Neue Streiks der Kino-Beschäftigten

Mehrere Kinos des Betreibers Cinestar werden derzeit bestreikt. Am 17. und 18. Juli legten Beschäftigte von Cinestar am Potsdamer Platz in Berlin jeweils von 16:30 Uhr bis 3 Uhr morgens die Arbeit nieder. Sie wollen Bewegung in die seit Februar laufende bundesweite Tarifrunde bringen.

Jörg Reichel, Gewerkschaftssekretär für den Kinobereich in ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg, spricht von einer sehr guten Streikbeteiligung. Etwa 30 Mitarbeiter*innen des Filmpalastes im Sony Center hätten die Arbeit niedergelegt. Der Betrieb dort konnte nur mit einer Minimalbesetzung aufrechterhalten werden. Als Streikbrecher wurden „Freunde und Verwandte der Geschäftsführung“ eingesetzt, berichtet Reichel. Für das Unternehmen bedeutet weniger Personal vor allem Einbußen beim Verkauf gastronomischer Artikel. Dieser ist der eigentliche Gewinnbringer für die Kinobranche. Cinestar reagiert mit Aussperrungen: Die am Streik beteiligten Beschäftigten des Cinestar am Potsdamer Platz sind bis zum 22. Juli um 3 Uhr von Arbeitsplätzen und Lohnzahlung ausgeschlossen worden. 

Zum Start vom „König der Löwen“

Gestreikt wurde in Berlin auch im Cinestar am Treptower Park. Hier wurde an beiden Tagen von 9 Uhr bis Mitternacht die Arbeit niedergelegt. Am heutigen Freitag ab 15 Uhr folgen die Cinestar-Beschäftigten in Berlin-Tegel dem Aufruf von ver.di. Am Wochenende sollen drei weitere Großkinos in der Hauptstadt bestreikt werden. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad unter den Beschäftigten der bestreikten Kinos ist hoch: Etwa 70 Prozent gehören ver.di an. Die Arbeitsniederlegungen fallen zusammen mit dem Start von „Der König der Löwen“. Das Remake des Kassenschlagers von 1995 soll in über 700 Kinos in ganz Deutschland gezeigt werden. An mehreren Cinestar-Standorten bundesweit wird es in den kommenden Tagen zu weiteren Warnstreiks kommen. 

ver.di-Verhandlungsführer Holm-Andreas Sieradzki verweist auf das unannehmbare Angebot, das Cinestar Ende Mai vorgelegt hatte. Die darin vorgesehenen Erhöhungsschritte würden nicht einmal die aktuellen Preissteigerungen ausgleichen. Sieradzki: „Wir reden hier also tatsächlich über Lohnverzicht.“ Die von Cinestar angebotenen Tarife bleiben durchgängig unter den 11 Euro pro Stunde, die ver.di als Einstiegslohn in der Branche fordert, welche zum Niedriglohnsektor zählt. Sieradzki, Tarifsekretär im Bundesfachbereich Medien/Kunst/Industrie von ver.di, verweist auf die neue Häuserkategorisierung durch Cinestar, die viele Standorte schlechter stellt. „Die Arbeitgeberseite will Häuser, wo die Beschäftigten besonders aktiv für höhere Löhne eintreten, runtergruppieren. Das fällt den Leuten, die dort arbeiten, genau auf.“

Kampf für faire Arbeitsbedingungen

Cinestar befindet sich in der Übernahme durch das Unternehmen Cinemaxx, das wiederum der Kinokette Vue mit Sitz in London gehört. Die Prüfung durch das  Bundeskartellamt zieht sich hin, wurde nun noch einmal bis Oktober verlängert. Das jetzige Management reagierte auf die Streiks in der laufenden Tarifauseinandersetzung von Beginn an mit Aussperrungen. Seit Juni wurde diese Taktik, um Beschäftigte und Gewerkschaft zu zermürben, weiter verschärft. Aussperrungen wurden seitdem über die Dauer der Streiks hinaus verlängert. ver.di wehrt sich dagegen auch juristisch: Am 30. Juli verhandelt das Arbeitsgericht Berlin über einen Antrag der Gewerkschaft. ver.di möchte, dass das Arbeitsgericht dem Arbeitgeber zukünftig untersagt, bei befristeten Streiks unbefristet und damit auf unbestimmte Zeit auszusperren. Gewerkschaftssekretär Reichel sieht die Streikbewegung längst nicht am Ende: „Wir lassen uns nicht unterkriegen. Der Kampf für faire Arbeitsbedingungen in den Kinos geht weiter.“

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