Freytag wird jetzt Schuldenkönig

Hamburgs Neuverschuldung steigt bis 2013 auf 32 Milliarden Euro, ein plausibles Konsolidierungskonzept gibt es nicht, und wieder sollen die Wähler betrogen werden: Die Zerrüttung der Hamburgischen Staatsfinanzen schreitet munter voran, und der Schuldenkönig heißt Dr. Michael Freytag.

Als „Fortsetzung der unsoliden CDU-Finanzpolitik“ hat SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher die von Finanzsenator Michael Freytag (CDU) präsentierte Haushaltsanpassung an die geringeren Steuereinnahmen bezeichnet. Der Senat nehme – so die Planung des Finanzsenators – in den Jahren 2009 und 2010 mehr Schulden als notwendig auf, um im Vorwahljahr 2011 und im Hamburger Wahljahr 2012 besser dazustehen. „Diese wahltaktische Finanzpolitik kostet unnötig Zinsen“, so Tschentschers Vorwurf.

Andererseits, wer will es der Union verdenken: Immerhin hatte sie auch letztes Mal mit dieser dreisten Täuschung Erfolg!

Finanzsenator Feytag hatte die Anpassung der Planung bis zum Jahr 2013 an insgesamt sechs Milliarden Euro geringere Steuereinnahmen durch sechs Milliarden Euro neue Schulden vorgestellt. „Nach den Planungen von Herrn Freytag wird der Schuldenstand Hamburg im Jahre 2013 bei 32 Milliarden Euro liegen“, so Tschentscher. Der Schuldenstand im Jahr 2000 war knapp 20 Milliarden Euro. Diese Entwicklung sei eine große Belastung folgender Generationen.

„Die Tilgungsautomatik für nun aufzunehmende Schulden ist eine schwere Belastung für die Zukunft“, sagte Tschentscher. „Im Zweifel wird dieser Finanzsenator wieder einmal Wahlgeschenken den Vorzug vor Ausgabendisziplin geben.“ Tschentscher erinnerte daran, dass der Senat erst vor wenigen Wochen eine 30 Millionen Euro teure Polizeischießanlage genehmigt habe. „Das sieht nicht nach dem angekündigten Ende langer Wunschzettel aus.“

Freytag verwies in der Pressekonferenz erneut auf einen angeblich aus eigener Kraft ausgeglichenen Haushalt. „Die Wahrheit: Herr Freytag hat die Jahre 2007 und 2008 nicht zum Defizitabbau genutzt, sondern die Ausgaben laufen lassen. Insgesamt wurden trotz Steuereinnahmen auf Rekordniveau 300 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen.“

Zu Freytags Aussage, er könne nicht sparen, sagte Tschentscher: „Das hat er eindrucksvoll bewiesen. Man darf trotz Wirtschaftskrise nicht vergessen, dass 1,8 Milliarden Euro des Defizits der nächsten Jahre bereits vor der Krise bestanden.“ Diese sollten aus Rücklagen gedeckt werden. Nun treten 2009 und 2010 an ihre Stelle neue Schulden. „Auf Freytags Sparbuch liegen nicht die Ersparnisse guter Jahre, sondern 500 Millionen Euro zuviel aufgenommener Schulden des Jahres 2006 und Erträge aus Vermögensverkäufen.“

Tschentscher nannte Eckpunkte für eine solide Finanzpolitik in dieser Krise:

1. Die laufenden Ausgaben der Behörden müssten effektiv begrenzt werden. So seien die Büroflächen und mit ihnen die Mietkosten für die inzwischen verkauften Immobilien unkontrolliert gewachsen. Gleiches gelte für die Intendanzkosten einiger Behörden. Tschentscher verwies auf die Vorschläge der SPD-Bürgerschaftsfraktion im Rahmen der vergangen Haushaltsberatungen.

2. Zukunftsinvestitionen müssten weiter erfolgen. Hier müsse es sich aber angesichts der Konjunkturkrise um sinnvolle, effiziente und schnelle Maßnahmen handeln. „Mehrkosten durch Missmanagement bei der Elbphilharmonie zählen nicht dazu“, so Tschentscher. Außerdem verwies er darauf, dass trotz aller Konjunkturrhetorik die Investitionsausgaben in Hamburg im ersten Halbjahr 2009 gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 752,4 auf 462,2 Millionen Euro zurückgegangen seien.

3. Schließlich müsse man die Einnahmeseite stabilisieren. „Hier muss Hamburg auf Bundesebene entsprechende Initiative unterstützen und sich gegen die Steuersenkungspläne von Union und FDP stellen“, sagte Tschentscher. Er sprach sich für eine modifizierte Vermögenssteuer und die Einführung einer Börsenumsatzsteuer aus, an deren Aufkommen die Länder beteiligt werden. Hamburg könne einen eigenen Beitrag zur Verbesserung der Steuereinnahmen leisten, in dem Großunternehmen besser, konsequenter und intensiver geprüft würden.

Und so äußert sich die LINKE:

Senat beschließt Haushaltsanpassung: Späte Ankunft in der finanzpolitischen Realität

Den Beschlüssen zur Anpassung des Doppelhaushalts 2009/2010 zufolge muss Hamburg bis 2013 mit Steuermindereinnahmen von 6 Mrd. Euro rechnen. Allein für 2009 und 2010 ergibt sich dadurch ein Haushaltsdefizit von 3,5 Mrd. Euro. Der Senat will in dieser Konstellation auf „radikale Kürzungsmaßnahmen“ und „massive Privatisierungen städtischen Eigentums“ verzichten, sondern setzt auf antizyklisches Gegensteuern über Neuverschuldung. Selbst die für 2009/2010 in der Finanzplanung vorgesehen Entnahmen aus Rücklagen und Stöcken in Höhe von1,6 Mrd. Euro sollen als Reserve für die Folgehaushalte bis 2013 vorgehalten werden. Für die Aufnahme der Kredite in Höhe von rund 6 Mrd. Euro will der Senat ein Sondervermögen bilden, aus dem bei Erholung der Konjunktur die Rückzahlung der Kredite erfolgen soll.

