Senat verschärft Hamburgs Schwächen

Es könnte Hamburg viel besser gehen: Die Tatenlosigkeit des Senats verschärft die Konjunkturschwäche, die immer wieder groß angekündigte Konjunkturoffensive wurde noch immer kaum umgesetzt, meint die LINKE.

In seiner Regierungserklärung zum Übergang des schwarz-grünen Senats zu einer rigorosen Sparpolitik hat Bürgermeister von Beust darauf verwiesen, dass Hamburg mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 3,5% in 2009 im Bundesvergleich relativ gut abgeschnitten hat.

Auch auf dem Arbeitsmarkt sei der Einbruch weniger schlimm gewesen als befürchtet. Dazu habe auch beigetragen, dass der Senat im Frühjahr 2009 mit der „Hamburger Konjunkturoffensive 2009/2010““ konjunkturell erfolgreich gegengesteuert habe. Diese
„Konjunkturoffensive“ besteht jedoch bislang überwiegend aus wolkigen Ankündigungen: Von den angekündigten Maßnahmen in Höhe von 773 Mio. Euro sind bis zum 15.5.2010 gerade einmal 143 Mio. Euro (18,5%) realisiert worden.

Der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion Dr. Joachim Bischoff kritisiert die konjunkturpolitische Zögerlichkeit scharf: „Wenn in Hamburg der Konjunktureinbruch nicht ganz so drastisch wie erwartet ausfiel, dann nicht wegen des mutigen politischen
Gegensteuerns durch die schwarz-grüne Regierungskoalition, sondern trotz deren wirtschaftspolitischer Tatenlosigkeit. Hätte die Regierung wie versprochen energisch die Konjunkturförderung betrieben, könnte die Hamburger Wirtschaft weit besser dastehen. Der
Senat treibt konzeptionslos durch die Krisenkonstellation und verengt mit jedem Tag, den er an der Macht bleibt, die finanzpolitischen Spielräume und damit die Gestaltungsmöglichkeiten der Hamburger Politik.“

Bei diesen Konjuntkurmaßnahmen handelt es sich zum einen um das vom Bund aufgelegte Konjunkturprogramm II, aus dem Hamburg 230 Mio. Euro zur Verfügung gestellt wurden und das die Stadt um 75 Mio. Euro aufstocken musste. Zum anderen ging es um ein „Hamburger
Konjunkturprogramm“, das im wesentlichen aus zeitlich vorgezogenen Investitionen in Höhe von tatsächlich 210 Mio. Euro (siehe DRS 2250) besteht. Durch Hinzurechnen eh schon bestehender Titelansätze für die damit finanzierten Maßnahmen hat man sich das Volumen dann auf über 400 Mio. Euro hochgerechnet.

Anfang 2010 hat sich Wirtschaftssenator Gedaschko von der Prognos AG in einem teuren Gutachten die segensreichen Wirkungen dieser Antikrisenmaßnahmen bestätigen lassen. „Die Mittel der Konjunkturoffensive leisten ein wertvollen Beitrag zur Abmilderung
der Auswirkungen des konjunkturellen Einbruchs.“

Jetzt stelle sich heraus, dass auch bei der „Hamburger Konjunkturoffensive“ die hohe Kunst der wolkigen Ankündigungen praktiziert wurde, die der schwarz-grüne Senat perfekt beherrscht.

Denn tatsächlich sind von den angekündigten Maßnahmen in Höhe von 773 Mio. Euro (zu dem Verwirrspiel mit den Zahlen siehe oben) zum 15.5.2010 gerade einmal 143 Mio. Euro (18,5%) realisiert worden.

(Konjunkturprogramm des Bundes 61 Mio. von 309 Mio. Euro; Hamburger Konjunkturprogramm: 82 Mio. von 465 Mio. Euro).

Das ist umso bedauerlicher, weil die Hamburger Regionalwirtschaft noch lange nicht die Krise überwunden hat. Auch der Bürgermeister räumte in seiner Regierungserklärung ein, dass trotz wirtschaftlicher Erholung die Zuwächse des Bruttoinlandsprodukts in den nächsten Jahre nur mäßig ausfallen werdend, so dass keinesfalls davon ausgegangen werden kann, durch entsprechend höhere Steuereinnahmen den bis 2013 auf ca. 36 Mrd. Euro anwachsenden Schuldenberg Hamburgs in irgendeiner Weise abzubauen. Deshalb sei
nun ein radikaler Kur swechsel in der Haushaltspolitik notwendig, müssten ab 2011 jährlich 500 Mio. Euro im Betriebshaushalt eingespart werden.

Dieser Kurswechsel wird allerdings durch die Beschneidung der privaten und öffentlichen Nachfrage die regionalen Wirtschaftskreisläufe zusätzlich belasten und zu noch weniger
Wirtschaftswachstum und Steuereinnahmen führen. Hinzu kommt, dass es der Senat gerade in der Krise durch sein Nichtstun versäumt hat, die strukturellen Probleme der Hamburger Wirtschaft anzugehen. Die Zukunft der Hafenwirtschaft ist angesichts des auch in der Zukunft gebremsten Welthandels und Verschiebungen zwischen den großen Umschlagplätzen völlig ungewiss. Statt Investitionen in zukunftsträchtige Dienstleistungsbereiche (Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, Wohnungsbau) hat es der Senat vorgezogen, in
zweifelhafte Leuchtturmprojekte wie die Elbphilharmonie zu
investieren, die zudem noch die zukünftigen Betriebshaushalte mit
ihren laufenden Kosten massiv belasten.

Der Übergang zu einer Sparpolitik ist das Gegenteil dessen, was die
Stadt jetzt braucht. Natürlich müssen alle Ausgabenpositionen in
Betriebs- und Investitionshaushalt auf den Prüfstand. Dabei muss
allerdings gelten, dass Beschäftigte und Dienst- und
Sozialleistungen für die BügerInnen der Stadt nicht zur Disposition
stehen, sondern z.T. sogar deutlich ausgebaut werden müssen – aus
ökonomischen Gründen und zur Bekämpfung der sozialen Spaltung.
Darüber hinaus muss durch massive öffentliche Investitionen in
Bereiche mit großem Nachholbedarf (Infrastruktur, Kindergärten,
Schulen, Universitäten und Wohnen) der Umbau der Hamburger
Wirtschaft eingeleitet und dadurch die regionalen
Wirtschaftskreisläufe gestärkt werden.

Um eine solche Politik nachhaltig entwickeln zu können, ist
allerdings ein radikaler Kurswechsel in der staatlichen
Einnahmepolitik erforderlich. Durch effektiveren Steuervollzug kann
allein in Hamburg die Haushaltslage deutlich verbessert werden.
Darüber hinaus gilt es auf Bundesebene – auch über den Bundesrat –
Initiativen für eine Steuerpolitik zu ergreifen, die die
Einnahmesituation von Bund Ländern und Gemeinden durch eine deutlich
stärkere Belastung von Unternehmens- und Vermögenseinkommen
(Vermögens- Erbschaft- und Einkommenssteuer) auf eine andere
Grundlage stellt.

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