Eisbär vom Bürgermeister

EISBAER.jpgBürgermeister von Beust soll für die Bundes-CDU ein Klimaschutz-Programm entwickeln – und erntet in Hamburg damit Hohn und Spott. „Von Beust will Hamburg einen Eisbären aufbinden“, wähnt die GAL, und „Appendix wird jetzt Chefsache“ kommentiert die SPD.

Anlässlich der Ankündigungen von Bürgermeister von Beust zum Klimaschutz wirft die GAL-Bürgerschaftsfraktion diesem vor, in den vergangenen sechs Jahren seiner Regierungszeit keinen ernsthaften Klimaschutz betrieben zu haben.

Christian Maaß, umweltpolitischer Sprecher der GAL-Fraktion: „Mit der Proklamation des Klimaschutzes zum Senatsschwerpunkt will der Bürgermeister den Hamburgern offenbar einen Eisbären aufbinden. Sechs Jahre lang hat die CDU beim Umweltschutz einen beispiellosen Kahlschlag betrieben – aber ein Jahr vor der Wahl entdeckt der Bürgermeister plötzlich sein Herz für den Klimaschutz. Eine solche Rolle rückwärts ist wenig glaubwürdig und erscheint als fadenscheiniges Wahlkampfmanöver.“

Praktisch alle vom Bürgermeister in seinem heutigen Abendblatt-Interview genannten Klimaschutz-Maßnahmen hat die GAL während der vergangenen Jahre in der Bürgerschaft gefordert – und wurde dabei regelmäßig von der CDU abgeschmettert. Einige Beispiele:

Klimaschutzziele: Während der Bürgermeister in seinem heutigen Interview eine Reduzierung der Treibhausgase um 60 bis 80 Prozent bis zum Jahr 2050 fordert, ist laut der aktuellen Senatspublikation „Monitor Wachsende Stadt 2006“ eine Stagnation der Treibhausgasemissionen angestrebt. Das Ziel lautet: „Wirtschaftswachstum möglichst ohne zusätzliche Klimagase“ – und das bei einem erheblich überdurchschnittlichen Pro-Kopf-Energie-Verbrauch Hamburgs im Bundesvergleich.

Erneuerbare Energien: Während bundesweit der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Primärenergie bei rund 7 Prozent liegt, stammen in Hamburg nur rund 0,5 Prozent aus erneuerbaren Ressourcen (Quelle: Monitor Wachsende Stadt 2006, Seite 76). Seit 2002 hat es hierbei keinen nennenswerten Anstieg gegeben. Stattdessen unterstützt der zuständige Senator Uldall das von Vattenfall geplante Kohle-Kraftwerk Moorburg und fordert ein Ende einer „Übersubventionierung“ der Erneuerbaren Energien.
Beispiel Altbau-Sanierung: Für den Haushalt 2007/2008 hatte die GAL eine Energie-Effizienz-Offensive in Höhe von 10 Millionen Euro vorgeschlagen – ohne Erfolg. Beim derzeitigen Sanierungstempo dauert es voraussichtlich 80 bis 100 Jahre, um alle schlecht gedämmten Häuser in Hamburg energetisch zu sanieren.

Die SPD hat sich „befremdet“ über das angekündigte Engagement des Hamburger Bürgermeisters beim Klimaschutz gezeigt. „Herrn von Beust hat die Umweltpolitik als Appendix bezeichnet und damit deutlich gemacht, was er von diesem Politikfeld hält. Ausgerechnet er macht jetzt den Klimaschutz zur Chefsache. der in Hamburg die einst schlagkräftige Umweltbehörde praktisch abgeschafft hat. Die Bundeskanzlerin hat von Beust einen Job gegeben, für den er nicht qualifiziert ist“, sagte die SPD-Umweltexpertin Monika Schaal am Montag.

Schaal bezweifelte die Ernsthaftigkeit der CDU-Entscheidung, Beust mit der neuen Aufgabe zu betrauen. „Es entsteht der Verdacht, dass das neu geweckte Interesse an der Klimapolitik lediglich als ideologische Unterfütterung für die CDU-Forderung nach Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken dienen soll“, sagte die SPD-Umweltpolitikerin. „Wir brauchen weder neue Kommissionen noch irgendwelche nebulösen ‚Klimaallianzen‘, sondern klare Vorgaben zur Verminderung schädlicher Treibhausgase und ein detailliertes Programm zu ihrer Umsetzung“, sagte die umwelt- und verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion.

