Lurup und Osdorf sind jetzt Gefahrengebiete

Auf „vorbehaltlose Zustimmung“ trifft die Entscheidung der Hamburger Polzei, Lurup und Osdorf zu Gefahrengebieten zu erklären, beim zuständigen Wahlkreisvertreter Stephan Müller (CDU). Der Bürgerschaftsabgeordnete wies darauf hin, dass diese Maßnahme, die eine deutliche Intensivierung der Kontrollen durch die Polizeikräfte zur Folge hat, „dringend geboten“ sei.

Mit einer solchen Gefahrengebiet-Erklärung stellt die Polizei die Bewohner ganzer Stadtteile unter einen Generalverdacht: Weil man keine Ahnung hat, wer als Täter infrage kommt, darf man jeden anhalten und kontrollieren. Im aktuellen Fall geht es um Brandstiftung; achten Sie darauf, dass Sie nicht zum Beispiel einen Reservekanister UND ein Feuerzeug in Ihrem Kofferraum mitführen, wenn Sie durch Osdorf fahren!

Müller sieht aber die Ergreifung des Brandstifters (und die Sicherheit der Bürger) als wichtiger an: „Angesichts der bislang rund 60 Kleinbrände ist in den betroffenen Stadtteilen in Altonas Norden eine erhebliche Verunsicherung der Bevölkerung eingetreten. Eine immer wieder gehörte Frage lautet: Wann beschließt der Feuerteufel, dass ihm die bisherigen, leicht einzudämmenden Brände nicht mehr genügen? Die Verstärkung der Kontrolle muss deshalb gezielt darauf ausgelegt sein, den oder die Täter zu fassen. Die Gefahren möglicherweise nur vorübergehend zu minimieren, wie von Polizeisprecher Ralf Meyer zur
Begründung der Maßnahme angeführt, reicht den Bürgern in den betroffenen Stadtteilen allein nicht aus.“

Wesentlich kritischer hatte sich die LINKE bisher zu „Gefahrengebieten“ eingelassen. Wir dokumentieren hier noch einmal eine Kleine Anfrage aus dem Januar 2009:

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache 19/2110
19. Wahlperiode 29.01.09

Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (Fraktion DIE LINKE) vom 29.01.09

Betr.: Gefahrengebiete in Hamburg

Das Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung vom 16. Juni 2005 hat mit § 4 Absatz 2 PolDVG die Ermächtigungsgrundlage für die Einrichtung von sogenannten Gefahrengebieten geschaffen, in denen die Polizei „Personen kurzfristig anhalten, befragen, ihre Identität feststellen und mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen“ darf. Die Gefahrengebiete werden von der Polizei anhand ihrer Lageerkenntnisse zeitlich und örtlich festgelegt; die verdachtsunabhängigen Kontrollen von Personen in diesen Gebieten, die ganze Stadtteile in Hamburg betreffen, sind ein gravierender Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Menschen, die sich in diesen Gebieten aufhalten beziehungsweise in diesen Gebieten arbeiten und leben.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1.
In der Drs. 19/848 werden unter „V. Praxis der verdachtsunabhängigen beziehungsweise lageabhängigen Kontrollen“ 34 Gefahrengebiete aufgelistet. Welche Gefahrengebiete bestehen seit dem 1. Halbjahr 2008 beziehungsweise sind neu eingerichtet worden? Bitte wie in der Drs. 19/848 (Seiten 14 fortfolgende) nach Ort, Zeit, Lageerkenntnissen, Erhebungszeitraum, Anzahl der angehaltenen Personen, Anzahl der Identitätsfeststellungen, Anzahl der Durchsuchungen beziehungsweise der Inaugenscheinnahmen mitgeführter Sachen auflisten.

2.
Wie groß sind die jeweiligen Gefahrengebiete in der Fläche? Bitte detailliert seit dem zweiten Halbjahr 2005 die Straßennamen auflisten, die das jeweilige Gefahrengebiet eingrenzen.

3.
Wie hat sich die Anzahl der Identitätsfeststellungen, Aufenthaltsverbote, Platzverweise, Gewahrsamnahmen und Straftaten in den Gefahrengebieten seit dem ersten Halbjahr 2008 entwickelt? Bitte wie in der Drs. 19/848 (Seiten 17 fortfolgende) ausweisen.

4.
Aufgrund welcher Datenerhebungen werden die Lageerkenntnisse in der Innenbehörde erstellt?

5.
Welche Ämter beziehungsweise Abteilungen der Innenbehörde sind an der Einrichtung von Gefahrengebieten beteiligt beziehungsweise entscheiden über die Einrichtung von Gefahrengebieten?

6.
Werden auch Gefahrenprognosen des Landesamtes für Verfassungsschutz in die Lageerkenntnisse mit einbezogen? Wenn ja, in welchen Fällen und aufgrund welche Rechtsgrundlage? Wenn nein, warum nicht?

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