Reformscheinriese

JIMKNOPF.jpegDer Bürgermeister als Jim Knopf und die Verwaltungsreform als Scheinriese: So etwa stellt sich dar, was von dem angekündigten „Jahrhundertwerk“ Verwaltungsreform übrig geblieben ist. Heute passierte das Konglomerat abschließend die Bürgerschaft.

Der Senat ist aus Sicht der GAL-Bürgerschaftsfraktion bei der Verwaltungsreform weitgehend gescheitert. Der Senat setzte sich große Ziele: Durchführungsaufgaben sollten bei den Bezirken gebündelt und die Arbeit der Landesbehörden auf die ministerielle Steuerung konzentriert werden. Gleichzeitig strebte der Bürgermeister eine umfassende Reform der Bezirksgrenzen an.

„Mit der Verwaltungsreform war es wie mit dem Scheinriesen aus der Kindergeschichte von Jim Knopf: Je näher sie kam, desto kleiner wurde sie. Es ist erstaunlich, wie Bürgermeister von Beust und Finanzsenator Peiner an parteiinternen Widerständen scheiterten“, erklärt der GAL-Abgeordnete Dr. Till Steffen.

Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform stehen vier Drucksachen, die heute abschließend in der Bürgerschaft beraten wurden: Die grundlegende Drucksache, die insbesondere die zu verlagernden Aufgaben benennt, das Gesetz über die räumliche Gliederung der Freien und Hansestadt Hamburg, das Bezirksverwaltungsgesetz und das Bauleitplanfeststellungsgesetz.

Besonders eindrucksvoll sei das Scheitern des Bürgermeisters im Hinblick auf die geplanten Gebietsveränderungen, betont die GAL: Sprach er bei der Rede vor dem Übersee-Club im September 2003 noch von der Schaffung von 22 Bezirken, wurden daraus im Laufe der CDU-internen Debatte zunächst 15 und dann neun Bezirke. Letzteres scheiterte am Widerstand der CDU Wandsbek, die eine Teilung ihres Bezirks verhindern wollte.

Auch den bescheidenen Plan, an lediglich drei Stellen Gebietsveränderungen vorzunehmen, konnte der Bürgermeister im Hinblick auf Finkenwerder intern nicht durchsetzen. Übrig geblieben sind nur der Wechsel Wilhelmsburgs nach Mitte und die Verschiebung von ein paar Häuserblocks im Schanzenviertel. Steffen: „Nur um überhaupt noch irgendetwas zu verändern, werden hier Verschiebungen vorgenommen, die keinen Beitrag zur Lösung irgendwelcher Probleme darstellen.“

Auch das Ziel einer verbesserten Verteilung der Aufgaben zwischen Senat und Bezirken habe der Senat nicht erreicht. „Wurde der Bürgermeister von den Provinzfürsten gequält, so quälten den Finanzsenator seine Senatskollegen“, sagt Steffen. Diese seien in vielen Fällen nicht bereit gewesen, Kompetenzen abzugeben.

Als Beispiel stechen aus Sicht der GAL besonders die Unteren Straßenverkehrsbehörden heraus. Diese entscheiden über einzelne Verkehrsregelungen, wie z.B. Parkverbote. In Hamburg sind sie bei der Polizei angesiedelt, während in anderen Bundesländern diese Aufgaben von den Kommunen wahrgenommen werden. „Gerade Verkehrsfragen liegen den Bürgerinnen und Bürgern am Herzen, wenn sie sich an die Politik vor Ort wenden“, betont Steffen: „Das Ziel einer sachlich sinnvollen Zuordnung musste jedoch dem Bestreben weichen, auf keinen Fall die nominelle Personalstärke der Polizei zu verringern.“ Mit den Aufgaben hätte man auch Beamte an die Bezirke abgeben müssen.

Von allen drei Fraktionen gemeinsam getragen wird das Bezirksverwaltungsgesetz. In Verhandlungen hatten sie sich einvernehmlich auf Veränderungen am Senatsentwurf geeinigt. Im Ergebnis wird durch dieses Gesetz die Stellung der Bezirke und der Bezirksversammlungen erheblich gestärkt.

