Soziale Spaltung wird an Abgangszahlen sichtbar

Der schulpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion Ties Rabe hat auf „teilweise erschreckende Zahlen“ bei der aktuellen Hamburger Schulabgangsbilanz hingewiesen. So hätten etwa in Wilhelmsburg 22,65 der Schulabgänger keinen Abschluss. Gleichzeitig sei die Abiturientenquote in den besser gestellten Stadtteilen weit höher als in den übrigen.

Rabe forderte den Senat auf, regelmäßige öffentliche Bildungsberichte für Hamburg vorzulegen. Diese Berichterstattung könne zur Verbesserung der Schulpolitik beitragen, sagte er am Mittwoch. „Wir brauchen klare Ziel- und Leistungsvereinbarungen für jede Schule. Öffentlichkeit und Parlament brauchen verlässliche Daten, um Schulpolitik überprüfen und optimieren zu können.“ Zurzeit basiere die Hamburger Schulpolitik „in wichtigen Bereichen mehr auf Gefühl und Glaube als auf Fakten und Zahlen“, sagte der SPD-Schulpolitiker.

Rabe hatte in einer Kleinen Anfrage unter anderem für alle Schulen die Zahl und Qualität der Abschlüsse erfragt. Die Antworten des Senats und die daraus resultierende Schulabgangs-Bilanz seien teilweise erschreckend. „Die soziale Spaltung der Stadt zeigt sich gerade bei der Bildung.“ Zwar seien die Schulabschlüsse nicht der einzige, aber der wichtigste Indikator für den Erfolg oder Misserfolg der Schulen. Es könnten aber – neben einer „Bildungslandkarte für Hamburg“ auch positive oder negative Veränderungen in den Schulen besser erkannt werden. Rabe forderte in diesem Zusammenhang, die Entwicklung der Stadtteilschulen dürfe in der aktuellen politischen Diskussion nicht ausgeklammert werden.

Schlusslicht der Statistik ist die Schulregion Wilhelmsburg. Von 565 Schulabgängern schafften 128 keinen Abschluss, das sind 22,65 Prozent. Kaum besser da steht die Schulregion Billstedt/Horn: Von 790 Schulabgängern schafften 173 keinen Abschluss, das sind 21,9 Prozent. Ebenfalls auf den letzten drei Plätzen liegt die Region Lurup/Osdorf: Von 440 Schulabgängern schafften 87 keinen Abschluss, das sind 19,77 Prozent.

Dagegen liegen Schulregionen aus wohlhabenderen Stadtteilen an der Spitze – zum Teil in unmittelbarer Nachbarschaft zu den so genannten Bildungsverlierern. In der Schulregion Othmarschen etwa schafften von 367 Schulabgängern nur drei keinen Schulabschluss, das ist ein Traumwert von 0,82% Schulabbrechern.

Dicht auf liegt die Schulregion Poppenbüttel / Wellingsbüttel: Von 583 Schulabgängern schafften nur acht keinen Abschluss, das sind 1,37%. Ebenfalls in der Spitzengruppe die Region Langenhorn: Von 615 Schulabgängern schafften 12 keinen Abschluss, das sind 1,95%. Spiegelbildlich stellt sich die Zahl der Abiturienten dar. So machten etwa 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler in der Region Othmarschen das Abitur.

Mit Blick auf die weiter hohe Zahl der Schülerinnen und Schüler, die ihre Schullaufbahn ohne Abschluss beenden, forderte Rabe eine intensivere Einbindung der Schulen in die Schulpolitik. In den anstehenden Schulentwicklungskonferenzen müssten die Beteiligten auch über die Senkung der Schulabbrecher-Quote in ihrer Region beraten. Hier gelte es, auf die Einschätzung der Schulen zu hören. Rabe: „Wir erkennen an den Schulregionen die Schwäche unseres Schulsystems: Kinder aus sozial schwächeren Familien werden nicht angemessen gefördert. Diese Daten geben uns die Chance, klare Zielvorgaben zu definieren. Wir wollen und müssen Jahr für Jahr die Zahl und Qualität der Schulabschlüsse verbessern.“

Gleichzeitig wendete sich der SPD-Bildungspolitiker gegen Versuche, die veröffentlichten Daten für ein Schulranking oder Schulformdebatten zu nutzen. „Aussagen über Leistungsfähigkeit und Qualität einer Schule sind nur möglich, wenn die Unterschiedlichkeit der Schüler bei der Bewertung berücksichtigt wird. Diese Komponente fehlt allerdings bislang. Die jetzt vorliegenden Zahlen lassen Rückschlüsse auf die Qualität von Schulen oder Schulformen deshalb nicht zu. Es wäre aber wünschenswert, insgesamt mehr Transparenz über die Leistungen und die Entwicklungen einzelner Schulen herzustellen.“

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