Frauen wollen die Hälfte der Macht

Deutschland feiert 100 Jahre Frauenwahlrecht. Trotzdem klaffen die Arbeitsbedingungen zwischen Männer und Frauen immer noch weit auseinander. Zeit das zu ändern.

Seit 31 Jahren putzt Petra Vogel Fußböden, Toiletten und OP-Säle im Universitätsklinikum Bergmannsheil. Männliche Kollegen hat sie kaum. 95 Prozent aller Reinigungskräfte im Universitätsklinikum Bergmannsheil seien Frauen, sagt sie. „Putzen ist eine Frauendomäne. Nur in der Geschäftsleitung gibt es fast ausschließlich Männer“.

So beschreibt es Vogel in dem von der Hans Böckler Stiftung herausgegebenen Buch „Wir haben die Wahl!“. Neben Vogel sprechen in dem Buch 100 Frauen über ihre Erfahrungen, in einer immer noch von Männern dominierten Welt. Darunter auch Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Frage nach Gleichberechtigung noch nicht vom Tisch

„Ich beobachte die patriarchalen Strukturen in Deutschland schon mit Sorge“, sagte Hannack bei einer Podiumsdiskussion, im Anschluss an die Buchvorstellung, am 19. Februar, im Literaturhaus Berlin. Es sei skandalös, dass vollzeitbeschäftigte Frauen und Männer, die im Niedriglohnsektor arbeiten, Aufstockungsleistungen beantragen müssten, so Hannack. „Solange wir nicht ändern, dass vor allem Frauen im Niedriglohnsektor arbeiten, ändern wir gar nichts. Dann kämpfen wir um das Überleben.“ sagte Vogel.

„Auch Frauen in Führungspositionen sind immer noch schlechter bezahlt, als ihre männlichen Kollegen“, sagte Elke Büdenbender, ehemalige Verwaltungsrichterin, Ehefrau des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und ebenfalls eine der Porträtierten Frauen in dem Buch. Nach 100 Jahren Frauenwahlrecht sei die Frage von Parität und Gleichberechtigung nicht vom Tisch, so Büdenbender. Am 19. Februar 1919 hielt Marie Juchacz als erste gewählte Abgeordnete eine Rede vor der Weimarer Nationalversammlung.

„Parität ist eine Selbstverständlichkeit, die uns Frauen verwehrt wird“, Elke Hannack.

„Mit diesem Buch wollten wir zeigen, was seitdem erreicht wurde und was noch zu tun ist“, sagte Michael Guggemos, Geschäftsführer der Hans-Böckler-Stiftung in seiner Eröffnungsrede. Im Sommer 2018 reisten die Autorin und Journalistin Ingeborg Wahle und der Fotograf Christian Irrgang quer durch Deutschland, um die Stimmen von 100 Frauen einzufangen. So entstand ein Cluster aus Geschichten, von Frauen unterschiedlichsten Alters und aus unterschiedlichsten Berufen, die eindrücklich aus ihrem Leben erzählen. Die Forderung nach Gleichstellung ist der rote Faden, der die Geschichten verbindet.

„Parität ist eine Selbstverständlichkeit“

In der Wirtschaft, aber besonders in der Politik sei die Gleichstellung von Männern und Frauen noch lange nicht angekommen, lautete der Konsens aller Diskussionsteilnehmerinnen bei der Buchvorstellung. „Parität ist eine Selbstverständlichkeit, die uns Frauen verwehrt wird“, so Hannack mit Blick auf die anstehende Wahlrechtsreform der Bundestagswahl. Jetzt sei der Moment, um die Parität endlich einzuführen, sagte auch Rita Süßmuth, ehemalige Bundestagspräsidentin bei der Podiumsdiskussion. „Die Quote von 30 Prozent war nur ein Trippelschritt, wir brauchen die Parität. Denn Frauen brauchen Macht, um Einfluss nehmen zu können“, so Süßmuth. Damit Putzen keine Frauensache bleibt.

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