Hartz IV-Fortentwicklungsgesetz tritt morgen in Kraft

Morgen tritt das Hartz IV-Fortentwicklungsgesetz in Kraft, das unter anderem verschärfte Vermögensanrechnungen, Sanktionen, Kontrollen und Unterhaltspflichten vorsieht. Künftig geht die ARGE z.B. dann von einer gegenseitig unterhaltspflichtigen eheähnlichen Gemeinschaft aus, wenn die Personen seit mindestens einem Jahr zusammen leben. Wer etwa aus Kostengründen mit einem guten Bekannten in einer Wohngemeinschaft lebt, muss nun selbst beweisen, dass der Mitbewohner nicht der Lebenspartner und damit auch nicht unterhaltspflichtig ist.

In Hamburg lebten nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit im Juni 06 115 138 Bedarfsgemeinschaften, darunter 19 824 Bedarfsgemeinschaften mit zwei Personen, 12 269 mit drei Personen, 7 285 mit vier Personen und 4 063 mit fünf und mehr Personen. Viele von ihnen könnten durch die neue Gesetzesregelung von der Beweislastumkehr-Regelung und Kürzungen beim ALG II betroffen sein.

„Die Beweislastumkehr für ALG II-Antragssteller, die etwa mit einer weiteren Person in einem Haushalt wohnen und nun beweisen müssen, dass sie nicht in eheähnlichen Gemeinschaften leben, um Anspruch auf eigene Leistungen zu haben, ist entwürdigend“, so Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg: „Das greift ein in die intimste Privatsphäre und geht noch über das früher geltende Sozialhilfe-Recht hinaus, wo die Beweislast bei den Ämtern lag. Außerdem: Wie soll man beweisen, das etwas nicht existiert?“

Durch die Beweislastumkehr werden die Betroffenen in die Situation gezwungen, eine „innere Tatsache“ zu beweisen. Daher müsse auch eine Erklärung der Betroffenen ausreichen, um diese Vermutung zu widerlegen, so Hamburgs DGB-Vorsitzender. „Ansonsten wird es zu einem sprunghaften Anstieg von Widersprüchen und Klagen kommen, die neben den Betroffenen auch die Gerichte weiter belasten.

Auch die Anzahl der Bedarfgemeinschaften mit nur einer Person könnte in der Folge ansteigen. Wohngemeinschaften – unabhängig vom Geschlecht der Bewohner – die lediglich aus Kostengründen in einer größeren Wohnung zusammenleben, könnten sich auflösen und die Bewohner in kleinere und meist im Verhältnis teurere Wohnungen ausziehen, um der Nachforschung aus dem Wege zu gehen.

Erhard Pumm: „Anstatt in die Privatsphäre einzudringen, um vermeintliche Paarhaushalte zu erforschen, sollten finanzielle Anreize dafür sorgen, dass Erwerbstätige nicht voll in Mithaftung für die Arbeitslosigkeit ihres Partners genommen werden.“ Dabei sollte an die Erfahrungen mit der Arbeitslosenhilfe angeknüpft werden, wo u.a. das Existenzminimum des erwerbstätigen Partners von der Anrechung freigestellt war. „Dadurch werden Arbeitsanreize gestärkt und das Zusammenleben belohnt. Durch das Zusammenleben der Partner profitiert der Staat schließlich langfristig.“

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