Gabriel will CETA nachverhandeln

Im Hörfunk-Interview mit dem Deutschlandfunk sprach Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auch über das Freihandelsabkommen CETA.

Der EU warf der SPD-Parteichef darin eine schlechte Verhandlungsführung vor. Hier ein Auszug aus dem Interview:

Deutschlandfunk (DLF, Theo Geers): Ein weiterer Aspekt, Herr Gabriel, auch für Sie als Wirtschaftsminister, in den nächsten Wochen, Monaten wird sein, einem Thema zu begegnen, wo viele Bürger ein Unbehagen verspüren. Ich rede jetzt von den Freihandelsabkommen mit den USA und mit Kanada. Viele Menschen haben halt einfach ein Unbehagen – was sagen Sie denen?

Sigmar Gabriel: Freihandel ist im Interesse von Ländern wie Deutschland, weil wir Exportnationen sind. Und es ist ja besser, Unternehmen können sozusagen exportieren, importieren, investieren, ohne dass sie viel Geld für Zölle und anderes ausgeben müssen. Also wenn man in Deutschland ein Auto herstellt, einen gelben Blinker anbaut und der für den Export in die USA rot sein muss – um mal ein kleines Beispiel zu nennen –, das ist ja Quatsch. Worum es beim Freihandel allerdings nicht gehen darf ist, dass er dazu genutzt wird, Standards abzusenken. Und im Übrigen sind viele Bereiche, die eine solche Gefahr beinhalten würden, aus den Freihandelsabkommen ja bereits ausgeschlossen.

Das Problem ist, dass die Europäische Kommission – die alte muss man jetzt sagen – aus diesen Abkommen Geheimverhandlungen gemacht hat. Und so kann man natürlich mit einer informierten Öffentlichkeit nicht umgehen. Das Problem ist, dass dadurch wirklich jede Angst hineinprojiziert wurde. Denken Sie mal, wie lange wir über dieses bekloppte Chlorhühnchen geredet haben, obwohl völlig klar ist, dass sozusagen Hühnerfleisch, das durch Chlor desinfiziert wurde, niemals nach Europa eingeliefert werden darf. Die EU hat große, große Fehler gemacht in der Art der Verhandlungsführung. Und ich hoffe, dass sich jetzt unter der neuen Kommissarin, Frau Malmström, das ändert.

DLF: Warum veröffentlichen die nicht einfach die Vertragstexte?

Gabriel: Ja, das habe ich die auch gefragt.

DLF: Warum wird das nicht transparenter? Warum kann die Öffentlichkeit sich nicht informieren?

Gabriel: Wir haben das sogar beantragt. Wir haben als Deutsche beantragt: Veröffentlicht doch endlich mal die Mandate, zumal man die im Internet sowieso finden kann, wenn man das will. Das ist von elf Ländern in der Europäischen Union abgelehnt worden. Die EU-Kommission übrigens war bereit, mitzumachen. Diese elf Länder haben es nicht getan. Und da sie Einstimmigkeit brauchen in der EU, sind wir als Deutsche daran gescheitert. Also da, glaube ich, ist ein Riesenfehler. Man muss den Menschen sagen, was man tut und was man verhandelt.

Zweites Problem sind diese Investitionsschutzabkommen. Deutschland hat auch 130 davon, aber mit Ländern, wo man nicht sicher sein kann, ob da ein Investor, ein Unternehmen sich auf Rechtsstaatlichkeit verlassen kann. Und nun sagen wir, unsere Position ist: Zwischen zwei entwickelten Rechtssystemen wie Kanada und Europa oder USA und Europa braucht man so etwas nicht. Das sehen die Kanadier und die Vereinigten Staaten anders. Nicht mit Blick auf Deutschland, aber zum Beispiel mit Blick auf andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union, bei der wir ja alle wissen, dass dort, sagen wir mal, auch deutsche Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Interessen fair vertreten zu sehen. Also deswegen gibt es bei Kanada und USA erheblichen Druck, solche Investitionsschutzabkommen zu haben. Wir Deutschen wollen das nicht.

Ich habe am 12. September im Handelsausschuss der Europäischen Union dem widersprochen. Ich habe auch gesagt: Mit diesem Investitionsschutzabkommen riskiert ihr, dass Deutschland dem europäisch-kanadischen Abkommen nicht zustimmen wird. […] Ein Beispiel: Ein deutsches Unternehmen klagt gegen irgendein deutsches Gesetz, kriegt vor dem Verfassungsgericht nicht Recht, kriegt keinen Schadenersatz, hat Pech gehabt. Ein kanadisches Unternehmen könnte dann statt vors deutsche Gericht zu gehen, vors Schiedsgericht gehen – und möglicherweise hat es da Erfolg. Das heißt, wir haben auf einmal zwei Standards. Und das, glaube ich, kann nicht wahr sein. Und deswegen bin ich dafür, dass wir das nachverhandeln.

DLF: Dafür brauchen Sie aber eine Mehrheit – Deutschland allein kann das nicht.

Gabriel: Mehr sogar. Sie brauchen am Ende die Zustimmung der nationalen Parlamente und sie brauchen ein einstimmiges Votum im Europäischen Rat. Deswegen ist das alles nicht ganz so einfach.

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