Senat: Wo ist der Geheim-Vermerk?

SCHATTENMANN.jpegDer Versuch, Vorgänge um die Ermittlungen gegen die Osmani-Familie aufzuklären, bringt auch andere Versäumnisse des Beust-Senats ans Licht. Eine Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Andreas Dressel ergab jetzt: Seit dem Ausscheiden des damaligen Staatsrats Wellinghausen sind sowohl ein Geheimpapier zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität als auch ein Polizei-Dienstausweis verschwunden.

Der geheime Innenbehörden-Leitfaden zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität bleibt verschwunden. Das ist das Ergebnis auf eine Anfrage des SPD-Innenexperten Andreas Dressel, der Auskunft über möglichen Verwicklungen von Ex-Innenstaatsrat Walter Wellinghausen in den Osmani-Mettbach-Komplex gefordert hatte.

„Auch diese Senatsantwort macht den Fall noch mysteriöser“, sagte Dressel am Mittwoch. Die SPD sehe sich in ihrer Ansicht bestärkt, dass „die schillernde Person Wellinghausen niemals hat Staatsrat der Innenbehörde werden dürfen – und damit weisungsbefugt gegenüber sensiblen Bereichen der Polizei“.

Mit der Antwort des Senats stehe weiter der Verdacht im Raum, dass Wellinghausen nach seinem unrühmlichen Abgang mit geheimen Unterlagen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität durchgebrannt ist. „Keiner weiß, was dieser Mann mit den sensiblen Informationen angefangen hat“, sagte Dressel: „Es ist eine Schlamperei, dass die Innenbehörde nicht schon bei der Entlassung Wellinghausens dafür gesorgt hat, dass solche Dinge das Haus nicht verlassen.“ In diesem Kontext hatte der Parlamentarische Kontrollausschuss seinerzeit eine Rüge in Richtung Behörde ausgesprochen.

Auch der Dienstausweis Wellinghausens ist verschwunden, befindet sich aber – so der Senat – „weiterhin in der Sachfahndung“.

Anlage:

Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Dr. Andreas Dressel (SPD)
Betr.: Staatsrat a. D. Walter Wellinghausen: Was wurde aus dem verschwundenen Leitfaden über verdeckte Ermittlungen gegen die Organisierte Kriminalität?

In Drs. 17/4018 und 17/4113 hat der Senat auf Anfragen des SPD-Abgeordneten Michael Neumann mitgeteilt, dass der frühere Innenstaatsrat Walter Wellinghausen bei seinem Weggang aus der Behörde im August 2003 einen Polizeidienstausweis und einen Vermerk des Landesamtes für Verfassungsschutz nicht zurückgegeben hat; außerdem wurde laut Senatsauskunft in der Innenbehörde ein Leitfaden für bestimmte Bedienstete der Polizei vermisst. Dieses Handbuch soll verdeckte Ermittlungen auch gegen die Organisierte Kriminalität betreffen.
Ich frage den Senat:

1. Auf Nachfragen zu dem vermissten Leitfaden der Polizei hat der Senat seinerzeit lediglich die Auskunft gegeben, mit dem Dokument „sollte den Mitarbeitern einer Polizeidienststelle ein Überblick über Aufgaben und Selbstverständnis der Dienststelle sowie über spezifische Anforderungen an die Vorgangsbearbeitung gegeben werden“ (Drs. 17/4113).

1.1. Trifft es zu, dass das Dokument verdeckte Ermittlungen durch die Polizei betrifft?
a) Trifft es zu, dass der Leitfaden Maßgaben enthält, wie sich V-Leute bei Ermittlungen zu verhalten haben?
b) Trifft es zu, dass die Maßgaben, die der Leitfaden enthält, auch verdeckte Ermittlungen betreffen, die gegen die Organisierte Kriminalität gerichtet sind?
c) Was war Thema, was war Inhalt des vermissten Leitfadens?

1.2. Um was für ein Dokument handelt es sich bei dem später vermissten Leitfaden?
a) Wann war der Leitfaden von wem erstellt worden?
b) Wann hatte Herr Wellinghausen das Dokument erhalten und weshalb?
c) War das Dokument in irgendeiner Weise als vertraulich, geheim o. ä. eingestuft? Wenn ja, durch wen ist es aus welchen Gründen wie eingestuft worden?
d) Wie viele Exemplare gab es von dieser Version des Leitfadens? Wie viele Exemplare gab es insbesondere in den Räumen der Behörde für Inneres?
e) Wann genau ist in der Behörde festgestellt worden, dass der Leitfaden fehlte? Wer hat das festgestellt?
f) Welche Maßnahmen sind veranlasst worden, nachdem festgestellt worden war, dass der Leitfaden fehlte? Wer hat sie wann veranlasst?
g) Wer hat seinerzeit welche Schritte unternommen und wann? Ist insbesondere Herr Wellinghausen auf das Fehlen des Dokuments angesprochen worden? Wann, von wem und mit welchem Ergebnis?