Auch die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat dem Gesetz zur Reform der Bezirksverwaltung in seiner neuen, modifizierten Form zugestimmt. Zuvor hatte es erhebliche Änderungen am Senatsentwurf gegeben. „Erst durch die durch die drei Fraktionen gemeinsam ausgehandelten Änderungen führt die Reform zu einer echten Stärkung der Bezirksversammlungen und damit der ehrenamtlichen Mitwirkung in den Stadtteilen“, sagte Jan Quast (SPD). Die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit bei diesem Thema könne Vorbild für andere aktuelle Probleme sein, betonte Quast.

Der Senat habe zwar schon einige Verbesserungen für die Bezirksversammlungen vorgesehen – etwa Anhörungsrechte bei bestimmten Standortentscheidungen oder die Festlegung einer Frist, in der Fachbehörden bezirkliche Anfragen beantworten müsse. „Bei den Mitwirkungsrechten der Bezirksversammlungen plante der Senat aber eine massive Schwächung der Gremien“, sagte Quast. Der Senat habe ursprünglich das Ziel verfolgt, den Gremien nur noch Kompetenz bei Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung zuzubilligen. „Das konnten wir gemeinsam mit den Fraktionen von CDU und GAL verhindern“, freut sich Quast: „Wir sind zudem froh, dass wir die Wahl des Bezirksamtsleiters durch die Bezirksversammlungen nun verbindlicher für den Senat gestalten können, der den gewählten Amtschef nun ernennen muss. Auch das wird die Bezirksversammlungen stärken.“

Aus Sicht der GAL ist besonders positiv, dass künftig klar gestellt ist, dass der Senat Bezirksamtsleiter ernennen muss, wenn sie von der Bezirksversammlung gewählt worden sind. Bisher konnte der Senat sich ohne weitere Gründe weigern, einen gewählten Bezirksamtsleiter zu ernennen. Steffen: „Ein Fall Hornauer kann sich damit nicht wiederholen.“ Der Senat hatte sich im Jahre 2002 geweigert, den von der Bezirksversammlung Altona wiedergewählten Bezirksamtsleiter Hornauer zu ernennen.

Die GAL konnte nach eigener Angabe zusätzlich durchsetzen, dass die Bezirksversammlungen in allen Fragen das Bezirksamt bindende Beschlüsse fassen können und dass auch schon 16-jährige als zugewählte Bürgerinnen und Bürger in die Ausschüsse der Bezirksversammlungen geschickt werden können.

Nicht zufrieden stellend ist aus Sicht der GAL, dass es bei der Abschaffung der Ortsamtsleiter bleiben soll. Die GAL hält sie für wichtig als Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger, Vereine und die örtliche Wirtschaft sowie als Bindeglied zwischen Ortsausschuss und Bezirksamt.

Das Bauleitplanfeststellungsgesetz regelt die Aufgabenverteilung zwischen dem Senat und den Bezirken bei der Erstellung von Bebauungsplänen. Der Senat wollte die Planungs- und Durchführungskompetenz bei evozierten Bebauungsplänen ebenso wie bei den neu geschaffenen Sonderplanungsgebieten völlig in der Stadtentwicklungsbehörde konzentrieren.

Dadurch drohten die Information der Öffentlichkeit und die Beteiligung der gewählten Gremien erheblich verschlechtert zu werden. Auf Initiative von GAL und SPD einigten sich die Fraktionen darauf, eine der Kommission für Bodenordnung ähnliche „Kommission für Stadtentwicklung“ einzurichten die die Planung der Behörde kontrolliert und der Information der Öffentlichkeit dient.

Dazu Claudius Lieven, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der GAL-Fraktion: „Wir konnten eine deutliche Verbesserung erreichen, denn die Information der Öffentlichkeit und die parlamentarische Kontrolle bei besonders wichtigen oder strittigen Bebauungsplänen wird gewahrt.“

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