SPD will Fußfessel für Sextäter

In der Diskussion um die Sicherungsverwahrung hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion den Hamburger Senat zu schnellem Handeln aufgefordert. „Wenn tatsächlich die Freilassung erwiesenermaßen gefährlicher Gewalt- und Sexualstraftäter unvermeidlich sein sollte, müssen auch neue Instrumente her. Die Aufenthaltskontrolle per elektronischer Fußfessel kann ein wesentliches Element sein, potenzielle Wiederholungstäter vor neuen Taten abzuschrecken und das Entdeckungsrisiko zu erhöhen. Schwarz-Grün in der Pflicht, die Bürger dieser Stadt zu schützen“, sagte SPD-Innenexperte Andreas Dressel.

Die SPD-Fachsprecherin für Justizpolitik, Jana Schiedek, forderte den Justizsenator auf, im Rahmen der Justizministerkonferenz in der kommenden Woche die nötigen Weichenstellungen einzuleiten: „Auch wenn es keinen Entlassungsautomatismus gibt, muss Hamburg gewappnet sein. Es reicht nicht, einfach bestehende Konzepte fortzuschreiben“, sagte die Abgeordnete. Der Senat müsse deshalb unverzüglich ein Maßnahmenpaket erarbeiten, das die Folgen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auf Hamburg herunter bricht.

„Im Sinne der Sicherheit in dieser Stadt hoffe ich, dass Schwarz-Grün sich hier einigen kann“, sagte Schiedek. Bislang hatte Schwarz-Grün auf einen von der SPD vorgestellten Antrag auf Selbstbefassung im Rechtsausschuss ablehnend reagiert. Beide SPD-Abgeordneten verwiesen auf die Antwort des Senats auf eine SPD-Anfrage zu diesem Thema (hier als PDF).

Die Abgeordneten machten erste konkrete Vorschläge, um auf die neuen Gefahren zu reagieren. So solle die bloße Sicherungsverwahrung auf einen gesicherten Behandlungsvollzug umgestellt werden. „Angesichts der geänderten Rechtslage muss der Senat jetzt vom bloßen Wegsperren auf einen qualifizierten Behandlungsvollzug hin umschalten. Therapie, Behandlung, Betreuung – das müssen die Stichworte sein“, so Schiedek. Darüber hinaus sei eine verlässliche Entlassungsvorbereitung notwendig. „Das bedeutet auch, dass Entlassene bei der Suche nach Wohnung und Arbeit schnelle und wirkungsvolle Hilfe bekommen“, sagte Schiedek: „Ein effektives Entlassungsmanagement ist wichtige Voraussetzung, damit ein Entlassener in Freiheit nicht erneut auf die schiefe Bahn gerät. Die Behandlungen müssen draußen ambulant weitergeführt werden.“

Weiter spricht sich die SPD-Bürgerschaftsfraktion dafür aus, die Kommunikation und Zusammenarbeit aller beteiligten Behörden zu verbessern. Unter Achtung des Datenschutzes müssten länderübergreifend alle zuständigen staatlichen Stellen – insbesondere Sicherheits-, Ordnungs- und Vollzugsbehörden – automatisiert auf die Daten der ehemals Sicherungsverwahrten zugreifen können. „Mit einer streng nicht-öffentlichen Datei unter Wahrung der nötigen Datenschutzstandards müssen alle beteiligten Behörden sofortigen Zugriff auf alle nötigen Informationen haben. Das ist nötig, um mögliche Gefahren abwehren zu können“, sagte Dressel: „Hier muss Schwarz-Grün die gegenseitige Blockade beenden und sich aufeinander zu bewegen. Kommunikationsdefizite und Abstimmungspannen zwischen den staatlichen Stellen darf es bei so gemeingefährlichen Tätern nicht geben. Eine öffentliche Straftäterdatei lehnen wir klar ab – aber die Behörden müssen auf alle notwendigen Daten jederzeit zugreifen können“, sagte Dressel.

Das EGMR-Urteil löse zwar keinen Entlassungsautomatismus aus. Es könne aber dazu führen, dass weiterhin als gefährlich eingestufte Täter auf freien Fuß kommen. „Das ist bedauerlich und für viele Menschen nicht nachvollziehbar. Und das stellt die Instrumente der Führungsaufsicht vor neue Herausforderungen“, sagte Dressel. Deshalb müsse der Maßnahmenkatalog erweitert werden. Die Hamburger Polizei sei angesichts ihrer desolaten Personalsituation nicht in der Lage ist, diese Täter rund um die Uhr zu bewachen. „Die elektronische Fußfessel ist ein probates Mittel, um den Aufenthaltsort dieser gefährlichen Sexual- und Gewaltstraftäter effektiv kontrollieren und die Einhaltung der Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht – zum Beispiel Aufenthaltsverbote – wirksam überwachen zu können. Hierfür müssen unverzüglichen die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden. Als Stadtstaat wäre Hamburg hierfür nach Hessen und Baden-Württemberg besonders geeignet. Der Staat ist in seiner Schutzpflicht gegenüber seinen Bürgern gefordert, hier neue Wege zu gehen. Die Menschen in dieser Stadt haben einen Anspruch auf Schutz.“

Schließlich müssten Schutz und Interessen von Opfern mehr als bisher in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt werden: Besonders betroffen von möglichen Entlassungen seien die früheren Opfer der ehemals Sicherungsverwahrten. „Erinnerungen an teilweise furchtbare Erlebnisse brechen wieder auf. Wir brauchen deshalb begleitend zu den Maßnahmen für die Täter auch für die Opfer qualitativ hochwertige, gegebenenfalls auch therapeutische Unterstützung, die ihnen in dieser Phase zu Teil wird“, so Schiedek.

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