Hamburg: Rund 15.000 ohne Lehrstelle

Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) Otto Kentzler fordert in „Bild“ Lehrlinge aus Polen ins Land zu holen – weil es angeblich zu wenige deutsche Bewerber gäbe. In Hamburg hat die LINKE heute eine Anhörung zum Thema durchgeführt. Ergebnis: Zumindest in Hamburg ist alles ganz anders.

So berichtet die LINKE von ihrer Anhörung:

Das ‚politische Märchen‘ von einem viel zu geringen Angebot an ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Auszubildenden macht mal wieder die Runde. Sowohl im Bund als auch in Hamburg sind wir mit einem eklatanten Mangel an Ausbildungsplätzen konfrontiert. Rund 30 Fachleute aus Gewerkschaft und Wirtschaft haben heute bei einer Anhörung der Fraktion DIE LINKE die Fehlentwicklungen und mögliche Alternativen erörtert.

Die Ausbildungsplatzperspektiven der Jugendlichen in Hamburg sind den Teilnehmern im Hamburger Rathaus zufolge alles andere als rosig. Neben den so genannten „Altbewerbern“, die zum Teil seit Jahren erfolglos nach einer Perspektive suchen, wird Jugendlichen einfach die „Ausbildungsfähigkeit“ und „Ausbildungswilligkeit“ abgesprochen, der Lehrstellenmangel damit einfach geleugnet und die Schuld an die Jugendlichen weitergereicht. Auf Bundsebene werden rund 500 000 Jugendliche in sogenannten Warteschleifen abgeparkt, die Republik muss dafür jährlich rund 6 Mrd. Euro aufbringen. Die Jugendlichen werden um ihre Zukunft betrogen und für diese perspektivlose Politik werden enorme Mittel aufgewandt. Auch in Hamburg dürften sich über 15.000 Jugendliche in einem ‚Übergangssystem‘ befinden, für deren mangelhafte Verwaltung rund 60 Millionen aufgewandt werden.

Fraktionsvorsitzende und bildungspolitischen Sprecherin Dora Heyenn stellte eine massive Fluchtreaktion der Unternehmen vor der Verpflichtung fest, zu einer angemessenen qualifizierten Ausbildung der Jugendlichen beizutragen. Nur 40 % der Unternehmen in Hamburg sind ausbildungsfähig und von diesen gehen 16 % effektiv einen Ausbildungsvertrag ein. Selbst unter den Unternehmen gibt es eine Mehrheit, die für eine finanzielle Verpflichtung der Unternehmen eintritt, die sich der Ausbildungsverpflichtung entziehen. Alle gesellschaftlichen Verabredungen haben nichts gebracht; wir müssen endlich alle Unternehmen über eine Umlage zur Finanzierung von beruflicher Ausbildung heranziehen.

Joachim Bischoff, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion, betonte, dass wir in Hamburg konkrete Initiativen zur Verbesserung der Situation der beruflichen Bildung brauchen. Weil die Unternehmen nicht mehr für ein umfassendes Angebot der beruflichen Ausbildung sorgen, müssen ergänzend Vollzeitangebote der öffentlichen Hand zur beruflichen Ausbildung mit entsprechenden Prüfungsabschlüssen angeboten werden. Die Fraktion DIE LINKE wird im Herbst einen konkretes Alternativprogramm vorlegen.

Unter den Teilnehmern: Dr. Stephanie Odenwald, Leiterin des Vorstandsbereichs Berufliche Bildung und Weiterbildung im GEW Bundesvorstand, Klaus Bullan und Sigrid Strauß vom Landesvorstand der GEW Hamburg, Hasan Erkan, Unternehmer ohne Grenzen e.V. sowie Michi Dworak, Lufthansa-Technik.

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