Kein Kompromiss: „Kann-Kinder“ müssen zahlen

Bei der zunächst groß angekündigten Beitragsfreiheit für die Kindertagesbetreuung für Fünfjährige will der Senat kompromisslos bleiben: Sogenannte „Kann-Kinder“ müssen auch im letzten Jahr vor der Einschulung zahlen. CDU- und GAL-Fraktion, die angesichts öffentlicher Proteste gegen die Regelung „Nachbesserung“ gelobt hatten, blieben im Schulausschuss angekündigte Vorschläge schuldig.

„Bis zu 2000 ‚Kann-Kinder‘ jährlich werden nicht von der kommenden Beitragsfreiheit in den Kitas und bei der Tagespflege profitieren – anders als in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein müssen ihre Eltern zahlen“ – mit diesen Worten hat Carola Veit, Kita-Expertin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, das Ergebnis des gestrigen Schulausschusses der Bürgerschaft kritisiert. Der Senat bleibe bei seiner, so Veit, „ungerechten Regelung“, für die es keine Begründung gebe.

„Mit dem Hinweis des Senats, Eltern könnten ihre ‚Kann-Kinder‘ ja auf die Vorschule schicken, unterläuft der Senat zudem die Wahlfreiheit der Eltern zwischen Kita und Vorschule.“ Die Aussagen aus Schul- und Sozialbehörde hätten deutlich gemacht, dass offenbar eine Lenkung mittels Gebührenpolitik „weg von der Kita hin zur Schule gewollt“ sei, so Veit: „Der Elternwille interessiert CDU und GAL dabei nicht“. Die SPD-Fraktion wird für die kommende Sitzung der Bürgerschaft am 10./11.06.2009 einen Antrag vorlegen, der die Kann-Kinder in Kita und Tagespflege für das letzte Jahr vor der Schulpflicht ebenfalls beitragsfrei stellt. Die erforderlichen Mittel dafür sind bereits im Haushalt vorhanden.

Veit bekräftigte ihre Kritik am Senat, dass von einer derartigen Einschränkung bei der Beitragsfreiheit im letzten Jahr vor der Schulpflicht im Vorfeld nie die Rede war. Die einschränkende Formulierung, die die Eltern von so genannten Kann-Kindern weiter zahlen lassen soll – also von Kindern, die nach dem 30. Juni eines Jahres sechs Jahre alt werden, werde dennoch im August desselben Jahres eingeschult werden – findet sich weder in der Pressemeldung des Sozialsenators und der Schulsenatorin noch in der Bürgerschafts-Drucksache, sondern allein im Text des Gesetzentwurfes selbst. „Nur auf Nachfrage im Familienausschuss ist die Wirkung dieser Regelung überhaupt bekannt geworden. Im Koalitionsvertrag und in der Regierungserklärung des Bürgermeisters wurde die Beitragsfreiheit für das letztes Kita-Jahr für alle Kinder explizit versprochen.“

Veit verwies darauf, dass mit dem Beschluss des Doppel-Haushalts 2009/2010 Mittel für die Beitragsfreiheit für den kompletten Jahrgang von Kindern zur Verfügung gestellt worden seien – „und nicht nur für 85 Prozent der Kinder.“

Allein die Bezugnahme des Gesetzentwurfes zur Beitragsfreiheit auf § 38 Absatz 1 des Hamburgischen Schulgesetzes schaffe die Einschränkung, dass die Eltern von „Kann-Kindern“ weiter Beiträge zahlen müssten. „Ein Kind, das zum Beispiel am 15. Juli Geburtstag hat und im August eingeschult wird, war genauso lange in der Kita wie ein Kind, das am 30. Juni Geburtstag hat und im August zur Schule kommt“, so Veit. Dass der Senat plane, diese Kinder ungleich zu behandeln, sei nicht nur unverständlich, sondern auch willkürlich.

Der Argumentation von CDU und GAL, dass das Verfahren einer möglichen Rückerstattung der Beiträge an Eltern zu bürokratisch sei, widersprach Veit: „Beim Auszahlen haben CDU und GAL Angst vor Bürokratie – beim Eintreiben von Büchergeld und Studiengebühren kennen sie diese Angst nicht.“ Zudem verwundere diese Argumentation angesichts entsprechender Erstattungs-Regelungen in Hamburgs Nachbarländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

Veit betonte die Wichtigkeit der elterlichen Wahlfreiheit zwischen Kita und Vorschule, für die es gute pädagogische Gründe gebe: „Diese Wahlfreiheit darf nicht durch die ungerechte Gebührenpolitik des Senats unterlaufen werden.“ Wenn die „schleichende Abschaffung“ der Wahlfreiheit zwischen Kita und Vorschule das politische Ziel sei, solle der Senat sich öffentlich dazu bekennen. Das Ziel einer besseren Verzahnung von Kita und Schule, der Begegnung „auf Augenhöhe“ und gemeinsamer Bildungsarbeit stelle Senatorin Goetsch durch eine solche „Kampfansage“ allerdings wieder in Zweifel. „Da macht sie zwei Schritte zurück“, so Veit. Sie betonte, dass zur Zeit 60 Prozent der fünfjährigen den Kindergarten besuchten – „weil ihre Eltern sich dafür entschieden haben“.

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