Gentrifizierung: Bürgerschaft hört Experten

Der Stadtentwicklungsauschuss der Bürgerschaft hat beschlossen, eine Expertenanhörung zum Thema Gentrifizierung / Verdrängung durchzuführen.

Anlass der gestrigen Befassung des Themas war unter anderem der Antrag der SPD-Bürgerschaftsfraktion „Quartiere mit Aufwertungsdruck brauchen Schutzschirm gegen Verdrängung“ (Drs. 19/4714), den die Bürgerschaft in den Ausschuss überwiesen hatte. In dem Antrag hat die SPD als erste Fraktion ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Verdrängungsprozessen vorgelegt. Anstatt sich mit den konkreten Vorschlägen zu befassen haben CDU und GAL gestern zunächst eine Expertenanhörung vorgeschlagen.

Andy Grote: Wir freuen uns, dass durch unsere Initiative das Thema Aufwertung und Verdrängung endlich die bürgerschaftlichen Gremien erreicht hat. Wir begrüßen die Expertenanhörung ausdrücklich und hoffen dass die Koalitionsparteien mit diesem Vorschlag nicht auschließlich Zeit gewinnen wollen. Offenbar hat die Realität die Koalition soweit eingeholt, dass das Problem zumindest nicht länger ignoriert wird. Während bis vor kurzem die CDU jede Gegenmaßnahme als dirigistischen Eingriff in Marktprozesse abgelehnt hat ist nun plötzlich sogar der Bürgermeister aufgeschlossen für Soziale Erhaltungsverordnungen, wie für so vieles. Derselbe Bürgermeister, der im übrigen in der CDU-Schill-Koalition die bestehenden Sozialen Erhaltungsverordnungen in Hamburg bis auf eine aufgehoben hat. Auch in dem 80-seitigen Papier zur „Integrierten Stadtteilentwicklung“, das GAL-Senatorin Anja Hajduck kürzlich vorgelegt hat, fand sich noch kein einziges Wort zu Aufwertung und Verdrängung. Der jetzt zu beobachtende rhetorische Kurswechsel allein reicht jedoch nicht.

Zu den Gegenmaßnahmen, die wir am dringendsten brauchen gehört ein beschleunigtes Verfahren zur Einführung Sozialer Erhaltungsverordnungen nach Münchener Vorbild. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen muss durch Umwandlungsverordnungen gestoppt werden. Außerdem müssen in den betroffenen Quartieren gezielt sozialer Wohnungsbau betrieben und hierfür auch städtische Grundstücke bereit gestellt werden. Die SAGA muss dort neue günstige Wohnungen bauen und auf mögliche Mieterhöhungen im Bestand verzichten. Hier muss der Senat zeigen, ob den Ankündigungen auch Taten folgen.

Die aktuellen Aufwertungs- und Verdrängungsprozesse sind die Folge einer über viele Jahre untätigen oder sogar kontraproduktiven Senatspolitik, die auch in der Stadtentwicklung allein auf die Prinzipien von Markt und Marketing gesetzt hat. So sind z.B. im Stadtteil St. Pauli die Neuvermietungsmieten in den vergangenen 41/2 Jahren um ca. 40% gestiegen!

Um die breite öffentliche Diskussion hierzu noch stärker in die Bürgerschaft hineinzutragen, behält die SPD-Fraktion sich vor, im Anschluss an die Expertenanhörung auch eine öffentliche Anhörung zu beantragen, in der die Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen.

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