Platzt die Wahlrechts-Anhörung in letzter Minute?

WAHLphotocase.jpegNachdem der Verein „Mehr Demokratie“ die heutige Anhörung des Verfassungsausschusses zur von der CDU beabsichtigten Änderung des Wahlrechts boykottiert (siehe Meldung von gestern), könnte die gesamte Sitzung platzen. Nach Meinung der GAL wäre die Sitzung ohne die Hauptakteure nämlich sinnlos, die SPD äußerte volles Verständnis: „Niemand muss den Kakao trinken, durch den er gezogen wird!“ – „Mehr Demokratie“ hatte abgesagt, weil die Einladung zu kurzfristig erfolgt und die öffentliche Sitzung nicht öffentlich angekündigt worden sei.

Zu dem Boykott der öffentlichen Wahlrechtsanhörung der Bürgerschaft durch Mehr Demokratie e.V. erklärt Farid Müller, Verfassungsexperte der GAL-Bürgerschaftsfraktion und offenbar etwas fußballfiebrig: „Nachdem Mehr Demokratie e.V. seine Spieler zurückgezogen hat, steht die CDU allein im Strafraum. Das ist eine klassische Abseitsfalle. Selbst wenn die Union heute Nachmittag Punkte macht, werden diese nicht zählen.“

Müller zeigt Verständnis für die Entscheidung der Initiatoren des 2004 erfolgreichen Volksentscheids. Bei einer so kurzen Vorbereitungszeit und ohne Hinweise der Bürgerschaftskanzlei auf die öffentliche Anhörung sei eine Teilnahme unzumutbar.

„Die öffentliche Anhörung ist kein Zugeständnis, sondern verfassungsrechtliche Pflicht. Sie unter Abwesenheit der Öffentlichkeit durchzuführen, könnte gegen die Vorgaben des Verfassungsgerichts verstoßen. Das werden wir gründlich prüfen. Ein regelrechtes Foul ist es, dass der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Langhein (CDU), für keinerlei öffentliche Ankündigung gesorgt hat“, so Müller. Die CDU wird erst dann auf der verfassungsrechtlich sicheren Seite des Spielfelds stehen, wenn sie das Match verschiebt. Das bedeutet, die heutige Anhörung zu wiederholen“, so Müller.

Auch die SPD-Bürgerschaftsfraktion reagierte mit Verständnis auf das Fernbleiben der Wahlrechts-Initiative an der heutigen Anhörung des Verfassungsausschusses: „Dieses parlamentarische Pseudo-Verfahren dient einzig dem Zweck, die ohnehin schon von Partei und Fraktion abgekarteten CDU-Wahlrechtsänderungen nicht angreifbar vor dem Verfassungsgericht zu machen. Dass die Initiativen und ihre Unterstützer bei diesem falschen Spiel nicht mitmachen wollen, ist nachvollziehbar. Keiner muss den Kakao noch trinken, durch den er gezogen werden soll“, erklärten die beiden Innen- und Verfassungsexperten Andreas Dressel und Barbara Duden. Und weiter: „Die Frage muss schon gestellt werden: Wozu soll das Volk noch angehört werden, wenn es doch nur darum geht, den Willen des Volkes im Ergebnis mit Füßen zu treten.“

Die CDU-Ausschussführung habe mit tatkräftiger Unterstützung der Bürgerschaftskanzlei zudem alles dafür getan, dass „möglichst wenige Bürgerinnen und Bürger von der Anhörung erfahren“. So sei die Ausschusseinladung erst drei Tage vorher „irgendwo auf der Homepage versteckt worden.“ Auch eine Ankündigung der Anhörung für die Öffentlichkeit durch die Bürgerschaft sei unterblieben, so Dressel und Duden. Auch daran zeige sich, dass es hier nur um ein CDU-Feigenblatt gehe.

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