1.3. Der Senat hat darauf hingewiesen, bei dem vermissten Papier habe es sich um einen Entwurf gehandelt, der nicht in Kraft gesetzt worden sei (Drs. 17/4113).
a) Hat der Umstand, dass die vermisste Fassung des Leitfadens letztlich nicht in Kraft gesetzt worden ist, damit zu tun, dass sie verloren gegangen ist?
b) Wurde eine andere Version des Leitfadens in Kraft gesetzt? Wann?
c) Unterscheidet sich das tatsächliche Vorgehen der Polizei in denjenigen Fallkonstellationen, die der Leitfaden behandelt, von den Maßgaben, welche die vermisste Version des Dokumentes enthielt? Gibt es umfangreiche Unterschiede, gibt es Abweichungen in entscheidenden Fragen oder sind die Differenzen zwischen der „Vorgangsbearbeitung“ in der Praxis und den damals formulierten „Anforderungen an die Vorgangsbearbeitung“ eher geringfügiger Natur?

1.4. Welche Bemühungen hat es seit Februar 2004 von welcher Seite gegeben, den vermissten Leitfaden zurück zu erhalten?
a) Ist insbesondere Staatsrat a. D. Wellinghausen darauf angesprochen worden, ob er den Leitfaden in Besitz hat oder hatte? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
b) Hat Staatsrat a. D. Wellinghausen den Leitfaden inzwischen zurückgegeben? Wann und an wen?
c) Hat sich der Leitfaden anderweitig angefunden? Bei wem? Gibt es anderweitige Erkenntnisse, wo er sich befinden könnte?

2. Mit dem Fehlen eines Vermerks des Landesamts für den Verfassungsschutz, den Staatsrat a. D. Wellinghausen nicht zurückgegeben hatte, hat sich der Parlamentarische Kontrollausschuss bereits am 10. Februar 2004 in einer Sondersitzung befasst (PKA-Bericht Drs. 17/4262). Der PKA rügte es seinerzeit als „schweres Versäumnis“, dass nach der Entlassung Wellinghausens nicht „aktiv aufgeklärt“ worden war, wo der Vermerk sich befindet.
a) Welche Bemühungen hat es seit Februar 2004 von welcher Seite gegeben, den Vermerk des Verfassungsschutzes zurück zu erhalten?
b) Hat Herr Wellinghausen den Vermerk inzwischen zurückgegeben? Wann und an wen?
c) Hat sich der Vermerk anderweitig angefunden oder gibt es anderweitige Erkenntnisse, wo er sich befinden könnte?

3. Die mit dem Dienstausweis, den Herr Wellinghausen nicht an die Polizei zurückgegeben hatte, einhergehenden Berechtigungen wurden seinerzeit umgehend aufgehoben.
a) Welche Bemühungen hat es seit Februar 2004 von welcher Seite gegeben, den Dienstausweis zurück zu erhalten?
b) Hat Herr Wellinghausen den Dienstausweis inzwischen zurückgegeben? Wenn ja, wann und an wen?
c) Hat sich der Dienstausweis anderweitig angefunden oder gibt es anderweitige Erkenntnisse, wo er sich befinden könnte?


Antwort des Senats
auf die Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Dr. Andreas Dressel
– Drucksache 18/4786 –

Zu 1.1, 1.1.a) bis1.1.c) und 1.2:
Der Leitfaden behandelt in erster Linie Fragen des Selbstverständnisses, der inneren Organisation und grundsätzlicher Verfahrensfragen der für den Einsatz verdeckter Ermittler damals zuständigen Dienststelle. Im Übrigen siehe Drucksache 17/4113.

Zu 1.2.a):
Der Entwurf des Leitfadens wurde im Laufe des Jahres 2001 unter Federführung des damaligen Leiters der Abteilung „Organisierte Kriminalität“ im Landeskriminalamt erstellt.

Zu 1.2.b):
Der Entwurf des Leitfadens wurde dem damaligen Staatsrat am 4. April 2002 auf dessen Verlangen hin ausgehändigt.

Zu 1.2.c):
Nein.

Zu 1.2.d):
Die Anzahl ist nicht bekannt.

Zu 1.2.e):
Nach Versetzung des damaligen Staatsrates in den einstweiligen Ruhestand und Räumung seines Büros wurde durch den Leiter der Dienststelle „Operative Maßnahmen“ festgestellt, dass der Leitfadenentwurf nicht zurückgegeben worden ist , siehe auch Drucksache 17/4018.

Zu 1.2.f), 1.2.g) und 1.4.a) bis 1.4.c):
Es wurden Behörden intern Maßnahmen zur Klärung des Verbleibs getroffen. Eine fortlaufende Dokumentation der Maßnahmen ist nicht erfolgt. Der Leitfaden wurde nicht aufgefunden.

Zu 1.3.a):
Nein.

Zu 1.3.b):
Ja, am 24. Januar 2006.

Zu 1.3.c):
Der aktuelle Leitfaden ist im Aufbau verändert , inhaltlich erweitert und fortentwickelt worden.

Zu 2.a) bis 2.c):
Die Möglichkeiten und Maßnahmen sind dem PKA dargelegt worden (siehe Drucksache 17/4262). Ein neuer Sachstand hat sich nicht ergeben.

Zu 3.a):
Der verloren gegangene Dienstausweis befindet sich weiterhin in der Sachfahndung.

Zu 3.b) und 3.c):
Nein.

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