Kann-Kinder: Schwarzgrün bleibt hart

Damit wirklich alle Hamburger Kinder künftig im letzten Jahr vor der Einschulung von Kita-Gebühren befreit werden, wie es der Senat angekündigt hatte, schlug die SPD vor, auch die sogenannten Kann-Kinder von Gebühren zu befreien (wie in allen anderen Bundesländern, die das letzte Kita-Jahr beitragsfrei gestellt haben). Nein, sagt die schwarzgrüne Mehrheit, nicht mit uns: Wer nach dem 1. Juli sechs Jahre alt wird und ab August die erste Schulklasse besucht, der zahlt das letzte Kita-Jahr allein.

Hier sind die beiden Positionen im jeweiligen O-Ton

GAL: Alles noch einmal ausführlich beraten

„Wir wollen den gesamten Fragenkomplex rund um die Einschulung noch einmal intensiv im Parlament beraten. Maßgeblich für unsere Entscheidungen bleibt immer die Frage, was kind- und entwicklungsgerecht ist“, sagte Michael Gwosdz, bildungspolitischer Sprecher der GAL-Fraktion am Mittwoch.

So sei eine flexiblere Einschulung, beispielweise mit zwei Stichtagen pro Halbjahr, denkbar. Aber auch die generelle Verlegung des Stichtages in den Herbst, so dass im Juli und August geborene Kinder schulpflichtig werden, stehe zur Diskussion. Allerdings gebe es fundierte Hinweise, dass um ein Jahr vorzeitig eingeschulte Kinder auch am Ende der Schulzeit noch Rückstände gegenüber den anderen Kindern aufweisen. „Daher werden wir die Einschulungsmodalitäten kurzfristig nicht aus der Diskussion um die Gebührenfreiheit für Kann-Kinder ändern. Aber es kann am Ende der Beratungen um die Schulgesetznovelle eine veränderte Situation geben, die zumindest für einen Teil der betroffenen Eltern auch zu einer finanziellen Entlastung führen kann“, betonte Gwosdz.

Mit Blick auf die zurückliegende Diskussion um die Beitragsfreiheit für die Kann-Kinder sagte die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der GAL-Fraktion, Christiane Blömeke: „Immerhin kommen rund 15 000 Kinder und ihre Eltern in den Genuss der Beitragsfreiheit. Zusammen mit der betreuten Primarschule ist das eine gewaltige Entlastung für Eltern. Es wäre schön, wenn der Gesamtkomplex der Entlastungen und das Wohl aller Kinder von den Eltern gesehen und vor die eigene Betroffenheit gestellt werden. Angesichts knapper finanzieller Ressourcen haben für mich Maßnahmen zum Platzausbau und Qualitätsverbesserungen in Kitas Vorrang vor weitergehenden Beitragsabsenkungen und -befreiungen.“

In dem Zusammenhang machten Blömeke und Gwosdz gleichzeitig deutlich, dass es eine rückwirkende Beitragserstattung für die Kann-Kinder zum jetzigen Zeitpunkt vor Beratung der Schulgesetznovelle nicht geben werde. Denn diese erzeuge neue Probleme: Erstens ist sie ungerecht gegenüber Eltern, die die Möglichkeit nicht nutzen, ihr Kind als Kann-Kind ein Jahr früher einzuschulen. Zweitens erzeugt dies einen finanziellen Anreiz zur vorzeitigen Einschulung, der aus pädagogischen Gründen nicht sinnvoll ist.

SPD-Antrag: Beitragsfreiheit auch für Kann-Kinder schaffen!

„Bis zu 2000 so genannte ‚Kann-Kinder‘ jährlich sollen nicht von der kommenden Beitragsfreiheit in den Kitas und bei der Tagespflege profitieren – anders als in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein sollen ihre Eltern zahlen“ – kommentiert Carola Veit, Familien-, Kinder- und Jugend-Expertin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, die Situation vor der Abstimmung in der morgigen Bürgerschaftssitzung. Das betrifft etwa 15 Prozent jeden Jahrgangs, der nach dem Willen von CDU und GAL nicht in den Genuss der Beitragsfreiheit im letzten Kita-Jahr kommt.

Die SPD-Fraktion stellt deshalb einen Zusatzantrag zur Abstimmung, mit dem auch die Kann-Kinder beitragsfrei gestellt werden sollen. Die Finanzmittel dafür sind im Haushalt bereits vorgesehen, denn nach den ursprünglichen Plänen sollten alle Kindern ein beitragsfreies letztes Jahr vor der Schule bekommen.

Veit bezeichnete die vom Senat geplante Regelung als „inhaltlich falsch und ungerecht“ und appellierte an die Abgeordneten von CDU und GAL, sich dem SPD-Antrag anzuschließen. „Es ist keine Schande, hier einzusehen, dass der Ansatz des Senats falsch ist – besser jetzt als gar nicht. Die Gesetze werden in der Bürgerschaft beschlossen, und wenn eine Vorlage des Senats falsch ist, dann haben wir gemeinsam die Pflicht, das zu korrigieren!“

Veit verwies auf eine nachgereichte Übersicht der Sozialbehörde: Demnach sehen von sieben anderen Ländern, die bisher eine Beitragsfreiheit im Jahr vor der Einschulung eingeführt haben, sechs diese Beitragsfreiheit auch für die Kann-Kinder vor. Dort werden eventuell zuviel geleistete Beiträge den Eltern im Nachhinein erstattet.

