Sexualstrafrecht wird verschärft

Im Interview erläutert Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) die geplanten Maßnahmen gegen Kinderpornografie.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Verschärfung des Sexualstrafrechts beschlossen. Der Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) sieht höhere Strafen unter anderem für die Beschaffung von Kinderpornografie und die Verbreitung bloßstellender Bilder vor. Fragen dazu an SPD-Minister Heiko Maas.

Warum soll das Sexualstrafrecht geändert werden?
Heiko Maas: Kinder und Jugendliche sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Ihr Schutz vor sexueller Gewalt ist ein besonders wichtiges Anliegen. Kinderpornografie ist sexueller Missbrauch. Kinder sind nicht in der Lage, sich gegen solche Gewalt zu wehren und werden traumatisiert. Wir werden Opfer von Sexualstraftaten künftig besser schützen.

Was wird sich mit dem neuen Gesetz ändern?
Heiko Maas: Kinder und Jugendliche bekommen ein Recht darauf, dass Nacktbilder von ihnen nicht im Internet oder auf anderem Weg verbreitet werden. Mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen darf niemand Geld verdienen. Künftig werden wir die unbefugte Herstellung und Verbreitung von Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, unter Strafe stellen.

Vor allem wenn man berücksichtigt, dass das Netz nur selten „vergisst“ und solche Bilder jahrelang im Internet zu finden sind…
Heiko Maas: … und deshalb eine große Belastung für die Betroffenen darstellen. Die Neuregelungen wird auch für einen besseren Schutz vor sogenanntem „Cybermobbing“ sorgen.

Bedeutet das Verbot der unbefugten Herstellung „bloßstellender“ Bilder für Eltern, dass sie das Spielen ihrer nackten Kinder unter der Gartendusche nicht mehr fürs Familienalbum fotografieren dürfen?
Heiko Maas: Nein, wir werden nichts kriminalisieren, was zum Alltag vieler Eltern gehört, wie zum Beispiel das Fotografieren ihrer Kinder am Strand. Sozial übliches und alltägliches Verhalten muss straffrei bleiben.

Im neuen Gesetz soll eine spätere Verjährungsfrist bei Sexualstraftaten festgeschrieben werden. Warum?

Heiko Maas: Weil die Opfer von Sexualtaten oftmals stark traumatisiert sind und Zeit benötigen, um das Geschehene zu verarbeiten und sich auch mit der Frage der strafrechtlichen Anklage der Tat auseinandersetzen zu können. Wir sorgen jetzt dafür, dass die strafrechtliche Verjährung bei Sexualdelikten, insbesondere beim sexuellen Kindesmissbrauch, erst mit Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers beginnt. Damit können alle schweren Sexualdelikte zukünftig nicht mehr vor der Vollendung des 50. Lebensjahrs des Opfers verjähren.

Sexuelle Übergriffe auf Kinder im verwandtschaftlichen Umfeld sind besonders traumatisch, da den Opfern ein Urvertrauen genommen wird. Hier macht das bisherige Gesetz noch einen Unterschied zwischen Schutzbefohlenen und Jugendlichen, für die keine Erziehungsverantwortung besteht: das Schutzalter, also bis zu welchem Alter ein sexueller Missbrauch strafbar ist, liegt bei Schutzbefohlenen höher. Wird sich das nun ändern?
Heiko Maas: Künftig sollen sexuelle Übergriffe auf alle leiblichen oder angenommenen Angehörige strafbar sein – unabhängig von der tatsächlichen Übernahme der Erziehungsverantwortung. Gleiches gilt auch für Personen, die mit Jugendlichen unter 16 Jahren in häuslicher Gemeinschaft leben. Sexuelle Übergriffe, bei denen die fehlende Fähigkeit des Jugendlichen zur sexuellen Selbstbestimmung dem Täter gegenüber ausgenutzt wird, werden strafbar sein.

Auch an Schulen?
Heiko Maas: Hier schließen wir die Lücke, die durch die Rechtsprechung zu den „Vertretungslehrer-Fällen“ entstanden war. Künftig kommt es allein darauf an, dass der Täter in einer Einrichtung tätig ist, der die Erziehung, Ausbildung oder Betreuung von Jugendlichen anvertraut ist; auf das konkrete Anvertrautsein des Opfers kommt es künftig nicht mehr an, so dass sich auch Vertretungslehrer eines sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen im Zukunft strafbar machen können.

Strafgesetze allein können nicht alle Probleme lösen. Wünschenswert wäre, Kinder und Jugendliche zu schützen, bevor sie Opfer werden.
Heiko Maas: Deswegen unterstützen wir auch das Präventionsnetzwerk „Kein-Täter-Werden“. Die Mittel hierfür werden in diesem Jahr um 148.000 Euro auf 535.000 Euro erhöht. Für 2015 ist eine weitere Erhöhung auf 560.000 Euro und für 2016 auf 585.000 Euro vorgesehen. Der beste Opferschutz ist Prävention.

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