Schule: SPD weiß, was sie nicht will

Wer erwartet oder gehofft hatte, die Hamburger SPD werde ihre Position in der Schulpolitik nach Beendigung des Bundestagswahlkampfs gegen Schwarzgrün dem eigenen Bundesprogramm und Jahrzehnte alten sozialdemokratischen Werten anpassen, sieht sich enttäuscht: Die Genossen wollen in der nächsten Bürgerschaftssitzung einen Antrag zum Schulgesetz stellen, der ähnlich vieldeutig ist wie die Anträge „C 1“ und „C 1 neu“, die zwei Landesparteitage der SPD beschlossen haben. Kernpunkt: Das „Nein“ zur Primarschule.

Eigentlich ist schon bei der Zusammensetzung der AutorInnen des Antrags klar, dass er keine eindeutigen Aussagen enthalten kann: Er ist von Britta Ernst und Ties Rabe (beide Anhänger des Zwei-Säulen-Modells und gegen längeres gemeinsames Lernen) auf der einen, Andrea Rugbarth (für „Eine Schule für Alle“) auf der anderen Seite als Kompromiss-Papier formuliert. Das ist ungefähr so, als würde Jürgen Trittin gemeinsam mit den Chefs von E-on und Vattenfall ein Papier zur weiteren Nutzung der Atomenergie formulieren.

Was herauskommt, sind etwa folgende Positionen:

– die SPD ist für längeres gemeinsames Lernen, aber nicht jetzt, und es darf auch nicht „Primarschule“ heißen. Begründung ist für einen Teil der Partei, dass die Primarschule nicht weit genug gehe (man will EfA), für den anderen, dass…. ja, was eigentlich? Richtig: Sie wird übereilt eingeführt. Und sie hat den schwerwiegenden Nachteil, dass sie von der GAL und nicht von der SPD erdacht wurde.

– die SPD ist für den Erhalt des Elternwahlrechts, wenn nicht (wie heute) nach Klasse vier, weil es da nichts zu wählen gibt, dann eben nach Klasse sechs

– die SPD findet die Idee, auf Sitzenbleiben und Abschulung zu verzichten, dennoch gut (Anm.d.Red.: Eine listige Idee – wenn bei freiem Elternwahlrecht nach Klasse sechs jeder sein Kind aufs Gymnasium schickt, dort aber niemand sitzenbleibt oder abgeschult wird, dann ist das die Schule für Alle, oder?)

– insbesondere die vielen mit der Einführung der Primarschule verbundenen Baumaßnahmen sind der SPD ein Dorn im Auge. Dass die Behörde von durchschnittlich etwa 2,5 Millionen EUR pro Primarschule ausgeht, hält die SPD für falsch; sie rechnet mit 1,2 Milliarden EUR Gesamtkosten und somit mit knapp 15 Millionen EUR pro Primarschule. Anm.d.Red.: Für diesen Preis könnte man vermutlich jede Primarschule samt Räumen für Nachmittagsangebote etc. komplett neu bauen.

Nun ist die Frage, was die SPD in der Bürgerschaft beantragt und wie sie abstimmt, für die Entscheidungsfindung derzeit eher weniger wichtig: Das neue Schulgesetz kann auch ohne die SPD-Abgeordneten beschlossen werden. Aber in der Innenwirkung ist der Antrag einmal mehr verheerend, widerspricht er doch vielen sozialdemokratischen Positionen und – nicht zuletzt – dem derzeit gültigen Bundesprogramm der SPD. Das wurde übrigens ausgerechnet in Hamburg beschlossen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.