Dazu erklärt der haushaltspolitische Sprecher Dr. Joachim Bischoff:

„Mit der der Anpassung des Doppelhaushalts 2009/2010 an die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist der Senat endlich in der finanzpolitischen Wirklichkeit angekommen. Dass Senator Freytag es sich dabei nicht nehmen ließ, noch einmal das Märchen vom ausgeglichenen Haushalt aufzutischen, der völlig überraschend durch die Krise ruiniert wurde, demonstriert keine finanzpolitische Weitsicht. Dass das nicht funktionieren würde war schon lange absehbar. Aber Weitsicht ist eben keine Stärke des Senats und schon gar nicht in Finanzangelegenheiten.“

„Dass der Senat in dieser schwierigen Wirtschaftslage auf Sparpolitik und den weiteren Verkauf städtischen Eigentums verzichten will, findet unsere Zustimmung. Es macht keinen Sinn in der schwersten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren, sich aus der Neuverschuldung heraus sparen zu wollen. Allerdings tut der Senat gleichzeitig viel zu wenig, um den Krisenprozess aktiv zu bekämpfen. Die schwere Krise wird nicht im Selbstlauf verschwinden, wir brauchen auch in Hamburg eine aktive Politik zur Strukturveränderung. Der Senat sollte endlich die Aufforderung aufgreifen und ein mittelfristiges Angebot zur Entwicklung der Regionalökonomie auflegen. Senator Freytag schwingt die Klagelieder über die Schuldenpolitik und wo -bitte schön – ist die Partei des Wirtschaftsenators Gedaschko.“

Charakteristisch für die schwarzgrüne Senatspolitik der letzten Monate ist, dass dem weiteren Verlauf des Krisenprozesses tatenlos zugesehen wurde. Die Linksfraktion hat bei den abschließenden Haushaltsberatungen im März 2009 umfassende Impulse für die Regionalwirtschaft und zur Schaffung zukunftsträchtiger Arbeitsplätze eingefordert. Spätestens seit April 2009 war klar, dass die Wirtschaftsleistung mit minus 6 Prozent dramatisch einbrechen wird, die Massenarbeitslosigkeit deutlich steigt und die Stadt vor großen finanzpolitischen Löchern stehen wird. Der Senat hat nicht mehr als ein schmalspuriges Konjunkturprogramm auf den Weg gebracht, dass zudem noch vorwiegend vom Bund finanziert wird. Diese Passivität wird zur Bürde für den weiteren Krisenverlauf. Die Hoffnung, dass ab 2011 wieder alles besser werden wird, müsste schon durch deutlich mehr arbeitsmarkt- und strukturpolitische Aktivitäten untermauert werden, sonst wird sie sich als trügerische Illusion erweisen.

Wenn man die Krisenkonstellation aktiv bekämpfen will und den drohenden Anstieg der Massenarbeitslosigkeit regional abfedern möchte, muss man schon sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen, um die Regionalökonomie zu stärken. Durch massive Investitionen in einen Umbau der Hamburg Wirtschaft in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Soziales, Infrastruktur und Ökologie kann zugleich ein Beitrag zur Milderung der starken Exportabhängigkeit der Hamburger Wirtschaft, die gegenwärtig vor allem im Hafen täglich sichtbarer wird, geleistet werden.

Bis 2013 sollen knapp 6 Milliarden Euro neue Kredite aufgenommen werden. Ab 2011 hofft Finanzsenator Freytag auf eine wirtschaftliche Erholung und wachsende Steuereinnahmen. Die Zinsen für diese Neuverschuldung sollen aus dem laufenden Haushalt bezahlt werden; d.h. es wird darauf ankommen, welche Aufgaben umgeschichtet werden. Hamburg bringt gegenwärtig viele „Leuchttürme“ auf den Weg; in den nächsten Jahren werden für die Elbphilharmonie, die Doppelrennbahn in Horn, die Universitätsneubauten weitere Mittel in Anspruch genommen werden müssen. Die Hansestadt kann nicht so weitermachen, wie dies in den Boomzeiten des „Raubtierkapitalismus“ ersonnen wurde.

1,7 Milliarden Euro hat Hamburg noch in seinen Rücklagen aus diesen besseren Zeiten. Dieses „Tafelsilber“ soll in die Haushalte bis 2013 „eingebracht“ werden. Dahinter steht die Überlegung, dass die rabenschwarze Bilanz der CDU-GAL wirtschafts- und Finanzpolitik noch nicht das letzte Wort ist. Es gibt – sieh HSH Nordbank – weitere Risiken.

2 Gedanken zu „Freytag wird jetzt Schuldenkönig“

  1. Den Hafen hat die derzeitige Krise ja wirklich schon sehr stark getroffen, aber ich denke auch trotz der starken Exportabhängigkeit steckt viel Potential im Hamburger Hafen. Inzwischen gibt es ja schon zahlreiche Nutzungen, die nichts mehr mit dem Export zu tun haben und ich denke, das ließe sich auch noch weiter ausbauen.

  2. Denke auch, dass man sich hier mittlerweile schon einiges mehr hat einfallen lassen um den Hafen nicht nicht im Exportbereich zu nutzen. Die Bandbreite dessen, was dort alles gemacht wird, wird auch von Zeit zu Zeit immer größer.

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