Letztes Kita-Jahr, Vorschule: Ab Herbst beitragsfrei

Das klingt auf den ersten Blick nach einer guten Nachricht: Insgesamt sollen Hamburgs Familien um 14 Millionen EUR entlastet werden, verkündet der Senat. Zum Teil handelt es sich dabei allerdings um eine Mogelpackung, kritisiert die Opposition.

Das sind die beschlossenen Maßnahmen:

Ab 1. September 2009 entfallen im Jahr vor der Einschulung die Elternbeiträge für halbtägige Betreuung in Kita, Tagespflege und Vorschule. Zudem müssen sich Eltern im Wohngeld-Bezug künftig nicht mehr am schulischen Büchergeld beteiligen. Für Tagesmütter und -väter übernimmt die Stadt zudem rückwirkend zum 1. Januar 2009 50 Prozent der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Sozialsenator Wersich sieht darin ein deutliches familienpolitisches Signal: „Familien werden finanziell entlastet und die frühe Förderung von Kindern unterstützt. Damit unterstreichen wir die hohe Priorität der vorschulischen Betreuung und Bildung in Hamburg.“ Und Schulsenatorin Christa Goetsch: „Mit einer guten Betreuung und frühen Förderung der Kinder wird der Grundstein gelegt für einen erfolgreichen Bildungsweg. Denn auf den Anfang kommt es an. Mit der heute beschlossenen Maßnahme sind wir in diese Richtung einen großen Schritt weitergekommen.“

Für die SPD kritisiert Familienexpertin Carola Veit:

Zu den Tagesmüttern: „Der Senat tut so, als handele es sich bei der Übernahme eines Teils der Kranken- und Pflegeversicherungskosten um eine schwarzgrüne Wohltat. Die Wahrheit ist: Seit dem 01.01.2009 ist die Stadt nach dem SGB VIII verpflichtet, die Hälfte der Kranken- und Pflegeversicherung zu übernehmen. Der Senat hat in Wahrheit mehr als ein Jahr gebraucht, diese seit langem beschlossene bundesgesetzliche Änderung, die sich aus Steueränderungen ergibt, umzusetzen. Das ist nun wahrlich kein Ruhmesblatt, sondern Schlamperei auf Kosten der Hamburger Tagesmütter.“

Die seit langem angekündigte bessere Bezahlung und Qualifizierung der Tagesmütter bleibe Senator Wersich dagegen schuldig.

Zur Kostenfreiheit im fünften Kita-Jahr bzw. der Vorschule: Dass die vom CDU-Senat eingeführten Vorschulgebühren jetzt wieder gekippt werden, sei richtig; Schulgeld habe es vor von Beust in Hamburg nicht gegeben, und es sei gut, dass es nun wieder abgeschafft werde.

Auch die Beitragsfreiheit für Fünfjährige in Kitas sei ein richtiger Schritt, der längst überfällig war. Veit: „Andere Länder sprechen schon über die Beitragsfreiheit der 4- und 3-jährigen. Und unsozial ist, dass das Essensgeld bestehen bleibt. Gebühren im Bereich der sozialgesetzlichen Leistungen zeichnen sich üblicherweise dadurch aus, dass sie sozial gestaffelt sind. Das ist hier nicht so, alle zahlen einheitlich 13 Euro. Sozial ist das nicht.“

Und sie erinnert: „Das kostenfreie warme Mittagessen für die Kinder unserer Stadt war immer ein wichtiges Anliegen und übrigens auch ein Wahlversprechen der GAL. Aber offenbar sind der GAL inzwischen die Fleischtöpfe des Senats wichtiger sind als die Suppenschüsseln in den Kindertagesstätten.“

Weiter stellt Veit fest, dass die Schulsenatorin zwar die Notwendigkeit der „frühen Förderung“ der Kinder betone, diese durch die heute verkündeten Maßnahmen aber nicht verbessert würde. Veit: „Dadurch, dass das letzte Jahr kostenfrei wird, werden weder mehr Kinder gefördert (fast 100% der Fünfjährigen sind bereits in Kita oder Vorschule), noch wird die Qualität verbessert. Das ist aber dringend notwendig. Insbesondere in den sozialen Brennpunkten brauchen wir dringend kleinere Gruppen, um die Kinder besser zu fördern. Für die Grundschulen hat der Senat dies verstanden – in den Kitas leider noch nicht“.

