Schulgesetz: Gericht soll Schweinsgalopp stoppen

In Gesprächen über die Änderung des Schulgesetzes, die zur Umsetzung des Volksentscheides vom 18. Juli notwendig geworden ist, haben sich die Fraktionen in der Hamburgischen Bürgerschaft auf einen engen Zeitplan geeinigt. Ob er sich einhalten lässt, ist jedoch fraglich.

Das Änderungsgesetz zum Hamburgischen Schulgesetz wird zur nächsten Bürgerschaftssitzung am 15. September 2010 eingebracht, so dass das Schulgesetz unverzüglich geändert werden kann. Alle Fraktionen werden einer 1. und 2. Lesung an diesem Tag zustimmen, sofern das Verfassungsgericht Hamburg nicht eine einstweilige Verfügung erlässt.

Eine solche einstweilige Anordnung wird jedoch zur Stunde in der Heidelberger Rechtsanwaltskanzlei, die das Verfassungsgericht gegen den Volksentscheid angerufen hat, beantragt. Rechtsanwalt Dr. Lipinski: „Meine Sekretärin ist gerade dabei, den Schriftsatz zu tippen.“

Dabei geht es ihm nicht darum, die geplante Gesetzesänderung komplett zu stoppen: „Unser Antrag richtet sich nur gegen die sofortige Zweite Lesung derjenigen Gesetzesteile, die Gegenstand des – aus unserer Sicht – verfasungswidrigen Volksentscheids waren. Alle sonstigen Änderungen sind hier nicht betroffen.“

Begründet wird die Klage mit „einer Vielzahl von Verstößen“, so der Rechtsanwalt. Das beginnt schon beim ursprünglichen Antrag der Volksinitiative (es wurde gleichzeitig nach dem Erhalt des Elternwahlrechts und der Dauer der Grundschulzeit gefragt – ein Verstoß gegen das sogenannte Kopplungsverbot) und endet beim Stimmzettel für den Volksentscheid, auf dem man mit zwei Ja-Kreuzen gleichzeitig für die vierjährige Grund- und die sechsjährige Primarschule stimmen oder mit zweimal „Nein“ sowohl vier wie auch sechs Jahre ablehnen konnte.

Bei der Prüfung des Antrags auf einstweilige Anordnung wird das Verfassungsgericht noch nicht die Klagaussichten insgesamt abschätzen müssen, sondern sich Gedanken über die Folgen machen: Was würde passieren, wenn die zweite Lesung stattfände, die Gesetzesänderung veröffentlich würde – und das Gericht später den Volksentscheid für unrechtmäßig erklärte? Oder, umgekehrt: Welche Folgen hätte es, wenn das Gesetzgebungsverfahren entschleunigt würde und zuerst Gelegenheit zur Prüfung in der Hauptsache gegeben würde?

Die Bürgerschaftsfraktionen erläutern in gleichinhaltlien Erklärungen, wie sie sich den Fortgang nach der sofortigen Zweiten Lesung vorstellen:

Eine Überweisung an den Schulausschuss findet nachträglich statt.

Mit diesem Verfahren wird erreicht, dass der notwendige rechtliche Rahmen für folgende Maßnahmen getroffen wird:

1) Das Änderungsgesetz enthält eine Übergangsbestimmung, die es ermöglicht, viele der nun nicht mehr notwendigen Fusionen zu stoppen.

2) Es bietet die Möglichkeit, dass Langformschulen zusammenbleiben können.

3) Das Änderungsgesetz enthält eine Übergangsbestimmung, die den Vertrauensschutz für den derzeitigen fünften Jahrgang in den auslaufenden Starterschulen gewährleistet. Die betroffenen Schülerinnen und Schüler können ihren Bildungsgang bis zum Ende der Jahrgangsstufe 6 an diesen Schulen fortsetzen.

Ferner werden die Fraktionen der Bürgerschaft vor dem 15. September 2010 mit Vertreterinnen und Vertretern der Lehrer-, Eltern- und Schülerkammer sowie der Volksinitiative „Wir wollen lernen“ zusammen treffen und über das Änderungsgesetz sprechen.

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