Hamburg schafft den Freihafen ab

Seit 1888 und damit etwas mehr als 120 Jahre hatte Hamburg seinen Freihafen, jetzt soll der größte Teil davon geöffnet werden. Das hat der Senat heute beschlossen. Nur eine kleine Restfläche von etwa 60 Hektar auf dem Kleinen Grasbrook soll noch Zollausland bleiben. Dann werden noch etwa 20 bis 30 Betriebe die Freizonen-Privilegien genießen – heute sind es gut zehnmal so viele.

Von 2009 an entfalle in der EU das Freizonenprivileg, sagte Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) zur Begründung. Zweiter und aus Hamburgischert Sicht nicht minder wichtiger Punkt: Ohne Freihafenzaun und Zollkontrollen wird es wesentlich bessere Möglichkeiten geben, Hamburgs Mitte zu durchqueren. Ein Teil der Verkehrsprobleme wird dadurch besser gelöst werden – womöglich auch ohne Hafenquerspange.

Teilweise werden nun auch Flächen freigegeben, für die es schon lange keine echten Hafennutzungen mehr gibt. So wollte die SPD-Abgeordnete Carola Veit am Spreehafen schon in der vergangenen Legislatur eine „zweite Alster“ als Naherholungsgebiet für Wilhelmsburg und die Veddel eröffnen, wurde mit ihrem Antrag aber von der damals allein regierenden CDU niedergestimmt.

Der Freihafen war und ist übrigens bei weitem nicht so einmalig, wie Hamburger es gern behaupten. Wikipedia weiß: „In Mitteleuropa gibt (bzw. gab) es Freihäfen in Triest seit 1719, Emden seit 1751, Bremerhaven (1827), Brake (Unterweser) (1835), Bremen (1888−2007), Hamburg (1888), Cuxhaven (1896), Stettin (1898) und Kiel (1924); in Österreich auch an den Donauhäfen in Wien und Linz (hier Zollfreizone genannt). Seit Gründung der EU sind Freihäfen auch in den Binnenhäfen Duisburg (1991) und Deggendorf (1992), dem einzigen Freihafen in Süddeutschland, eingerichtet worden.“

Deggendorf, nun ja. Seitdem im Jahr 2003 bereits Speicherstadt und Hafen-City aus dem Freihafen herausgelöst wurden, umfasst die Hamburger Fläche noch 1636 Hektar und ist damit rund zehnmal so groß wie die Außenalster. Wenn es dann demnächst nur noch 60 Hektar sind, dürfte dies etwa der Größe des Deggendorfer Donau-Freihafens entsprechen.

Die GAL-Bürgerschaftsfraktion hat die die Öffnung großer Teile des Freihafens als „längst fälligen Schritt“ bezeichnet. „Der Beschluss ist ganz in unserem Sinn, denn die Verkleinerung der Freizone ist ein wichtiger Schritt, die ständigen Verkehrsprobleme im Hafen jetzt schnell zu entspannen“, sagte Jens Kerstan, Vorsitzender und wirtschaftspolitischer Sprecher der GAL-Fraktion.

Die heute vom Senat beschlossene Verkleinerung der Freizone wurde von der GAL schon in der vorigen Legislaturperiode verlangt. „Uns ist wichtig, dass den Interessen der Hafenwirtschaft, der Verkehrsentwicklung und der Stadtentwicklung gleichermaßen Rechnung getragen wird“, sagte Kerstan. „Durch eine Verkleinerung statt einer kompletten Abschaffung der Freizone werden auch die Interessen kleiner und mittlerer Hafenunternehmer gewahrt.“

Horst Becker, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion sagte: „Was lange währt, wird endlich gut. Die Öffnung des Spreehafens ist für die Bürgerinnen und Bürger in Wilhelmsburg ein Mauerfall der besonderen Art. Endlich können sie die Kleine Alster nutzen und genießen.“ (Da hat der Herr Becker die Abgeordnete Veit wohl falsch zitiert; die Kleine Alster ist unseres Wissens ein Gewässer am Rathausmarkt.)

Die Beseitigung des Zollzauns am Spreehafen und keine nördliche Hafenquerspange als Autobahn seien zwei elementare Grundforderungen der Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger und Grundbedingungen für ein Gelingen des Sprungs über die Elbe. Becker: „Mit der Abschaffung der Zolldurchgänge wird endlich auch das Stauproblem im Hafengebiet gelöst, welches immer als Rechtfertigung für die Hafenquerspange herhalten musste. Die langjährigen Forderungen der GAL werden damit endlich eingelöst.“

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