Rente mit 70? So ist die Lage im Norden

Schäubles Renten-Plan: DGB-Chef schreibt Mairede um – die Lage der älteren Arbeitnehmer ist dramatisch

Uwe Polkaehn, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Nord (DGB Nord), schreibt seine Rede zum 1. Mai um. Grund ist der Plan des Bundesfinanzministers, die Rente ab 70 einzuführen. „Unsere Leute sind hochempört, es gibt einen Sturm der Entrüstung. Dieser Vorschlag ist eine massive Rentenkürzung und ein Betrug am Beitragszahler. Solche Vorschläge machen nur die, die es sich leisten können, weil sie längst ihre private Schäfchen im Trocknen haben. Arbeitnehmer empfinden solche lebensfernen Vorschläge als eine Verhöhnung ihrer Lebensleistung in einer Arbeitswelt, die immer härter geworden ist. Das Rentenniveau muss steigen, denn im Niedriglohnsektor und mit vielfach unterbrochenen Erwerbsbiografien werden Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet haben, keine Absicherung gegen Altersarmut erlangen können. Wer sein Leben lang gearbeitet hat, dem muss doch mehr in Aussicht gestellt werden als der Gang zum Sozialamt oder Schuften bis zum Krankenbett“, sagte Polkaehn. Derzeit liege das durchschnittliche Renteneintrittsalter bei 61 Jahren, der Anteil älterer Arbeitsloser sei hoch. Für eine längere Lebensarbeitszeit fehle auch das Angebot an alternsgerechten Arbeitsplätzen und die Gesundheitsförderung im Betrieb.

Dazu nannte der DGB Nord folgende Fakten zur Lage der älteren Arbeitnehmer und Rentner im Norden:
• In Schleswig-Holstein ist jeder fünfte Arbeitslose mindestens 55 Jahre alt. 2008 war das nur jeder neunte. Über 20 000 Arbeitslose über 55 Jahren weist die Statistik für SH aus; 2008 waren es noch 12.500. Die durchschnittliche Rente beträgt 1061 EUR für Männer und 524 EUR für Frauen
(Quelle: Rentenversicherungsbericht DRV Bund 2015).
• In Mecklenburg-Vorpommern ist inzwischen fast jeder vierte Arbeitslose mindestens 55 Jahre alt. 2008 war das nur jeder achte. 21 000 Arbeitslose über 55 Jahren weist die Statistik für den Nordosten aus, 2008 waren es noch knapp 16.800. Die durchschnittliche Rente beträgt 1037 EUR für Männer und 711 EUR für Frauen.
• In Hamburg ist inzwischen fast jeder sechste Arbeitslose mindestens 55 Jahre alt. 2008 war das nur jeder zehnte. Knapp 12 000 Arbeitslose über 55 Jahren weist die Statistik für HH aus; 2008 waren es noch 7560 . Die durchschnittliche Rente beträgt 1096 EUR für Männer und 639 EUR für Frauen.

Fakt ist auch:
• Die Mehrheit der Beschäftigten beklagt, dass sie sehr häufig oder oft gehetzt arbeiten und seit Jahren immer mehr in der gleichen Zeit leisten muss.
• 49 Prozent der Beschäftigten geben an, sie seien innerhalb eines Jahres wiederholt auch dann zur Arbeit gegangen, wenn sie sich „richtig krank fühlten“.
• Nur 42 Prozent der Beschäftigten gehen davon aus, dass sie unter ihren derzeitigen Arbeitsbedingungen bis zur Rente durchhalten werden.
• Zwei Drittel der Beschäftigten arbeiten insgesamt pro Woche länger, als in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart wurde.
• Die Nachtarbeit hat deutlich zugenommen.
• Jeder vierte Arbeitnehmer arbeitet regelmäßig am Wochenende.
• Die Zunahme der Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen ist seit 15 Jahren die auffälligste Entwicklung beim Krankenstand.

Mit 29 Maifeiern, Kundgebungen und Demonstrationen wird der „Tag der Arbeit“ 2016 im Norden begangen. Gute Arbeit, Tarifverträge, sichere Renten und der Kampf gegen den Rechtsextremismus stehen diesmal im Mittelpunkt der Veranstaltungen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg. „Zeit für mehr Solidarität: So lautet das bundesweite DGB-Motto zum 1. Mai 2016. Uwe Polkaehn spricht am 1. Mai im schleswig-holsteinischen Bargteheide.

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