Schaal äußerte Zweifel an der inhaltlichen Einsicht der CDU in Hamburg: „In der CDU-Bürgerschaftsfraktion sind diejenigen in der Minderheit, die einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und den von unserer Wirtschafts- und Lebensweise verursachten Kohlendioxidemissionen sehen.“ Die CDU habe die Warnungen vor der Zerschlagung der Umweltbehörde in den Wind geschlagen. Der Bürgermeister hatte bereits zu Beginn der Legislaturperiode die Umweltpolitik als „Appendix“ bezeichnet, der zu beseitigen sei. „Das hat er konsequent umgesetzt.“

„Die SPD Bürgerschaftsfraktion hatte zu den Haushaltsberatungen für 2007 und 2008 ein Klimaschutzprogramm für Hamburg vom Senat gefordert und selbst Vorschläge dazu unterbreitet. Die CDU hat abgelehnt“, sagt Schaal. „Es muss jetzt gehandelt werden, und zwar schnell, um wenigstens noch die schlimmsten Folgen des Klimawandels abwehren zu können“, meint die Umweltpolitikerin. Die „Doppelstrategie“, die die CDU fordert, hat der Bundesumweltminister bereits vorgelegt: Sie besteht aus dem Ausbau der weiteren erneuerbaren Energie und einer konsequenten Steigerung der Energieeffizienz in allen Bereichen der Energieerzeugung und -verwendung. Es ist höchste Zeit, dass Hamburg sich hier einklinkt, die vorhandenen Mittel nicht für teure Einzelprojekte ohne nennenswerte Klimaschutzfolgen verpulvert und den Rest noch zusammenstreicht“, so Schaal.

Geradezu abenteuerlich mute die Anpassungsstrategie des umweltpolitischen Sprechers der Hamburger CDU – Fraktion an. „Immer höhere Deichbauten gegen immer stärkere Sturmfluten und bei drohender Überflutung tiefer gelegener Wohngebiete wie Wilhelmsburg notfalls auch die Flucht auf den Dachboden, kann man nicht ernsthaft als nachhaltige Problemlösung bezeichnen“, so Schaal. Experten seien sich einig, dass Überflutungsflächen links und rechts der Unterelbe und der Bau künstlicher Elbinseln zur Verringerung der Wucht des auflaufenden Wassers benötigt würden.

2 Gedanken zu „Eisbär vom Bürgermeister“

  1. Mi abend läuft im WDR zum Klimathema
    http://www.wdr.de/tv/hartaberfair05/aktuell/
    u. a. dabei: von Beusts Parteikollege Klaus Töpfer.
    Ausschnitte von „Volkes Maul“ aus dem Gästebuch der Sendung:

    15. Januar 2007 17:28
    Hanno, 45

    Wenn wir zu schnelle, spritfressende Autos haben, warum verbietet unsere lobbyabhängige (Auto, Pharma, etc.) Regierung den Bau dieser Umweltzerstörer nicht. Ist doch sonst so auf auf unsere Gesundheit zur Erhaltung unserer billigen Arbeitskraft bedacht. Das Kapital sagt diesen politischen Befehlsempfänger wo es lang geht. Der eindimensional, nur an sich denke Kapitalist, will heute und kurzfristiig sehr gut leben und die Politik als Erfüllungsgehilfe sorgt dafür. Früher sang Reinhard May ‚Der Mörder ist immer der Gärtner‘, jetzt würde er singen ‚Der Schädling ist immer der Bürger‘.

    16. Januar 2007 10:48
    Benno
    Das ganze mit dem Klimawandel ist doch nur ein Märchen was die Neoliberalen verbreiten, damit der kleine Mann noch mehr geschröpft werden kann und das der kleine Mann nicht mehr Auto fahren darf und in den Urlaub fliegen, damit die Neoliberalen Platz auf der Autobahn haben und auf Mallorca unter sich sind. Die neoliberale Presse malt das Schreckgespenst vom Klimawandel an die Wand um uns, dem kleinen Mann, noch mehr Geld abzupressen.

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