Morsal: Gefährdungseinschätzung mit Todesfolge

Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Carola Veit hat die Kritik der SPD am Behördenhandeln im Fall der 16jährigen Morsal bekräftigt: „Morsal hat auch in den letzten Tagen ihres Lebens wiederholt massive Gewalt erleiden müssen. Verletzungen in Folge dieser Gewalt waren sichtbar und wurden vom Institut für Rechtsmedizin am UKE dokumentiert. Eine Gefährdungseinschätzung mit dem Ergebnis, sie zurück zu ihren Peinigern zu schicken, bleibt völlig unverständlich und nicht zu rechtfertigen“, sagte Veit.

Sie bezog sich dabei auf die Darstellung der politisch mitverantwortlichen Sozialbehörde von Senator Dietrich Wersich.

Wersichs Behördenvertreter hatte im Jugendausschuss ausgeführt, es habe eine „Gefährdungseinschätzung gegeben, die sich an den Erfahrungsszenarien der Mehrheit der Fälle orientierte“. Veit betonte, eine Gefährdungseinschätzung sei „kein statistischer Durchschnittswert, sondern betrifft einen einzelnen Menschen – in diesem Fall einen Menschen mit einer bekannten Leidensgeschichte.“ Dass die massive Gewalt, die Morsal an ihren letzten Lebenstagen angetan wurde, unbemerkt geblieben sein soll, sei nicht zu verstehen.

Veit unterstrich die Position der SPD-Bürgerschaftsfraktion, dass bei Morsal notfalls die nach § 42 Absatz 5 SGB VIII gesetzlich gegebene Möglichkeit einer freiheitsentziehenden Maßnahme im Rahmen der Inobhutnahme hätte erfolgen können und müssen. Der von CDU und GAL wiederholt betonte ‚Freiheitsdrang‘ des Mädchens und ihre ‚Ambivalenz‘ zur Familie hätten eine Grenze. Zumal bisher unklar sei, ob und wie intensiv überhaupt auf das Mädchen eingewirkt worden ist, um ein freiwilliges Bleiben in Obhut zu erreichen.

Veit kritisierte in diesem Zusammenhang auch die – von Senator Wersich unwidersprochene – Darstellung der Sozialbehörde, „verdroschen zu werden bedeutet keine Lebensgefahr“. Genau gesagt hatte der zuständige Dr. Hammer, man habe sich an Erfahrungswerten orientiert und „nicht an einem worst-case-szenario, dass mal in dem einen oder anderen Falle, aus der Gefährdung, verdroschen zu werden, eben eine Lebensgefahr erwachsen kann.“ Hammer hatte eingeräumt, dass hier möglicherweise grundlegend umgedacht werden müsse.

Zudem betonte Veit, eine freiheitsentziehende Inobhutnahme sei laut § 42 (5) SGB VIII möglich, „um eine Gefahr für Leib oder Leben abzuwenden.“ Wer wolle denn bestreiten, fragte Veit, dass Morsals Leib in Gefahr war? „Ihr Leib war mehrfach und schwer verletzt. Die Behörde hat die gesetzlichen Möglichkeiten nicht genutzt, und hierin besteht die politische Mitverantwortung für das Geschehene.“ Dass Senator Wersich sich und seine Arbeit heute – während die Aufarbeitung des Falls Morsal noch läuft – zum wiederholten Male als „Vorbild“ für den Kinderschutz feiere, sei beschämend.

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