Hier die Maßnahmen, die der Senat beschlossen hat, im Einzelnen:

+ Kostenlose fünfstündige Betreuung in Kita, Tagespflege und Vorschule

Kinder zwischen drei und sechs Jahren haben in Hamburg einen Rechtsanspruch auf täglich fünfstündige Betreuung und Förderung in einer Kindertageseinrichtung. Im Jahr vor der Einschulung können Kinder diesen Rechtsanspruch in einer Vorschule einlösen. Diese fünfstündigen Betreuungs- und Förderangebote in Kita und Vorschule werden ab 1. September 2009 im Jahr vor der Schulpflicht beitragsfrei sein. Bei Kindern, die länger als fünf Stunden in einer Kita betreut werden, werden die Beiträge entsprechend gesenkt. Für Familien bedeutet das eine finanzielle Entlastung von bis zu 192 Euro monatlich.

Auch Familien, deren Kind durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater betreut wird, werden im Jahr vor Beginn der Schulpflicht entlastet. Die Beitragsbefreiung bei der Kindertagespflege umfasst bis zu 30 Wochenstunden und führt zu einer maximalen Entlastung von 211 Euro/Monat.

Insgesamt werden durch die Beitragsbefreiung rd. 15.000 Familien entlastet (rd. 9.000 im Bereich Kita/Tagespflege, rd. 6.000 im Bereich Vorschule).

+ Keine Eigenbeteiligung für Schulbücher im Wohngeld-Bezug

Einkommenswache Familien, die Wohngeld beziehen, werden mit Beginn des neuen Schuljahres von der Eigenbeteiligung für Schulbücher befreit. Das entspricht etwa 6.500 Familien.

+ Unterstützung für Tagesmütter und –väter: Beteiligung an den Versicherungskosten

Aufgrund der bundesweiten steuerlichen Neuregelungen sind Tagesmütter und -väter, die bislang z.B. in der Familienversicherung beitragsfrei waren, seit 1. Januar 2009 verpflichtet, bei Überschreitung einer gewissen Einkommensgrenze eine eigene Kranken- und Pflegeversicherung abzuschließen. Die Stadt Hamburg wird sich an den Kosten beteiligen und die Hälfte der angemessenen Versicherungsbeiträge übernehmen. Dadurch werden rd. 600 Tagesmütter und -väter in Hamburg, die von der Neuregelung negativ betroffen sind, finanziell entlastet werden. Die hälftigen Versicherungsbeiträge werden rückwirkend zum 1. Januar 2009 übernommen. Anträge sowie weitere Informationen gibt es u.a. bei den bezirklichen Tagespflegebörsen.

Die gesetzliche Regelung zur Kostenfreiheit des letzten Betreuungsjahres vor der Schule bedarf vor Inkrafttreten der Zustimmung der Hamburgischen Bürgerschaft. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde heute dem Parlament zugeleitet.

5 Gedanken zu „Letztes Kita-Jahr, Vorschule: Ab Herbst beitragsfrei“

  1. Das wurde auch Zeit – immerhin hatten die Schwarzgrünen doch all diese Wohltaten schon mit dem Koalitionsvertrag und dann im Haushalt verkauft, und das ist alles viele Monate her.

  2. Danke – nirgends sonst findet sich ein Hinweis, dass Beust die Vorschulgebühren ja erst eingeführt hat. Und wenn das Büchergeld jetzt für einige Schüler erlassen wird, ist das auch o.k., aber von Beust war Bildung in Hamburg für alle kostenlos.

  3. Ich wohne in MV, aber leider heißt es bei meiner Tagesmutti plötzlich, es stehen keine Gelder zur Verfügung, um den monatl. Beitrag zu halbieren, obwohl alle Anträge durch sind und mündliche Zusage vom Amt gegeben wurde. Mein Sohn kommt in genau einem Jahr zur Schule, die Vorschule wird bei der Tagesmutti gewährleist, aber ich zahle trotzdem den vollen Beitrag. Kann jemand genaue Auskunft geben???

  4. Meine frage zur Vorschulgebühr aus 2008 ist ob ich diese Gebühr zurück verlangen kann, oder sonst Steuerlich geltend machen kann. Wir haben uns leider für die Vorschule entschieden, und unsere Tochter aus der KITA genommen. Wir finden es einfach ungerecht das die KITA steuerlich absetzbar ist, aber die Vorschulgebühr anscheinend nicht. Warum müßen wir Eltern eigentlich für die Bildung unserer Kinder zahlen? In anderen Ländern ist dies nich üblich. Die Abschafung der Vorschulgebühr ist ein Anfang, aber nicht das Ende, es muß noch mehr getan werden um Familien zu fördern, und die Geburtenrate zu fördern (mehr Kindergeld, kinderfreundlichere Mietwohnungen, mehr steuerliche Entlastungen etc.).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.