Lufthansa: Erst klagen, um Recht zu kommen?

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat angesichts der Erfahrungen eines Verbrauchers den Eindruck, dass die Lufthansa berechtigte Ansprüche von Kunden erst nach Klage erfüllt.

Mitte Oktober 2009: Bald 18 Stunden musste Herr B. aus Hamburg in Los Angeles auf seinen bei der Lufthansa gebuchten Flug nach Hamburg warten. Erst mit einer Verspätung von 16,5 Stunden traf er in Hamburg ein. Eigentlich ein klarer Entschädigungsfall!

Nach EU-Recht bekommen Kunden bei Verspätung oder Ausfall von Flügen eine Ausgleichszahlung. Deren Höhe ist nach der Entfernung gestaffelt. Danach hätten Herrn B. 600 Euro zugestanden. Als er sich an die Lufthansa wandte und um die Ausgleichszahlung bat, wurde er abgebügelt. Zunächst hieß es, dass die nur bei „Annullierung“ eines Fluges geschuldet seien, nicht aber im Falle einer „Verspätung“. Dann hieß es, dass „technische Defekte“ die Ursache für die Verspätung gewesen seien – und dafür könne man leider nichts.

„Alles falsch“, sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Am 12. November 2009 (Xa ZR 97/07) habe der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass „technische Defekte“ keine außergewöhnlichen Umstände sind, die eine Fluggesellschaft von der Verpflichtung zu einer Ausgleichszahlung befreien. Und am 18. Februar 2010 (Xa ZR 95/06) habe der BGH festgelegt, dass es für die Ausgleichszahlung keine Rolle spielt, ob die verspätete Heimkehr des Fluggastes auf einer Annullierung oder einer Verspätung des gebuchten Fluges beruht. Dennoch hielt die Lufthansa an ihrer Zahlungsverweigerung fest.

Im April 2010 schaltete Herr B. die Verbraucherzentrale ein – doch auch ihr gegenüber stellte sich die Lufthansa stur. Erst, nachdem ein Anwalt Klage erhoben hatte, knickte das Unternehmen ein: Man werde die Ausgleichszahlung nebst Zinsen leisten und die vor Gericht angefallenen Kosten erstatten, alles dies aber nur „aus kundendienstlichen und prozessökonomischen Gründen“.

Eine Übernahme der vorgerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten des Fluggastes wurde dagegen weiterhin verweigert: Es sei doch klar gewesen, dass die Lufthansa zur Zahlung nicht bereit war; Herr B. hätte sich gleich an das Gericht wenden sollen, nicht aber erst an die Verbraucherzentrale und einen Rechtsanwalt. Hierüber wird das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek nun zu entscheiden haben
(Az.: 713D C 255/10).

„Uns beschleicht ein böser Verdacht: Ist es die Strategie der Lufthansa, offenkundig berechtigte Ansprüche abzuwimmeln in der Hoffung, dass die meisten Passagiere entnervt aufgeben?“, so Castelló. Die Empfehlung der Verbraucherzentrale lautet daher:

Bei Verspätung oder Flugausfall sofort zum Anwalt gehen und Klage einreichen! Erst wenn die Zusatzkosten für Anwalt und Gericht kräftig steigen, wird die Lufthansa vielleicht ihre kundenfeindliche Blockadehaltung aufgeben und die berechtigten Ansprüche ihrer Kunden zügig erfüllen.

Hinweis: Telefonische Beratung zum Reiserecht: Mo – Do 10 – 18 Uhr Tel. 09001-77 54 42 (1,50 €/Min. aus dem dt. Festnetz, mobil abweichend). Persönliche Beratung: Di 10 – 18, Mi + Do 10 – 14 Uhr.

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