Mord an Morsal: Neue Widersprüche

Bei der Aufarbeitung des Mordes an der 16jährigen Morsal O. sieht sich die SPD-Bürgerschaftsfraktion in ihrer Kritik bestätigt. „Der Senat hat Fehler und Defizite eingeräumt – etwa bei der Reaktion der Justiz auf die an Morsal begangenen Gewalttaten. In der Sachaufklärung sind wir darüber hinaus aber noch nicht viel weiter gekommen“, sagte die SPD-Jugendexpertin Carola Veit nach dem Ende der ersten Sitzung des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses zum Fall Morsal. Die Aussage des Senats, die Behörden hätten im Fall Morsal alles richtig gemacht, sei jedenfalls nicht mehr zu halten, betonte die SPD-Abgeordnete.

„Einerseits hat der Senat wiederholt erklärt, den verantwortlichen Behörden sei kein Vorwurf zu machen. Andererseits überbieten sich die Behörden bei der Vorstellung von Absichten zur Veränderung der Rechtslage und zur Verbesserung der Hilfsmöglichkeiten. Das ist zumindest widersprüchlich“, sagte Veit.

Die CDU habe zwar eine offensive Aufklärungsarbeit angekündigt. „Wenn die Nachfragen aber ins Detail gingen, wurden die Senatsvertreter wortkarg“, bedauerte die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Veit. Sie warf dem Senat vor, weit hinter der von der CDU zugesagten Aufklärungsbereitschaft zurückgeblieben zu sein. Das betreffe insbesondere Fragen zu den letzten Tagen von Morsals Leben.

„Es hat konkrete Hinweise auf eine Gefahr für Morsal gegeben – aber die Reaktion der beteiligten Stellen hat ihr Leben nicht retten können. Hier wird ein Schwerpunkt unserer künftigen Aufklärungsarbeit liegen“, sagte Veit.

Die Frage, ob Morsal in den letzten Tagen ihres Lebens durchgängig in der Obhut des Kinder- und Jugendnotdienstes (KJND) war, wollte der Senat nicht beantworten. „Die Polizei hat Morsal wiederholt dem KJND übergeben. Wann genau sie in Obhut genommen war, und ob die Behörden damit die Verantwortung für sie übernommen haben, blieb unbeantwortet“, kritisierte Veit. Sozialsenator Wersich hatte als Grund für seine Aussageverweigerung den Sozialdatenschutz angeführt.

Zuvor hatte der Senat erstmals eingeräumt, dass Morsal zwei Tage vor ihrer Ermordung in der Untersuchungsstelle für Gewaltopfer am Universitätskrankenhaus Eppendorf untersucht worden war. Grund waren Verletzungen, die sie zuvor in ihrer Familie erlitten hatte. Auch hier sei zu klären, welche Konsequenzen erfolgt seien. Jedenfalls sei unverständlich, dass das Mädchen zurück in die Familie geschickt wurde, sagte Veit.

Der Ausschuss wird noch vor der Sommerpause ein weiteres Mal über den Mord an Morsal beraten. „Dabei soll es auch um die Frage gehen, ob die Eingriffsmöglichkeiten der Behörden in vergleichbaren Fällen ausreichend sind“, betonte Veit.

Völlig anders schätzt offenbar die CDU den Fall ein: Sie ließ erklären, der Senat habe „umfassend Auskunft erteilt“, alle Vorwürfe der SPD seien „völlig abwegig“, und keine Behörde könne etwas dafür, dass Morsal O. nicht geschützt wurde, keine Hilfe bekam und schließlich ermordet wurde, während sie sich offiziell in der Obhut des KJND befand.

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