Morsal: Kein Kulturrabat für Morde

Der Mord an Morsal O. war heute Thema der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft – auf Antrag der Regierungsparteien CDU und GAL, die damit eine Art „Flucht nach vorn“ antraten. Fest steht inzwischen: Die gewalttätigen Übergriffe gegen die junge deutsche Frau aus afghanischer Familie waren bei mehreren Behörden bekannt – seit Jahren. Wirksam geholfen wurde ihr nicht. Die SPD-Abgeordnete Carola Veit machte den heutigen Sozialsenator und früheren Staatsrat Wersich dafür politisch verantwortlich.

Die SPD-Opposition hat Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) für den gewaltsamen Tod der 16-jährigen Morsal O. politisch mitverantwortlich gemacht. „Hier wurde nicht alles getan, ein Mädchen vor Gewalt zu schützen“, sagte die SPD-Jugendexpertin Carola Veit. Alle Stellen seien irgendwann mit Morsal und ihrer Familie befasst gewesen – Jugendhilfe, Schule, Jugendnotdienst, Polizei. „Aber geholfen hat dem Mädchen am Ende niemand.“ Politisch mitverantwortlich sei Wersich; in dessen Zeit als Staatsrat der zuständigen Fachbehörde fallen die Versäumnisse. Morsal war von ihrem Bruder erstochen worden, weil ihm der Lebensstil der Schwester nicht passte.

Für die GAL sprach Nebahat Güçlü; hier die Zusammenfassung im O-Ton:

Der Mord an Morsal O. erschüttert Hamburg nach wie vor. Diese Tat wirft ein dramatisches Schlaglicht auf die Situation vieler Frauen und Mädchen aus traditionell-patriarchal geprägten Familien und Kulturen. Sie hat eine intensive öffentliche Debatte über bessere Schutzmöglichkeiten, die Notwendigkeit der Prävention und bessere Integration in der Stadt ausgelöst. Der Senat hat nun erste Konsequenzen vorgestellt.

Nebahat Güçlü, Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion für Frauen- und Integrationspolitik, äußerte sich dazu in der heutigen Aktuellen Stunde in der Hamburgischen Bürgerschaft:

„Dies ist nicht der erste Mord „Ehrenmord“ in Hamburg und der Bundesrepublik. Er reiht sich ein in eine traurige Kette von über 40 Fällen innerhalb der letzten sechs Jahre in ganz Deutschland. Aber was hat ein Mord mit Ehre zu tun? Egal, was das vermeintliche Motiv war und ist, Mord ist Mord und muss mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden. Es darf keinen Kulturrabatt geben. Die Grundlage für unser aller Zusammenleben bildet unsere Verfassung mit all seinen Werten. Sie sind für alle verbindlich und nicht verhandel- oder teilbar.

Gewalt gegen Frauen ist kein spezifisch muslimisches oder migrantisches Problem und auch kein deutsches, sondern ein globales. Vor über 30 Jahren begann in Deutschland und in einer Reihe anderer Länder der Kampf gegen diese spezifische Form der Gewalt. Das Gewaltschutzgesetz gibt es bei uns aber erst seit 2002.

Parallel wurde die erste große Studie dazu vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben. Über 10.000 Frauen in ganz Deutschland wurden zu ihren Gewalterfahrungen befragt, zusätzlich türkische und osteuropäische Migrantinnen. Demnach haben 40 Prozent der weiblichen Bevölkerung Deutschlands schon einmal körperliche oder sexuelle Übergriffe erlebt – und zwar in einer strafrechtlich relevanten Form. Bei den osteuropäischen Migrantinnen lag diese Rate bei 44 Prozent, bei den in Deutschland lebenden Frauen aus der Türkei bei 49 Prozent. Keine dieser Zahlen ist hinnehmbar. Es muss entschieden dagegen vorgegangen werden.

Die überwiegende Mehrheit von Familien mit Migrationshintergrund lebt ein tolerantes und integriertes Leben in Deutschland. So macht die repräsentative Studie „Viele Welten Leben“ von Prof. Ursula Boos-Nünning und Prof. Yasemin Karakasoglu vom Dezember 2004 deutlich, dass 85 Prozent der befragten jungen Migrantinnen weitgehend zufrieden sind mit ihren Familien und sich durch sie in ihren Freiheiten nicht beschnitten fühlen.

Wer die Berichterstattungen in den deutschen Zeitungen über Stalking und Eifersuchtsmorde genau liest, wird feststellen, dass auch deutsche Frauen massiv von Gewalt betroffen sind. Die Täter sind hier meist auch Deutsche. In diesen Fällen wird nicht ethnisiert. Es heißt dann auch nicht „Ehrenmord“, sondern „Beziehungsgewalt“, „Familiendrama“ oder „Eifersuchtsmord“. Was aber unterscheidet diese? Ich meine nichts. Gewalt ist Gewalt und Mord ist Mord!

Wir brauchen eine breite Allianz von Politik, Migrantenorganisationen, Moscheenvereinen, Beratungsstellen und Regeldiensten. Der Senat hat schnell reagiert. Immer von der Annahme einer potenziell lebensbedrohenden Gefährdung für Mädchen und Frauen bei gewalttätig ausgetragenen Familienkonflikten auszugehen („worst-case“-Szenario), ist der lange notwendige Perspektivenwechsel. Wir begrüßen, dass nun endlich mehr interkulturell geschultes Personal in den Schulen zum Einsatz kommen soll, um die Zusammenarbeit von Schule, Jugendamt und Elternhäusern wirksam zu gewährleisten. Wir erwarten, dass nicht nur die Elternarbeit sondern im nächsten Schritt auch die Jungenarbeit deutlich verbessert wird. Intensive Aufklärungsarbeit im Vorfeld kann helfen, damit aus Brüdern, Vätern, Partnern oder (Ehe-)Männern keine Täter werden. Auch die Verstärkung der Mittel für die interkulturellen Gewaltberatungsstellen ist das richtige Signal. Ich gehe davon aus, dass auch bald das Wohnprojekt speziell für Frauen, die von Zwangsheirat bedroht sind, bald seine Tätigkeit aufnehmen kann. Denn der Schutz von Leib und Leben muss immer Vorrang haben.

Vielleicht werden wir trotzdem Einzelfälle nie ganz verhindern können, aber wir können mit Sicherheit das Risiko reduzieren. Und das ist unser aller Pflicht.“

2 Gedanken zu „Morsal: Kein Kulturrabat für Morde“

  1. ich bin karim bin 15 jahre alt und ich kenne morsal garnicht ich habe nur gehört dass sie von ihre eigene bruder gestochen würde wie kann er das nur tun ich hätte das nie getan egal wie sie ist ein mädchen aus unsere klasse hat uns davon erzählt als ich das hörte war ich so traurig habe immer geweint weil sie mir leid tat ich habe immer in internet geguckt habe manschmal geweint war so traurig bin immer noch traurig ich vermisse dich ich hoffe dass dir gut geht wo du jetzt bist

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