Als Kann-Kinder werden Kinder bezeichnet, die nach dem 30. Juni eines Jahres sechs Jahre alt werden, aber dennoch im August desselben Jahres eingeschult werden und damit genau so lange einen Kindergarten besucht haben, wie andere – künftig beitragsfrei gestellte Kinder – auch. Veit bezeichnete die jetzt kommende Regelung als „unverständlich und willkürlich“: „Ein Kind, das zum Beispiel am 15. Juli Geburtstag hat und im August eingeschult wird, war genauso lange in der Kita wie ein Kind, das am oder vor dem 30. Juni Geburtstag hat und im August zur Schule kommt „, so Veit.

„Mit dem Hinweis des Senats, Eltern könnten ihre ‚Kann-Kinder‘ ja auf die Vorschule schicken, unterläuft der Senat die Wahlfreiheit der Eltern zwischen Kita und Vorschule.“ Der Senat wolle offenbar eine Lenkung mittels Gebührenpolitik „weg von der Kita hin zur Schule gewollt“ sei, so Veit: „Elternwille und Wahlfreiheit sind hohe Güter“. Veit betonte, dass zur Zeit 60 Prozent der fünfjährigen den Kindergarten besuchten – „weil ihre Eltern sich dafür entschieden haben“.

Ankündigungen von Seiten der CDU und der GAL zu möglichen Regelungen im Rahmen der Schulgesetznovelle kritisiert Veit scharf: „Mal eben so nebenbei die Schulpflicht vorzuverlegen, ohne dies pädagogisch begründet und gesellschaftlich diskutiert zu haben, mal abgesehen von fehlenden Rahmenbedingungen, ist mehr als abenteuerlich. Das ist auch überhaupt nicht nötig. Nötig ist nur, die Gesetzesvorlage so anzupassen, dass das beitragsfreie Jahr für alle Kinder gilt. Dazu bedarf es lediglich der Streichung eines Wortes im Gesetzentwurf des Senats. Ich appelliere an CDU und GAL, dem Antrag der SPD-Fraktion zuzustimmen – für eine Regelung, die unsere Nachbarländer und weitere aus guten Gründen praktizieren.“Die GAL-Bürgerschaftsfraktion will im Rahmen der parlamentarischen Beratung des Schulgesetzes die fachliche Diskussion über die flexible Einschulung und das jahrgangsübergreifende Lernen fortsetzen. In diesem Kontext soll auch die öffentliche Debatte über die sogenannten Kann-Kinder aufgegriffen und die Stichtagsregelung zur Schulpflicht mit Fachleuten beraten werden.

8 Gedanken zu „Kann-Kinder: Schwarzgrün bleibt hart“

  1. Wissen Sie eigentlich, was das im Klartext für uns bedeutet? Wir haben nunmehr im Nachhinein keine Wahlmöglichkeit mehr, die Vorschule aus Kostengründen (wir zahlen monatlich 340 Euro!!!) zu wählen. Die Vorschulen sind voll, ebenso die Hortbetreuung für Vorschulkinder. Es macht wütend wie mit Gesetzmäßigkeiten umgegangen wird. Ewig haben wir auf das kostenfreie letzte Kita-Jahr gewartet und nun der Hammer – natürlich kurz vor knapp – diese Unschlüssigkeit tut unserer Familie gerade richtig gut!

  2. Komisch das sich kein Protest der 2000 Eltern erhebt. Demo , Öffentlichkeit etc.
    Na das werde ich auf jeden FAll nicht so leicht vergessen.
    4000 Euro aus der Tasche gezogen.
    jetzt reichts.

  3. Das ist das Letzte. Eine Anfrage aus der letzten Woche bei den Grünen ergab, dass diese immer noch bei ihrer Meinung bleiben. Viel schlimmer, ich haben mittlerweile herausbekommen dass es im nächsten Jahr dazu kommen kann, dass in unserer zuständigen Grundschule zu wenig Plätze zur Verfügung stehen und unser Sohn evtl. keinen Schulplatz bekommt weil er ein Kann-Kind ist. Alle seine Hort-Freunde gehen in die Schule, werden sich gemeinsam freuen, werden vom Hort daruf vorbereitet und nur er darf nicht mit, weil er 11 Tage zu spät geboren wurde! Das kann nicht im Sinne der Kinder sein.

  4. Eltern – sammelt Euch!
    Schliesst Euch dem Elternbündnis an. Wer sich mit dem Thema eingehend befasst, wird zwangsläufig darüber fallen, dass hier jemand einfach nicht zu Ende gedacht hat. Oder hat die grüne Politikerin Angst, dass Gesicht zu verlieren??

  5. Ich finde das alles schon echt komisch… Es gab mal eine zeit da hat die Regierung rumgeheuelt das die Geburtsrate runter geht und jetzt muß man schon aufpassen wann man die Schwangerschaft ansetzt um einen Finanzielen vorteil zu bekommen. Wir zahlen ca.400€ jeden Monat für die Kita da ist es ja wohl nur Fair das so ne Familien deren Kinder als Kann Kinder auf die Welt kommen das letzt Jahr genauso frei bekommen wie alle anderen… Zumal haben wir doch eine Schulpflicht in Deutschland , also ist es auch die pflicht der Regierung uns als Familien zu unterstützen egal ob Muss oder Kann Kind….

  6. Die Kann-Kind Regelung ist absurd.
    Wer legt eigentlich jenen Stichtag (30.06.) verbindlich fest? Hätte ja auch der 7.7, der 8.8. oder sonstwas sein können.
    Warum nimmt man nicht den Tag der Einschulung als Stichtag?
    Es ist nicht nachvollziehbar, wie ein solches bürokratisches Monster geschaffen werden konnte – wahrscheinlich von Menschen,
    die keine Kinder haben. Es muss wenigstens die Möglichkeizt geschaffen werden, mit dem „Bescheid zur Einschulung“ bereits
    geleistete Zahlungen erstattet zu bekommen!
    gez. Vater eines Kann-Kindes!

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