viele deutsche Kinder mit sehr lückenhaften Sprachkenntnissen die Grundschulen erreichen.

Die Viereinhalbjährigen-Untersuchung in Hamburg soll – ähnlich wie die jetzt von den Bundesgrünen geforderte Vierjährigen-Untersuchung – die Defizite bei allen Kindern aufdecken; so weit, so gut. Aber was danach kommt, ist eben nicht abschließend diskutiert:

– Sprachförderung in der Kita – durch (fortgebildete) Erzieher oder abgeordnete Lehrer? Und dann mit einem oder mehreren kostenlosen Kita-Jahren verbunden?

– Oder in einer – dann ebenfalls wieder kostenlosen – verpflichtenden Vorschule? Und wie werden die dann notwendigen zusätzlichen Betreuungsangebote für die Ferien oder für nachmittags organisiert?

In der Bürgerschaft, so scheint es, dominiert derzeit in allen Parteien die „lehrerorientierte“ Fraktion. Die beiden zuständigen Senatorinnen haben die Frage auch noch nicht entschieden. Der Finanzsenator beobachtet die Diskussion mit Argusaugen, weil sie in jedem Fall teure Folgen hat, freut sich aber vermutlich über jeden Monat, in dem die Sache nicht entschieden wird. Und der Bürgermeister schweigt sich, wie immer in kontroversen Fragen, aus.

Interessante „gemischte“ Vorschläge hat der DGB Hamburg zur Sprachförderung gemacht:

– Die bereits bestehenden 4,5-jährigen Sprachtests sollten für Kinder mit Migrationshintergrund vorgezogen werden, um frühzeitiger entsprechende Unterstützung geben zu können.

– Zugang zur KITA für Kinder mit Migrationshintergrund – unabhängig davon, ob die Eltern arbeiten oder nicht. Hilfreich wäre ein kostenfreies letzte KITA-Jahr.

– Zweisprachigkeit in KITAS und Schulen erhalten oder sogar fördern. Wenn jetzt schon Englisch als Fremdsprache in KITAS oder Vorschulen eingeführt werden soll, müsse bereits vorhandene Mehrsprachigkeit erst recht beibehalten werden.

– Deutschkurse für Eltern von KITA-Kindern. Während die Kinder betreut werden oder lernen, könnten die Eltern parallel Sprachkurse besuchen. Dazu gibt es bereits gut angenommene, erfolgreiche Projekte, die flächendeckend eingeführt werden sollten.

– Mehr Fachkräfte mit Migrationshintergrund in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen

– Berufliche Sprachförderung. Unternehmen sollten verstärkt Sprachkurse als betriebsinterne Weiterbildung anbieten

Wie auch immer das Ergebnis ausfällt – es eilt. 30 % Schülerinnen und Schüler, die nicht lesen und schreiben können, sind ein schlimmes Signal. Und – anders als auf vielen anderen Politikfeldern: Verzögerungen sind bei Kindern nicht einholbar. Jeder Jahrgang, der mangelhaft vorbereitet in die Schule kommt, trägt ein lebenslanges Defizit.

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