Klagdrohung gegen Hochtief ist Eingeständnis

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die Ankündigung des Senats begrüßt, im Baukonflikt um die Elbphilharmonie nicht weiter auf juristische Mittel gegenüber dem Baukonzern Hochtief zu verzichten. Die Ankündigung des Senats sei richtig, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Peter Tschentscher. Sie sei zugleich aber „das Eingeständnis, dass es zwischen der Stadt und Hochtief nicht das Einvernehmen gibt, für das Schwarz-Grün 30 Millionen Euro Steuergeld als Einigungssumme gezahlt hat“.

Dennoch äußerte sich Tschentscher zurückhaltend zu den Erfolgsaussichten des angekündigten Vorgehens von Seiten der Kulturbehörde. „Die Kulturbehörde hat das Millionen-Bauprojekt nicht im Griff. Sie ist – nach den bisherigen Erfahrungen – baufachlich und juristisch überfordert.“ Darüber könne auch eine scharfe Rhetorik gegenüber dem Baukonzern nicht hinwegtäuschen. Der Senat müsse daher aufpassen, dass neben den gestiegenen Baukosten nicht auch noch unnötige Gerichtskosten entstehen, „weil die Kultursenatorin über den Sachstand in der Frage der Terminpläne nicht richtig informiert ist“, wie Tschentscher sagte.

Im Streit um die Mehrkosten beim Bau der Elbphilharmonie hatte die SPD-Bürgerschaftsfraktion bereits Anfang Februar die Plausibilität der Forderungen des Baukonzerns in Frage gestellt und das Eingehen des Senats auf überzogene Forderungen von Hochtief kritisiert. „Das Baumanagement und die Strategie des Senats im Baukonflikt Elbphilharmonie ist gescheitert“, hatte Tschentscher am 5. Februar gesagt. Statt Millionen Steuergelder als so genannte Einigungssumme auszugeben, hätte der Senat die überhöhten Forderungen des Baukonzerns zurückweisen und den Baukonflikt vor ein Schiedsgericht bringen müssen.

Ähnlich äußerte sich der kulturpolitische Sprecher der LINKE, Norbert Hackbusch:

„Bis heute hat sich der Senat strikt geweigert ein Schiedsgericht zu bemühen. Wir fragen uns, warum der Senat bislang vehement dagegen argumentiert hat, und sich jetzt auf eine juristische Auseinandersetzung einlässt. Das bestätigt den Eindruck, dass der Senat nach wie vor keine souveräne Verhandlungsposition eingenommen hat“, betont Norbert Hackbusch.

Im Zuge der Verhandlungen zum „Nachtrag 4“ Ende 2008 hatte es der Senat abgelehnt ein Schiedsgerichtsverfahren anzustrengen, weil ein solches Verfahren zu Verzögerungen führen würde. Damals wollte der Senat das Prozedere so schnell wie möglich abhaken und bezahlte einen Großteil der strittigen Forderungen des Baukonzerns. Die Kosten explodierten auf 323 Mio. Euro.

„Allzu deutlich ist die Verantwortung der Landesregierung für das finanzielle und politische Desaster von der ersten Stunde an. Der Senat hat unter dem Jubel von CDU, SPD und GAL ohne ausreichende Abklärung der planerischen und kostenseitigen Rahmenbedingungen die Ausschreibung des neuen Wahrzeichens auf den Weg gebracht. Das zeigt wie notwendig ein Parlamentarischer Untersuchungsausschusses ist, um die wahren Sachverhalte lückenlos aufzuklären und die verantwortlichen Stellen und Entscheidungsträger zu benennen“, ergänzt Dr. Joachim Bischoff, haushalts- und stadtentwicklungspolitische Sprecher.

Die Ursachen der Kostenexplosion und Verzögerungen:

– von Beginn wurde an aus wahltaktischen Erwägungen auf eine möglichst schnelle Ausschreibung gesetzt, obwohl die Pläne nicht im Ansatz ausgereift waren;

– es wurden unklare Verträge geschlossen und mit der Dreiteilung der Zuständigkeit (ReGe, Architektenbüro, Baukonzern) dem Chaos auf der Baustelle Tür und Tor geöffnet;

– die sich früh abzeichnenden Kostenerhöhungen Ende 2007 wurden mit Blick auf die wenige Wochen später anstehende Bürgerschaftswahl erst spät im Jahr 2008 zu gegeben;

– die angestrebte Generalbereinigung der Verträge im Nachtrag 4 Ende 2008 konnte offenkundig nicht realisiert werden, insofern sind weitere Nach- und Veränderungsmeldungen und Budgetüberschreitungen die Folge.

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