Landstromversorgung: Nichtstun wird teuer

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat den Senat aufgefordert, die vorhandenen Prüfergebnisse zur Umsetzung von Landstromanbindungen im Hamburger Hafen vorzulegen. Der Senat dürfe nicht endlos prüfen, sondern müsse aktiv werden. Nur so könne er eine Schadenersatzklage der Europäischen Kommission zu verhindern. Auch die LINKE drängte zur Eile.

Die SPD-Abgeordnete Anne Krischok kritisierte in diesem Zusammenhang, CDU und GAL wollten zum Thema Landstromversorgung eine erneute Prüfung bis Ende des Jahres durchführen. „Fakt ist aber, dass Hamburg die entsprechende europäische Richtlinie einen Tag später komplett in Hamburger Landesrecht umsetzen muss. Dies ist seit vier Jahren bekannt. Der Senat muss handeln, damit die Europäische Kommission Hamburg nicht wegen Untätigkeit vor dem Europäischen Gerichtshof auf Schadenersatz verklagt“, sagte Krischok. Die SPD fordere daher den Senat auf, den notwendigen Gesetzesentwurf bis zum 30. September vorzulegen.

Krischok verwies darauf, dass bereits seit Dezember 2007 eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema arbeitet, an der neben den Behörden die Firmen Vattenfall, Germanischer Lloyd, HafenCity Hamburg GmbH, Siemens und der Industrieverband Hamburg beteiligt sind. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist eine technische Machbarkeitsstudie einschließlich einer ersten Schätzung der Kosten zur Landstromversorgung für Kreuzfahrtschiffe in Hamburg. Laut Senatsangaben befindet sich die Studie in der Endabstimmung zwischen den Beteiligten. „Warum wissen die Koalitionsfraktionen dies nicht?“, fragt Krischok.

Sie verwies darauf, dass dieses Thema bereits in der vergangenen Legislaturperiode sowohl vom Stadtentwicklungs-, Umwelt- und Wirtschaftsausschuss behandelt worden war. CDU und GAL stellten bereits Anfang 2008 einen Prüfantrag an den Senat, wo unter anderen geprüft werden sollte „inwieweit eine landseitige Stromversorgung der im Hamburger Hafen liegenden Seeschiffe realisierbar ist“. Krischok kommentiert die Antragserneuerung von CDU und GAL mit den Worten: „Offenbar gehen die Regierungsfraktionen davon aus, dass der eigene Senat erst nach wiederholten Aufforderungen tätig wird“.

Für die LINKE kritisierte Dora Heyenn erneut die Untätigkeit des Senats, der sich „wie gewohnt“ auf Prüfaufträge beschränke: „Die Zeit drängt, was die Emissionen im Schiffsverkehr anbelangt. Im Antrag von CDU und GAL wird ausgeführt, dass durch die billigen Schweröle insbesondere der Ausstoß von SO2, Ruß und Feinstaubpartikeln eine erhebliche Belastung für Mensch, Tier und Umwelt herbeigeführt wird.“

Ein mittelgroßes Schiff stößt mehr Schadstoffe aus, als eine Flotte von rund 1.000 LKW’s, so Heyenn. Die Schiffe im Hamburger Hafen trügen zu 60% zur verkehrsbedingten Luftbelastung bei. Während die internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und die EU bereits den Ausstieg aus dem Schweröl beschlossen haben, werde in Hamburg hingegen noch geprüft, kritisierte Heyenn: „Die Regierungsfraktionen haben einen Antrag eingebracht: Landstrom für Hamburg. Und wie immer bei diesen Anträgen soll in erster Linie geprüft werden. Dabei müsste der Senat mit dem Prüfen eigentlich schon fertig sein.“

Bereits am 7.11.2008 bekam der GAL-Abgeordnete Becker auf eine schriftliche Kleine Anfrage die Antwort, dass derzeit die Machbarkeit einer landseitigen Stromversorgung an den Kreuzfahrtterminals geprüft werde.

„Wann sind Sie denn mit dem Prüfen fertig – oder heißt das eigentlich hinausschieben? Zum anderen scheint – wenn sie denn durchgeführt wurde – diese Prüfung dillettantisch vorgenommen worden zu sein. Ein einziger Rechtsstreit reichte um den Bau am Kreuzfahrtterminal in Altona zu stoppen.“

Diese Entscheidung sei nicht überraschend gewesen, viele Fachleute hatten gewarnt und einige sogar in Zweifel gezogen, „ob in dem Projekt Hafencity es überhaupt gelingen kann, Leben und Wohnen direkt am Wasser mit regem Schiffsverkehr zu vereinbaren. Auf genehmigungsrechtliche Probleme in diesem Zusammenhang wurde bereits vor Jahren hingewiesen. Diese Formel, die schwarz-grüne Regierung verbindet Ökologie mit Ökonomie, die funktioniert so lange nicht, bis sie sich durchgerungen haben, was Priorität haben soll.“

„Und da wir schon bei den Kreuzfahrtschiffen sind. Es ist schön anzusehen, wenn sie im Hamburger Hafen einlaufen und sie haben auch einen hohen touristischen und damit wirtschaftlichen Effekt für diese Stadt, aber man darf auch nicht die Augen davor verschließen, welch einen enormen Energiebedarf sie haben. Im Schnitt verbrauchen sie so viel Strom wie ein Warenhaus – im Schnitt! Die ‚Queen Mary‘, diese Königin unter den Kreuzfahrtschiffen, hat eben auch einen königlichen Stromverbrauch. Experten vergleichen ihn mit dem Bedarf einer Kleinstadt.“

Heyenn verwies darauf, dass man in Schleswig-Holstein bereits früher über Landstrom und Alternativen nachgedacht und auch Maßnahmen ergriffen habe, Lübeck sei mit Landstrom ausgestattet. „Die Emissionen in den Häfen müssen verringert werden, dafür ist Landstrom eine gute Möglichkeit. Aber auch auf See müssen die Emissionen drastisch zurückgefahren werden. Fakt ist, dass der Schiffsverkehr in Europa zu 90% der Verursacher der Schwefelemissionen ist“, deshalb bestehe dringender Handlungsbedarf.

„Verstehen Sie mich nicht falsch, ein Hafen ohne Schiffe ist kein Hafen. Wir müssen auch alles tun, damit viele Schiffe den Hamburger Hafen anlaufen, aber wir sind auch in der Verantwortung, das umweltverträglich zu gestalten. Laut einem Gutachten droht 2015 in Hamburg eine Überschreitung der Grenzwerte zur Reinhaltung der Luft.“

Heyenn kritisierte abschließend, dass der Senat auch hier Pilotprojekte mit privaten Partnern durchführen möchte und prüfe statt zu handeln: „Punkt vier ist dann der Höhepunkt der Prüferitis. Zurzeit wird geprüft wie und wann und mit welchen Aufgaben ein Stadtwerk in Hamburg eingeführt werden kann und gleichzeitig soll jetzt geprüft werden wie das Stadtwerk bei der Landstromversorgung einbezogen werden kann.

Eile ist geboten und der Senat prüft schließlich schon seit November letzten Jahres die land¬seitige Stromversorgung von Schiffen. Sie müssen in die Puschen kommen“, schloss Heyenn.

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