Kita-Gebühren: Viele Kinder werden abgemeldet

In der öffentlichen Anhörung des Familien-, Kinder- und Jugendauschusses vom 25. Mai war von Seiten der Regierungsfraktionen zu hören, keiner wolle, dass Kinder vom Hort abgemeldet würden. Die Realität sieht ganz anders aus: Der Landeselternausschuss (LEA) hat Hamburgs Kitas um Rückmeldungen zu definitiven Abmeldungen und Stundenreduzierungen gebeten. Bisher sind zwar erst 51 Kitas dieser Bitte nachgekommen, aber von diesen melden 37 Kitas 54 Fälle, in denen die Betreuungszeit reduziert wurde und
118 komplette Abmeldungen von der Kita oder vom Hort.

Und diese Abmeldungen vom Hort betreffen nicht nur die „großen“ Kinder, sondern durchaus in der Breite
auch Erst- bis Drittklässler. Nach Aussage der Kitas sind darunter viele Geringverdiener-Familien. Mit Änderung der Beiträge Ende August 2010 erwarten sie weitere Abmeldungen.

Auch Elementar- und Krippenkinder werden abgemeldet und viele Eltern geben an, auf die günstigere Tagespflege ausweichen zu wollen. Viele Eltern seien auch noch im Gespräch mit ihren Arbeitgebern, inwieweit sie ihr Arbeitszeitmodell ändern können, um unabhängiger von der Kita zu werden. Es gibt auch
Absichtserklärungen von Eltern einer Kita, nur noch einen Fünf-Stunden-Gutschein zu beantragen und für den restlichen Bedarf gemeinsam eine oder zwei Tagesmütter zu verpflichten. Dies ginge zu Lasten der Kitas und der vom Senat geplante Ausbau der Tagespflege käme voran, die Nachfrage wird ja offensichtlich
steigen.

„Damit haben wir genau das, was wir befürchtet haben“, meint Claudia Wackendorff vom LEA. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerät hier zur Farce. Eltern müssen sich verbiegen, um beides realisieren zu können. Und man sieht: Gebühren sind und bleiben Zugangsbarrieren. Eltern entscheiden sich jetzt zugunsten kostengünstigerer Alternativen gegen den Bildungsort Kita.“

Auch Jan Gebert, Gründer der Facebookgruppe „Gegen die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren“ bedauert das: „In der Tat sehr schade – aber auch wir haben unsere Kinder abgemeldet.“ Auch er zieht jetzt die günstigere Tagespflege vor. Gehen die Abmeldungen so weiter, kann es vom Senat ja auch so ausgelegt
werden, dass es gar keinen realen Bedarf für einen weiteren Kita-Ausbau gäbe. Das wirkt sich natürlich günstig für den Kita-Etat aus, geht aber völlig an der Realität Hamburger Familien vorbei.

Diese Kinder, von deren Abmeldungen oder Vertragsänderungen der LEA erfahren hat, mögen zwar prozentual zu allen Kindern im Kita-Gutscheinsystem noch eine Minderheit sein. Aber bei welchen Zahlengrößen fängt das Unrecht an? Der LEA vertritt den Standpunkt, dass jedes Kind ein Recht auf Bildung und die damit verbundene Chancengleichheit für seine Zukunft hat. Diese Rechte werden hier kolossal beschnitten. Wir unterstützen den Verband SOAL in seiner Forderung vom 26.05.2010: „Hamburg braucht nicht seitenlange politische Erklärungen, warum gespart werden muss, sondern das bedingungslose Bekenntnis zur Kindertagesstätte als erstem Bildungsort – denn Bildung ist mehr als Lernen.“

2 Gedanken zu „Kita-Gebühren: Viele Kinder werden abgemeldet“

  1. Hallo,
    mein Sohn ist 8 Jahre alt und kommt in die 3. Klasse. Bisher wurde er nach der Schule 2 Stunden im Hort betreut. Jetzt sollen wir statt 90 Euro im Monat zukünftig (mit der Essensgelderhöhung) 209,- € bezahlen. Diese Erhöhung für eine 2-stündige Betreuung ist nicht tragbar. Also haben auch wir fristgerecht gekündigt! Nun bin ich gezwungen, ihn alleine zur Schule zu schicken und ebenfalls alleine nach Hause gehen zu lassen. Bisher habe ich ihn mit dem Auto gebracht (das hatte ich auch für dieses Jahr noch so geplant), konnte in Ruhe zur Arbeit fahren und auch mal ne halbe Std. länder bleiben. Jetzt ist das nicht mehr möglich, da ich keinen Zeitpuffer mehr habe. Ich fange früher an, arbeite punktgenau meine 5 Std. und hetze dann nach Hause um möglichst zeitgleich mit ihm dort anzukommen. In den Ferien werden wir ihn wohl zeitweise in ein Feriencamp geben müssen. Denn durch die Kündigung haben wir ja auch keinen Anspruch mehr auf eine Ferienbetreuung.
    Es lebe das familienfreundliche, sozialverträgliche Hamburg, dass viele Eltern wohl zukünftig dazu „zwingt“ einfach zu Hause zu bleiben, statt Arbeiten zu gehen und Steuern zu zahlen.

    Typisch ist auch, dass mir keiner sagen kann, weder der Hort, noch das Amt, ob ich eigentlich auf Grund der Gebührenerhöhung ein Sonderkündigungsrecht habe. Kann mir das jemand beantworten?

    Vielen Dank!

    Mel

  2. Mel:

    Das hängt davon ab, was für einen Vertrag sie mit ihrer Kita geschlossen hat. Entweder einen, der gar keine Vertragsanpassung für den Fall, dass es eine Änderung der Verhältnisse, also der Familieneigenanteilsverordnung gibt, vorsieht. Dann ist sie sowieso weiterhin nur verpflichtet, den alten Beitrag zu bezahlen!

    Oder einen, der eine Anpassung vorsieht. Dann ist wahrscheinlich im Vertrag selbst auch eine Sonder- oder Änderungskündigung vorgesehen. Wenn nicht, kommt es auf den genauen Vertrag an, wie der auszulegen wäre. Bei einer über 100%-igen Erhöhung scheint mir allerdings eine außerordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen.

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