Lehrstellen: Längst nicht für alle!

Auch dieses Jahr gehen trotz der Erfolgsmeldungen in den Medien viele Jugendliche leer aus. Sie landen in sogenannten berufsvorbereitenden Maßnahmen, und die Bugwelle der „Altbewerber“ wächst. Die Anzahl der gemeldeten Ausbildungsplätze ist in Hamburg in den letzen 14 Jahren um 19,3 % zurückgegangen. Hinzu kommt, dass kaum Ausbildungsplätze für Hauptschüler angeboten werden.

Um die Anstrengungen von Handel und Handwerk zu unterstreichen wurden kurzfristig noch zusätzliche Ausbildungsplätze ins Netz gestellt. Die LINKE hat nachgeschaut: Bei der Hamburger Online-Lehrstellenbörse der Handelskammer wurden 522 Lehrstellenangebote gefunden. Nur 51 Angebote richten sich ausdrücklich auch an Hauptschüler. Bei 28 dieser Stellen müssen sie mit Realschülern konkurrieren. Nur 23 davon richten sich ausschließlich an Hauptschüler und werden teilweise von öffentlichen Trägern angeboten. Allein bei 179 Angeboten ist Hochschul- bzw. Fachhochschulreife Voraussetzung.

Dazu erklärt die bildungspolitische Sprecherin Dora Heyenn: „Es könnten noch tausend weitere Ausbildungsplätze angeboten werden. Für die, die dringend einen Platz suchen, ist einfach nichts dabei. Das Drama ist, dass durch diese Praxis die Zahl der Jugendlichen ohne Berufsperspektive jedes Jahr wächst.“

Experten gehen für Hamburg bereits von 15.000 Jugendlichen aus. Mit den Begriffen „ausbildungswillig“ und „ausbildungsfähig“ grenzt man die Schwächsten aus und schönt damit die Statistik. Bei der Arbeitsagentur werden damit rund zwei Drittel der Suchenden aussortiert, nur ein Drittel gilt als ausgewiesene BewerberInnen. Darüber hinaus erschwert die Verdrängung durch die besseren Schulabschlüsse die Situation erheblich: Wo früher Haupt- oder Realschule ausreichte, verlangt man heute Abitur.

Das Bundesverfassungsgericht hat am 10.12.1980 erklärt: „Die Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen liegt bei den Arbeitgebern.“ Aber nur 3 % aller Mitgliedsbetriebe der Handelskammer und nur 15% der Handwerkskammer bilden in Hamburg aus.

Dora Heyenn: „Wir können nicht jedes Jahr weiter zuschauen. Die Situation erfordert Maßnahmen der Wirtschaft und der Politik. Im dualen System und im schulischen Berufsbildungsbereich müssen neue Wege gegangen werden. Das sind wir den Jugendlichen einfach schuldig.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.